11. Mai 2019 1 Likes

Sherlock Pikachu

So müssen Videospieleverfilmungen aussehen: „Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu“

Lesezeit: 3 min.

Was wird nicht alles über „Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu“ geschrieben! Für die einen ist er ein Werbeclip in Spielfilmlänge, für die nächsten sind die Pokémon zu realistisch, und für andere ist das Franchise an sich schon ein rotes Tuch. Zum Glück werden die wenigsten Filme für Kritiker gedreht. Der erste Pokémon-Realfilm will auch gar nicht dem Feuilleton gefallen, sondern einfach nur unterhalten. Für jemanden aus der Generation „GameBoy“ ist der Streifen jedenfalls ein Fest.

Doch worum geht es überhaupt? Wir erinnern uns: „Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu“ basiert weder auf den legendären frühen „GameBoy“-Titeln, noch auf der populären Spiele-App „Pokémon Go“ oder den unzähligen Animes. Pate stand ein Nischentitel für den Nintendo 3DS, sofern der bei einer Multi-Milliarden-Euro-Lizenz noch als solcher bezeichnet werden kann. Spieler können nun erleichtert aufatmen, denn der Film ist keine 1:1 Adaption des Games, sondern ein bunter actionreicher Film mit Science-Fiction-Elementen.

Der 21-jährige Tim Goodman (überzeugend: Justice Smith) erhält von Police Lieutenant Hideo Yoshida (routiniert: Ken Watanabe) die Nachricht, dass sein Vater Harry bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Um sein Erbe anzutreten, macht sich Tim auf den Weg nach Ryme City. In der von Howard Clifford (undurchschaubar: Bill Nighy) gegründeten Stadt leben Pokémon und Menschen friedlich nebeneinander. Vor Harrys Apartment begegnet Tim der ambitionierten Jungjournalistin Lucy Stevens (ebenfalls ambitioniert: Kathryn Newton) und ihr Enton. Sie erzählt ihm, dass Harry einer großen Sache auf der Spur war. An seinen Tod glaubt sie daher nicht. Im Apartment selber wartet dann die nächste Überraschung: Harrys ebenfalls für tot geglaubter Pokémon-Partner, ein Pikachu (kongenial: Ryan Reynolds). Als Tim auch noch in der Lage ist, das knuffige Elektromonster zu verstehen und mit ihm zu reden, zweifelt er zunächst an seinem Verstand. Doch nach anfänglichen Startschwierigkeiten, die eine Horde wildgewordener Griffel beinhaltet, tun sich die beiden zusammen, um das Rätsel um Harrys Verschwinden zu lösen. Das scheint eng verknüpft zu sein mit einer Droge, die sanfte Monster in Bestien verwandelt, und dem Auftauchen des einzigartigen Pokémons Mewtu. Aber wie?


Die Menschen sind im Vordergrund, aber das täuscht: „Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu“

Ausgefeilte Storyline? Innovatives Storytelling? Fehlanzeige! „Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu“ setzt auf bekannte Erzählmuster, mit dem ein oder anderen (vorhersehbaren) Twist. Für Kinder ist das wunderbar, für Erwachsene allenfalls nett. Doch was der Story fehlt, macht der Film durch das auffällige Worldbuilding und die Liebe für die vielen großen und kleinen Details in der großen, weiten Pokémonwelt wieder wett. Hier heißt es klotzen, nicht kleckern. In Ryme City darf Relaxo sein Mittagsschläfchen auf der Straße machen, regeln Machomeis den Verkehr, helfen Schiggys beim Feuerlöschen und dienen Fukanos als Polizeihunde. Und im kleinen Tragosso steckt wirklich ein erstaunlicher Kämpfer. Sind die Pokémon zu realistisch? Vielleicht. Aber mal ehrlich: ein Schiggy, das nicht wie eine faltenfreie Schildkröte auf zwei Beinen aussieht, ist doch kein echtes Schiggy!

Eine weitere Besonderheit ist der Humor. Der war schon in den beiden Trailern präsent und zieht sich durch den gesamten Film. Ryan „Deadpool“ Reynolds hat seinem Pikachu nicht nur die Stimme geliehen, sondern dank Motion Capture auch die dazu passende Mimik. Er trägt den Film fast allein – und entzückt als niedlicher Sherlock-Holmes-Verschnitt den gesamten Kinosaal.

„Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu“ ist eine nahezu perfekte Videospieleverfilmung, die über Jahre hinweg Maßstäbe setzen wird (auch beim erstklassigen Abspann, der den Original-„GameBoy“-Spielen Respekt zollt). Worldbuilding, Humor und ein großartig aufgelegter Ryan Reynolds sorgen für unterhaltsame 104 Minuten. Und alle Hardcore-Fans können sich einen Spaß daraus machen, all die unterschiedlichen Pokémon im Film zu erkennen und zu zählen. Sie wissen ja noch, wie der Slogan des Spiels heißt, oder nicht? „Gotta Catch ‚Em All“ – dafür braucht es aber mehrere Filmabende.

P. S.: Kennen Sie eigentlich schon das Castingvideo zum Film? Nein? Dann viel Spaß damit!

„Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu“ läuft seit dem 9.5.2019 in den deutschen Kinos.

Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu (USA/Japan 2018) • Regie: Rob Letterman • Darsteller: Ryan Reynolds, Justice Smith, Kathryn Newton, Suki Waterhouse, Bill Nighy, Ken Watanabe, u. a. • Freigegeben ab 6 Jahren

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