23. Februar 2017 3 Likes

Sieben Erden

Die Sonne TRAPPIST-1 wird von sieben erdähnlichen Planeten umkreist, auf denen sich Leben entwickelt haben könnte

Lesezeit: 4 min.

Unsere Sonne hält sich derzeit im Sternbild Wassermann auf, einer unauffälligen Konstellation südlich des Sternbilds Pegasus, die schon seit der Antike bekannt ist. In der neueren Zeit taten sich die Wassermann-Sterne vor allem durch die Exoplaneten hervor, die man bei ihnen entdeckt hat: der rote Zwergstern Gliese 876 beispielsweise wird nach allem, was man bisher weiß, von drei Planeten umkreist und ist damit das unserer Sonne am zweitnächsten gelegene Planetensystem. Und Gliese ist nicht alleine: das Team um den Astronom Michaël Gillon von der Universität Liège in Belgien gab heute in einem Artikel in der Zeitschrift Nature bekannt, dass man ganze sieben erdähnliche Planeten entdeckt hatte, die die Sonne TRAPPIST-1 umkreisen – eine Sensation, denn noch nie wurden so viele „Erden“ im Orbit um ein und denselben Stern entdeckt.

Ihren Namen bekam TRAPPIST-1 nicht etwa von den Trappistenmönchen, sondern von dem Transiting Planets and Planetesimals Small Telescope in Chile, mit dem Gillon und sein Team den kleinen Stern seit 2010 untersuchen. TRAPPIST-1 ist 39 Lichtjahre von unserer Sonne entfernt, was in galaktischen Maßstäben immer noch relativ nahe ist. Sie gehört zu den „ultracoolen“ Sternen, denn die Temperatur an ihrer Oberfläche beträgt gerade einmal 2.427° C (zum Vergleich: unsere Sonne ist fast doppelt so heiß). Das Licht, das sie abgibt, ist rund 2.000 Mal schwächer als das unserer Sonne, und TRAPPIST-1 ist auch sehr viel kleiner, nur wenig größer als Jupiter. Das wiederum macht sie zu einem geeigneten Kandidaten bei der Suche nach Exoplaneten.


Größenvergleich zwischen Sonne, Jupiter und TRAPPIST-1

Dazu benutzt man die sogenannte Transit-Methode, bei der gemessen wird, um wieviel „dunkler“ ein Stern erscheint, wenn ein Planet „vor“ ihr vorbeizieht. Anhand der Verdunkelungsdauer können die Astronomen die Umlaufgeschwindigkeit des Planeten bestimmen; der Faktor, um den der Stern dunkler wird, gibt Aufschluss über die Größe. Bei weniger hellen kleineren Sternen gelingt das leichter. Bisher hat man schon viele Exoplaneten gefunden, die solche kleinen Sonnen umkreisen, deswegen war man 2016 nicht überrascht, drei Planeten um TRAPPIST-1 zu finden, die man eher nüchtern b, c und d genannt hat. Sie sind erdähnliche Gesteinsplaneten und ihrer Sonne so nahe, dass sie vermutlich von der UV-Strahlung regelrecht gekocht werden. Für eine Umkreisung brauchen sie zwischen anderthalb und vier Erdentage. Durch die Nähe zu ihrem Mutterstern – Merkur befindet sich sechsmal weiter von der Sonne entfernt als b von TRAPPIST-1 – befinden sie sich zudem vermutlich in gebundener Rotation, wenden der Sonne also immer dieselbe Seite zu.


Umlaufbahnen im Vergleich: Jupiter-System, Sonnensystem und TRAPPIST-1

Gillon und sein Forscherteam beobachteten die vielversprechende kleine Sonne weiter und nutzten dazu neben TRAPPIST auch das European Southern Observatory (ESO) in Chile und NASAs Spitzer Space Telescope – und entdeckten vier weitere Planeten. Diese bestehen ebenfalls aus Gestein und sind im Schnitt nicht viel größer oder kleiner als die Erde. Weil ihre rote Muttersonne kleiner als unsere Sonne ist, liegen die Umlaufbahnen der Planeten sehr nahe beieinander, sodass das System eher Jupiter und seinen Monden gleicht. Der siebte Planet im TRAPPIST-1-System, h, liegt außerhalb der habitablen Zone und ist vermutlich eine Eiswelt. Aber, und das ist die zweite große Sensation, drei dieser Planeten, e, f und g, liegen in der habitablen Zone; dem Gebiet also, in dem flüssiges Wasser auf der Planetenoberfläche möglich ist, was wiederum eine der Voraussetzungen für die Entwicklung von Leben ist. Besonders f, der fünfte Planet, wäre dazu hervorragend positioniert.


Grau eingefärbt: die habitable Zone um TRAPPIST-1

Hätte sich Leben auf f entwickelt, böte sich ihm ein spektakulärer Anblick: am Himmel stünde eine lachsrosafarbene Sonne, die zehnmal größer als unsere Sonne erscheinen würde, und auch die Nachbarplaneten wären deutlich zu sehen und etwa doppelt so groß wie unser Mond. Doch selbst, wenn auf f noch keine Aliens in den Nachthimmel sehen, muss das nicht bedeuten, dass sich im TRAPPIST-1-System nie etwas tun wird: die Sonne verbraucht ihren Wasserstoff sehr viel langsamer als unsere, sodass sie vergleichsweise länger brennen wird. Wenn unsere Sonne in ein paar Milliarden Jahren ausgebrannt sein wird, wird TRAPPIST-1 noch 10 Billionen Jahre lang leuchten. Das ist mehr als genug Zeit für die Evolution.

Für die Astronomen ist nun der nächste Schritt, herauszufinden, ob diese Planeten auch eine Atmosphäre haben, die sie vor den gefährlichen Röntgen- und UV-Strahlen ihrer Sonne schützt. Das Hubble-Teleskop hat bereits Methan und Wasser in der Alien-Luft entdeckt, was jedoch kein eindeutiger Hinweis auf Leben ist. Das James Webb Weltraumteleskop der NASA, das nächstes Jahr gestartet werden soll, könnte untersuchen, ob die Atmosphäre der Exoplaneten über eine schützende Ozonschicht verfügt. Doch selbst wenn kein Ozon entdeckt wird, muss das nicht zwangsweise bedeuten, dass es im TRAPPIST-1-System kein Leben gibt. Es könnte sich auch unterirdisch entwickelt oder sich an die hohe UV-Strahlung angepasst haben. Das würden wir jedoch erst erfahren, wenn wir selbst hinflögen und nachsähen. Dazu sollten wir uns allerdings auf eine lange Reise einstellen: mit dem Space Shuttle, das 28.163 km/h erreichen konnte, würde dieser Flug rund 1,5 Millionen Jahre dauern. New Horizons, die derzeit schnellste NASA-Sonde, würde bei einer Geschwindigkeit von 51.516 km/h noch gut 800.000 Jahre zum TRAPPIST-1-System brauchen. Vielleicht sollten wir uns also doch erst einmal Proxima Centauri ansehen, die einen erdähnlichen Planeten hat und „nur“ 4,22 Lichtjahre von der Erde entfernt ist …

Bilder und Grafiken: ESO/O

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