23. August 2018

Detektive gegen Digitalisierung

Karl Wolfgang Flenders Roman „Helden der Nacht“

Lesezeit: 1 min.

In seinem neuen Roman „Helden der Nacht“ beschäftigt sich Karl Wolfgang Flender, der für sein zynisches, zeitgeistkritisches Debüt „Greenwash Inc.“ 2015 viel Lob erhielt, mit dem Erbe von Marlowe, Spade und all den anderen Privatdetektiven der Popkultur. Allerdings muss Bryan Auster, Student und desillusionierter Berliner Schnüffler der zweiten Generation, mit Start-Ups, Detektiv-Apps, Datendiebstahl, totaler Transparenz und eben einer voll digitalisierten und vernetzten Welt klarkommen. Als Auster Zeuge eines Mordes wird, stechen er und sein paranoider Hacker-Kumpel Kenny in ein Wespennest 2.0, dem sich die zynische Polizistin Colleen McCollum längst von der anderen Seite des Krimi-Genres her nähert …

Helden der Nacht“ ist Liebeserklärung, Hommage, Satire, Dekonstruktion und Update zugleich. Flender kennt seine fiktiven Detektive, weshalb er sich auch behände auf der Meta-Ebene bewegen kann. Zusammen mit seiner Stilsicherheit sorgt das dafür, dass man bei der Lektüre irgendwann unweigerlich zu dem Schluss kommt, dass es wohl ganz ähnlich aussehen und klingen würde, wenn sich Matt Ruff dem Hardboiled-Krimi widmen und dessen Archetypen und Muster mit der gegenwärtigen Cyber-Wirklichkeit konfrontieren würde.

Dass sich der in Bielefeld geborene, heute in Berlin lebende Flender sogar selbst in seinen Roman reingeschrieben hat und am Ende etwas zu viel will, macht das starke Buch nicht weniger lesenswert. Hoffentlich sorgt die im Dunkeln leuchtende Schrift auf dem Schutzumschlag dafür, dass möglichst viele Leser über diesen bemerkenswerten Fall stolpern.

Karl Wolfgang Flender: Helden der Nacht • Dumont, Köln 2018 • 400 Seiten • Hardcover: 22,00 Euro

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