27. Juli 2020

„Carrion“: Schön fies Tentakeln

Angespielt: Phobia Game Studio lässt in seinem Metroidvania ein hungriges Alien von der Leine

Lesezeit: 2 min.

Es muss ja nicht immer „der Gute“ oder gar ein Mensch sein, wenn man sich in virtuelle Weiten vorwagt. Immer wieder geben uns Titel wie jüngst Predator: Hunting Grounds oder ganz aktuell das Remake zu Destroy All Humans! die Möglichkeit, als außerirdische Wesen für Chaos und Zerstörung zu sorgen und dabei ohne allzu schlechtes Gewissen Spaß zu haben. So geschehen auch beim seit wenigen Tagen digital für Xbox One, Switch und PC erhältlichen 2D-Metroidvania Carrion, in dem die Hauptfigur ein Tentakelalien ist. Dieses befindet sich zu Beginn in der Gefangenschaft der Menschheit, die das zunächst winzige, irgendwie schleimig wirkende Wesen in einer riesigen Forschungsanlage zu Testzwecken einkaserniert hat. Aber wo wäre da der Witz, wenn wir nicht schnurstracks aus unserem Kerker ausbrechen und uns einen sehr (pixel)blutigen Weg aus der labyrinthischen Anlage heraustentakeln würden. Das gefällt wiederum unseren zahlreichen Wärtern nicht, die uns mit Schusswaffen, Robotern oder Flammenwerfern das schwabbelige Dasein und unsere Rache schwer machen.

Während wir uns fix durch die verwinkelten Areale hangeln, verschlingt unser Alien jede Menge Menschen und gewinnt dadurch an Masse. So wächst das Wesen im Verlauf des Spiels zu beachtlichem Volumen an – vorausgesetzt, es wird nicht von den bewaffneten Soldaten mit jedem Schuss wieder ein Stück weit gestutzt. Schrumpft das Alien unter Beschuss mangels ausreichender Reaktion beim Ausweichen und beim gleichzeitigen Eintentakeln der Menschen auf Minigröße, ist es schnell erstmal vorbei mit ungebremstem Wachstum. Wie bei einem Metroidvania üblich, erschließen sich uns auf unsere Suche viele Wege erst mit zunehmender Spielzeit und mithilfe entsprechender Skills, wobei es ziemlich beeindruckend und spaßig sein kann, sich als riesige rote Masse über Plattformen zu ziehen.

Der Retrolook mitsamt schicker, wenn auch natürlich moderner Pixelgrafik überzeugt mit netten Effekten, knackigen Farben und trotz recht ähnlicher Gebiete mit relativ viel Abwechslung. Die Prämisse des Spiels motiviert gerade zum Start ähnlich wie die flüssige Steuerung des Wesens, dessen Aktionen tatsächlich flinker von der Hand gehen als es zunächst scheint und auch die leicht düstere Soundkulisse im Verbund mit unseren schreienden Widersachern sorgt für das richtige Monsterfeeling.

Leider hat man aber nach wenigen Stunden das Gefühl, nicht mehr wirklich viel zu erleben und auch der Action, der Erkundung oder der Entwicklung des Aliens fehlt es an Komplexität und Tiefe, um selbst für eine Indie-Produktion ohne viel Budget wenigstens spielerisch herauszustechen. So ist Carrion – passend zum Thema – eher ein kleiner, wenn auch bekömmlicher Actionhorror-Happen für zwischendurch, den man sich zum Preis von aktuell rund 20 Euro zwar gönnen, aber wohl nicht lange verdauen wird.

Carrion • Phobia Game Studio • Metroidvania/Action • Xbox One/PC/Switch

Abb. © Devolver Digital

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