„The Fantastic Four: First Steps“ – Zurück in die 60er
Marvel wird nostalgisch – und besinnt sich auf alte Tugenden
Erste Schritte kündigt Marvel schon im Titel seines neuesten Films an – „The Fantastic Four: First Steps“ – und erfüllt das Versprechen gleich in mehrerer Hinsicht. Nicht nur ein neuer Versuch, die beliebten Figuren der Fantastischen Vier im vierten Versuch (ja, wir zählen die Corman-Version dazu) endlich erfolgreich auf die Leinwand zu bringen, sondern in gewisser Weise auch den bisherigen Ansatz des MCU zu rebooten und neue, kleinere, weniger komplizierte und, ja, auch viel bessere Schritte zu gehen.
Erde 828, wird zu Beginn verkündet, was andeuten soll, dass die Welt der Fantastischen Vier eine andere ist als die des bisherigen MCU, wo sich zuletzt die Thunderbolts tummelten und es nächstes Jahr dann mit Spider-Man weitergeht. Während diese Filme in einer Welt spielten, die klar die unsere war, wirkt Erde 828 dagegen wie die frühen 60er Jahre: Poppig bunt, voll mit wunderbarem Design voller Kurven und Rundungen – aber futuristischen technologischen Möglichkeiten: Interstellare Raumfahrt ist für den superintelligenten Reed Richards (Pedro Pascal) ebenso kein Problem wie Teleportation, auch wenn er Computer ohne Maus benutzt, deren Displays grünlich schimmern und grobpixelig wirken als wären sie aus den 70ern.
Seit vier Jahren existieren die Fantastischen Vier in dieser Welt, ein kurzer TV-Bericht in einer hübsch altmodischen Talk-Show dient als Origin Story und stellt die Vier vor: Neben Reed sind dies seine Frau Susan (Vanessa Kirby), die Kraftfelder erzeugen und sich und alles, was sie berührt, unsichtbar machen kann, dazu Johnny Storm (Joseph Quinn), die menschliche Fackel und Ben Grimm (Ebon Moss-Bachrach), das steinige, starke Ding.
Bislang hat es noch keine Bedrohung gegeben, der die Fantastischen Vier nicht gewachsen waren, doch mit dem Auftritt der Silver Surferin (Julia Garner) ändert sich das. Die silberschimmernde Surferin – das diese klassische Figur nun einen weiblicher Körper hat, ist das einzige progressive Element des Films – kündigt die baldige Zerstörung der Erde an, denn der Weltraumgott Galactus (Ralph Ineson) hat die Erde als neues Ziel ausgemacht. Doch es gäbe eine Chance, ein Tauschmittel, für das Galactus von seinem Plan ablassen würde: Franklin, das gerade geborene Baby von Reed und Susan, das zwar ganz gewöhnlich aussieht, aber angesichts der Superkräfte der Eltern wenig überraschenderweise eine Art Superbaby ist, das Galactus gerne quasi Stammhalter adoptieren würde.
Doch da hat er die Rechnung ohne die Fantastischen Vier gemacht und vor allem ohne den extrem nostalgischen Ansatz eines Films, der in vielerlei Hinsicht aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Unverhohlen wird der Optimismus der frühen Kennedy-Jahre beschworen, das Gefühl, dass gerade den Amerikanern alle Möglichkeiten offen standen, dass die Zukunft rosig sei. Wenn die Fantastischen Vier mit ihrem Raumschiff losfliegen, wirken die Bilder wie direkte Zitate der Apollo-Raumflüge, der fast schon naive, wenn nicht reaktionäre Glaube in die moralische Überlegenheit der USA müsste eigentlich befremden. Und doch überzeugt „The Fantastic Four: First Steps“ so sehr wie lange kein Marvel-, kein Superheldenfilm, obwohl mit Matt Shakman ein Mann Regie geführt hat, der bislang nur fürs Fernsehen inszeniert hat.
Dabei war es gerade die allzu große Verknüpfung der Marvel-Kinofilme mit den Marvel-Fernsehserien, die erheblich zur Ermüdung selbst bei den eingefleischtesten Fans beigetragen haben. Wenn nun Marvel-Mastermind Keven Feige stolz verkündet, dass „Fantastic Four“ für sich steht und man vorher keine Hausaufgaben machen muss, verrät dies unfreiwillig, was in den letzten Jahren oft schief ging.
Angesichts des unweigerlichen Zusammenführens zahlreicher Handlungsstränge und vieler Figuren, die spätestens beim schon in Arbeit befindlichen „Avengers: Doomsday“ auf uns zukommen, könnte die Freude über den neuen Weg im MCU von kurzer Dauer sein. Doch so lange darf man sich an einem stringenten, emotionalen, oft spektakulär gefilmten Superheldenabenteuer freuen, das nach kaum zwei Stunden ein rundes Ende findet. Und wenn man dann schnell das Kino verlässt und sich die Abspannsequenzen spart, dann wirkt es auch so, als wäre dieser Film ein ganz für sich stehender, in sich abgeschlossener Solitär.
The Fantastic Four: First Steps • USA 2025 • Regie: Matt Shakman • Darsteller: Pedro Pascal, Vanessa Kirby, Joseph Quinn, Ebon Moss-Bachrach, Julia Garner, Ralph Ineson • im Kino
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