9. März 2018 2 Likes

Life needs a little mystery

Seit heute steht die komplette Season von „Life is Strange: Before the Storm“ als Retail-Version in den Läden

Lesezeit: 3 min.

(Fan-)Love never dies: Nachdem wir bereits die erste von mittlerweile insgesamt drei schon länger veröffentlichten Episoden des Indie-Adventures Life is Strange: Before the Storm in unserem damaligen Review gebührend gewürdigt haben, wollen zum heutigen Verkaufsstart der Retail-Version  der kompletten Staffel für PS4, Xbox One und PC noch einmal eindringlich die Werbetrommel dafür rühren. 

Wie bereits der gelungene Auftakt, verknüpfen auch die beiden weiteren Folgen die höchst fragile und immer wieder hinterfragte (Liebes-)Geschichte der rebellischen Teenager Chloe und Rachel mit schweren Schicksalen und einer überraschend hinterhältigen Crime-Story, die Deck Nine mit viel erzählerischem Fingerspitzengefühl in den hervorragenden Dialogen vorantreibt. Szenen wie die Schultheater-Aufführung von Shakespeares The Tempest, bei der wir mit Chloe plötzlich als unbeholfene Zweitbesetzung auf die Bühne müssen, schmiegen sich ebenso nachhaltig in unser Gedächtnis wie wie die dramatischen Wendungen um Rachels Familie in Folge 3.

Fans mitreißender, aber eben nicht seichter Teenager-Dramen werden bis zum bittersüßen Finale der Staffel von Chloe, Rachel und den anderen Charakteren des fiktiven US-Küstenstädtchens Arcadia Bay nicht mehr losgelassen, wenn man sich auf das gediegene Tempo und die vielen kleinen optionalen Details der begrenzten, aber liebevoll mit Leben erfüllten Spielwelt einlässt. Soundtrack und Präsentation sorgen dabei trotz grafisch eher schwacher Charaktermodelle und vielen zu detailarmen Flächentexturen für eine Atmosphäre, wie sie sonst nur Coming-of-Age-Perlen wie The Perks of Being a Wallflower, Juno oder Boyhood in ihrer jeweils ganz eigenen Zauberhaftigkeit hinbekommen. 

Der spielerische Anspruch wurde hingegen im Vergleich zum ursprünglichen Life is Strange noch weiter reduziert und ehrlicherweise können die meisten vermeintlichen Rätsel-Sequenzen mangels Anspruch (oder oft sogar mangels Sinnhaftigkeit) kaum als solche bezeichnet werden. Kurz gesagt: Wirklich jeder kann Before the Storm spielen und genießen, ohne echte spielerische Anforderungen befürchten zu müssen. Speziell für Gamer ist das aber keine wirklich gute Lösung; zumal gerade der Vorgänger mit seiner Zeitrückspul-Funktion vorgemacht hat, wie man in einem dialogzentrierten Adventure die Narration mit einer genau dazu passenden Spielmechanik optimal miteinander vereinen kann. 

Die Macher verzichten entgegen der eigenen Ankündigungen paradoxerweise speziell in der letzten Episode fast komplett auf wirklich relevante Entscheidungssituationen mit markanten Auswirkungen auf die Story. Wirklich alles wird der Dramaturgie der Erzählung untergeordnet. Man könnte sogar etwas überspitzt von geopfert sprechen. Aber das ist gerade im Angesicht vieler extrem seichter Game-Stories ein Jammern auf hohem Niveau. 

Fazit

Wie gesagt: Story und Gameplay hat der Vorgänger einfach besser ausbalanciert und mit fünf Episoden sogar narrativ einen Tick befriedigender gelöst. Aber auch wenn man sich ein etwas fokussierteres Gameplay und vielleicht eben auch noch mehr Zeit mit Chloe und Amber gewünscht hätte - letzten Endes bleibt Before the Storm ein wunderbarer interaktiver Film, der genau das bietet, was er verspricht.

Da wir außerdem sogar in einer für sich genommen unglaublich ergreifenden Zusatz-Episode namens Farewell - die allein schon den Preis der ganzen Season wert wäre - ein Wiedersehen mit Max aus Staffel 1 feiern dürfen, verstummt der innere Kritiker und versinkt viel lieber im elegisch schwelgerischen Soundtrack dieses wunderschönen, fast aus der Zeit gefallenen Schatzkästchens. Hella mysterious.

Life is Strange: Before the Storm • Deck Nine Games/Square Enix • Adventure

Abb. © Deck Nine Games/Square Enix

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