11. Oktober 2019

Mondlandung mal anders

Eine Leseprobe aus Kim Stanley Robinsons neustem Roman „Roter Mond“

Lesezeit: 12 min.

Fred Fredericks geht nicht gern auf Reisen, und doch findet er sich an Bord einer Landefähre wieder, die kurz davor steht, auf dem Mond aufzusetzen. Und das auch noch vollautomatisch! Was uns vielleicht als großes Abenteuer erscheint, ist für Fred lediglich eine beschwerliche Dienstreise, denn im Jahr 2048 gibt es eine sehr gut ausgebaute chinesische Basis am lunaren Südpol. Hier soll Fred ein Quantentelefon installieren – doch zunächst muss er die Landung überstehen. Gut, dass sein Sitznachbar Ta Shu, ein Zen-Meister und Reisereporter, ist, der Fred nicht nur auf andere Gedanken bringt, sondern ihm auch bei allem, was ihm im Laufe von Kim Stanley Robinsons Roman „Roter Mond“ (im Shop) widerfährt, unterstützt. Denn Freds Leben gerät außer Kontrolle, als der Chef der chinesischen Mondbehörde bei einem Anschlag getötet wird – und man Fred für den Schuldigen hält …

 

 

KAPITEL EINS

 

nengshang nengxia

Es geht aufwärts, es geht abwärts – XI

 

Man hatte ihm gesagt, er solle nicht hinsehen, wenn er auf dem Mond landet, aber er saß angeschnallt auf einem Sitz am Fenster und konnte einfach nicht anders: Er sah hin. Ihm wurde schnell klar, warum man ihm davon abgeraten hatte – mit jedem Herzschlag verdoppelte sich die Größe des Mondes. Sie rasten mit kosmischer Geschwindigkeit auf ihn zu und würden beim Aufprall gewiss pulverisiert werden. Offenbar hatte jemand einen Fehler gemacht. Er war noch immer schwerelos, und von dem Widerspruch zwischen diesem friedvollen Gefühl und dem, was er sah, wurde ihm übel. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht. Vor seinen Augen erblühte die weiße Kugel und verwandelte sich in eine unregelmäßige Ebene, über die sie hinwegsausten. Das Herz pochte ihm bis zum Hals, wie ein Kind, das aus ihm rauswollte. Das war das Ende. Ihm blieben nur noch Sekunden, und er war nicht bereit für den Tod. Sein Leben zog an ihm vorüber, genauso wie man sich das vorstellte, und er erkannte, dass es so gut wie inhaltsleer gewesen war, und dachte: Aber ich wollte mehr!

Der chinesische ältere Herr, der neben ihm saß, beugte sich über seine Schulter, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen. »Puh«, sagte der alte Mann. »Anscheinend kommen wir ziemlich schnell runter.«

Das weiße Durcheinander stürzte ihnen entgegen. »Ich habe gehört, dass man besser nicht hinschaut«, sagte Fred mit zittriger Stimme.

»Wer behauptet denn so was?«

Erst fiel Fred nicht ein, von wem er es gehört hatte, doch dann antwortete er: »Meine Mutter.«

»Mütter sorgen sich zu viel«, sagte der alte Mann.

»Haben Sie das schon mal gemacht?«, fragte Fred in der Hoffnung, etwas zu hören, das ihm helfen würde, das Gesicht zu wahren.

»Ob ich schon mal auf dem Mond gelandet bin? Nein. Mein erstes Mal.«

»Bei mir auch.«

»Und obwohl wir so schnell sind, gibt es keinen Piloten am Steuer«, wunderte sich der Alte gut gelaunt.

»Wahrscheinlich sollte etwas derart Schnelles auch nicht von einem Menschen geflogen werden«, meinte Fred.

»Wohl nicht. Ich weiß aber noch, dass es früher Piloten gab. Das kam einem sicherer vor.«

»Obwohl wir Menschen eigentlich nicht besonders gut in so was sind.«

»Nicht? Arbeiten Sie vielleicht in der Computerbranche?«

»Das tue ich tatsächlich.«

»Dann sollten Sie ja beruhigt sein. Aber sind die Computer, die unsere Landung durchführen, nicht von Menschen programmiert?«

»Klar. Beziehungsweise … vielleicht.« Es kam dauernd vor, dass Algorithmen Algorithmen schrieben; es wäre vielleicht gar nicht so leicht gewesen, das Landesystem bis zu seinen menschlichen Ursprüngen zurückzuverfolgen. Nein, ihr Schicksal lag in den Händen ihrer Maschinen. Das war natürlich immer so, aber in diesem Fall trat ihre Abhängigkeit ihm ein bisschen zu deutlich vor Augen. Fred hörte sich sagen: »Irgendwie lässt sich jedes Programm bis zu einem Menschen zurückverfolgen.«

»Ist das gut?«

»Ich weiß nicht.«

Der alte Mann lächelte. Bis dahin hatte ein ruhiger und etwas trauriger Ausdruck auf seinem uralten Gesicht gelegen; nun bildeten Lachfältchen ein freundliches Muster und ließen erkennen, dass er oft auf diese Art lächelte. Es war, als hätte jemand das Licht angeschaltet. Weißes, zu einem Pferdeschwanz zurückgebundenes Haar und ein fröhliches Lächeln: Darauf versuchte Fred sich zu konzentrieren. Wenn sie jetzt auf dem Mond aufprallten, würden sie als moleküldünner Schmierfilm enden. Das würde immerhin schnell gehen. Unter ihnen wechselten Weißundschwarzundweißundschwarz sich so schnell ab, dass die Landschaft zu einer grauen Ebene verschwamm, bevor sie rot und blau zu funkeln begann, wie bei einem dieser Windrädchen, die das Auge täuschten.

Der alte Mann sagte: »Das ist ein sehr schönes Beispiel für kao yuan

»Und das heißt?«

»In der chinesischen Malerei bezeichnet man so einen Blickwinkel aus großer Höhe.«

»Tatsächlich«, sagte Fred. Er fühlte sich benommen und schwitzte. Eine weitere Woge der Übelkeit durchflutete ihn, und er fürchtete, sich übergeben zu müssen. »Ich bin Fred Fredericks«, erklärte er, als legte er seine Beichte auf dem Sterbebett ab; oder als würde er etwas in der Art von Ich wollte immer Fred Fredericks sein sagen.

»Ta Shu«, sagte der alte Mann. »Was bringt Sie hierher?«

»Ich helfe bei der Inbetriebnahme eines Kommunikationssystems.«

»Für die Amerikaner?«

»Nein, im Auftrag einer chinesischen Organisation.«

»Und welcher?«

»Der chinesischen Mondbehörde.«

»Sehr gut. Ich war einmal Gast einer Ihrer Bundesbehörden. Ihre National Science Foundation hat mich in die Antarktis geschickt. Eine vortreffliche Organisation.«

»Das habe ich auch schon gehört.«

»Bleiben Sie lange?«

»Nein.«

Mit einem Mal drehten sich ihre Sitze um 180 Grad, und kurz darauf spürte Fred, wie er in die Polster gedrückt wurde.

»Aha!«, sagte Ta Shu. »Anscheinend sind wir bereits gelandet.«

»Tatsächlich?«, rief Fred. »Ich habe nicht mal was gespürt.«

Der Druck erhöhte sich. Wenn ihr Schiff bereits magnetisch an den Landestreifen angedockt hatte, worauf der Druck hindeutete, dann waren sie nun in Sicherheit, oder die Gefahr war zumindest nicht mehr ganz so groß. Viele Züge auf der Erde funktionierten genauso, sie schwebten auf einem Magnetstreifen dahin und wurden elektromagnetisch beschleunigt oder abgebremst. Das weiße Land mit den schwarzen Flecken sauste immer noch mit erstaunlicher Geschwindigkeit an ihnen vorbei, aber das Schlimmste war überstanden. Und sie hatten nicht einmal etwas vom Auf setzen gespürt! Von einem jähen harten Aufprall hätten sie wohl ebenso wenig gemerkt. Für ein Weilchen waren sie wie Schrödingers Katze gewesen, dachte Fred, tot und lebendig zugleich. Beide Zustände hatten sich in einer Kiste der Möglichkeitszustände überlagert. Nun war die Wellenfunktion kollabiert. Sie lebten.

»Magnetismus ist seltsam!«, sagte Ta Shu. »Das unheimliche Wirken einer fernen Hand.«

Das passte überraschend gut zu dem, was Fred durch den Kopf ging. »Einstein hat das Gleiche über Quantenverschränkung gesagt«, erwiderte er. »Er hat nichts davon gehalten, weil er sich einfach nicht vorstellen konnte, wie sie funktionieren sollte.«

»Wer weiß schon, wie überhaupt etwas funktioniert! Ich bin mir nicht sicher, warum ihn das gerade in dem Fall so gestört hat. Wenn Sie mich fragen: Magnetismus ist genauso unheimlich.«

»Nun ja, Magnetismus wohnt bestimmten Objekten inne.

Quantenverschränkung bezeichnet man auch als nicht lokal, das ist schon ziemlich verrückt.« Obwohl Fred nass geschwitzt war, ging es ihm langsam besser.

»Verrückt ist das alles«, sagte der alte Mann. »Finden Sie nicht? Eine Welt der Rätsel.«

»Vermutlich. Genau genommen setzt das System, das ich hier in Betrieb nehmen muss, Quantenverschränkung zur Verschlüsselung ein. Obwohl wir sie nicht erklären können, nutzen wir sie für unsere Zwecke.«

»Wie bei so vielen Dingen!« Erneut trat das fröhliche Lächeln auf sein Gesicht. »Was können wir denn überhaupt erklären?«

Die Mondoberfläche zog nun in nicht mehr ganz so irrwitziger Geschwindigkeit an ihnen vorüber. Langsam zeigte das Bremsmanöver Wirkung. Eine weiße, von kohlschwarzen Schatten übersäte Ebene erstreckte sich bis zum nahen Horizont. Frank hatte gehört, dass ihre Landepiste über zweihundert Kilometer lang war, aber bei ihrem Tempo von etwa 8300 Stundenkilometern zum Zeitpunkt des Aufsetzens musste das Schiff auf der ganzen Strecke ziemlich scharf abbremsen. Tatsächlich wurden sie immer noch merklich in ihre Sitze gedrückt, und gleichzeitig hatte Fred den Eindruck, nach oben gezogen zu werden, obwohl ihm das seltsam vorkam. Die leicht nach oben wirkende Kraft ließ allerdings bereits wieder nach, und es blieb vor allem das Gefühl, von einer riesigen unsichtbaren Hand in den Sitz gedrückt zu werden. Was Fred durchs Fenster sah, kam ihm wie eine schlechte CGI-Grafik vor. Da sie den ganzen Weg von der Erde hierher mit Fluchtgeschwindigkeit gereist waren, hatten sie keinen Bremstreibstoff an Bord gebraucht, was Gewicht und Größe des Raumschiffs und damit auch die Flugkosten deutlich reduzierte. Aber es bedeutete auch, dass sie etwa vierzig Mal so schnell heruntergekommen waren wie ein kommerzieller Jet auf der Erde, wobei die Fehlertoleranz beim Aufsetzen auf der Piste nur wenige Zentimeter betrug. Ihr Flugbegleiter hatte nichts von alledem erwähnt; Fred hatte es selbst nachgelesen. Kein Problem, hatten ihm in diesen Dingen bewanderte Freunde versichert. Es gab keine störende Atmosphäre, und die Raketenlenksysteme waren sehr präzise; es war sicherer als andere Methoden, auf dem Mond zu landen, sicherer, als mit einem Flugzeug auf der Erde zu landen – sicherer, als mit einem Auto herumzufahren! Aber trotzdem, sie landeten auf dem Mond! Es war tatsächlich kaum zu glauben.

»Kaum zu glauben«, sagte Fred.

Ta Shu lächelte. »Kaum zu glauben.«

 

Der Moment, in dem das Bremsmanöver endete, war leicht zu bestimmen: Sie spürten keinen Druck mehr. Nun erlebten sie zum ersten Mal die eigentliche Schwerkraft Lunas. Genau sechzehn Komma fünf Prozent der Erdanziehungskraft. Das bedeutete, dass Fred jetzt etwa zwölf Kilo wog. Das hatte er vorher ausgerechnet und sich dabei gefragt, wie das sich wohl anfühlen würde. Als er sich nun in seinem Sitz herumdrehte, stellte er fest, dass es beinahe dem Gefühl der Schwerelosigkeit entsprach, das sie während ihres drei Tage langen Flugs von der Erde gespürt hatten. Beinahe, aber nicht ganz.

Ihr Flugbegleiter löste ihre Anschnallgurte, und sie richteten sich unter Mühen auf. Fred stellte fest, dass es ihm ein bisschen so vorkam, als liefe in er in einem Schwimmbecken herum, nur ohne Wasserwiderstand und ohne Auftrieb. Nein – eigentlich ließ es sich mit nichts vergleichen.

Wie viele der anderen Fluggäste, die meisten davon Chinesen, wankte er durchs Passagierabteil. Ihr Flugbegleiter kam besser vom Fleck, er bewegte sich auf eine federnde, fließende Art. In Videos vom Mond sah man immer diese federnden Sprünge, schon damals bei den Apollo-Missionen: Menschen, die wie Kängurus umhersprangen und dann hinfielen. Hier purzelten sie auch umher wie Betrunkene und entschuldigten sich – lachend –, wenn sie bei dem Versuch, einander zu helfen oder einfach nur aufzustehen, zusammenstießen. Fred bewegte beim ersten Schritt kaum mehr als die Zehen und stellte sich trotzdem am schlimmsten von allen an. Er trieb empor und musste sich an einem Geländer über seinem Kopf festhalten, um nicht gegen die Decke zu prallen. Dann fiel er wie ein Fallschirmspringer wieder nach unten. Andere hatten weniger Glück und trafen mit Wucht die Decke; die dumpfen Geräusche verrieten, dass sie gepolstert war. Überall im Passagierbereich erklangen Rufe und Gelächter, und ihr Flugbegleiter sagte erst auf Chinesisch und dann auf Englisch: »Langsamer bitte, mit aller Ruhe!« Nach einigen weiteren Worten auf Chinesisch fügte er hinzu: »Die Schwerkraftverhältnisse bleiben von nun an so, wenn Sie sich nicht in Zentrifugen aufhalten, also lassen Sie sich Zeit und gewöhnen Sie sich daran. Tun Sie so, als wären Sie Faultiere.«

Die Fluggäste taumelten durch einen aufwärts führenden Gang, der Fensterscheiben an den Seiten hatte, durch die sie Ausschnitte von Mondoberfläche und Raumhafen erkennen konnten. Der Raumhafen sah aus wie ein in einen weißen Hügel eingelassener Betonbunker mit einem Band schwarzer Fenster. Der Beton auf dem Mond war eigentlich gar kein Beton, hatte Fred unterwegs gelesen, weil er aus Aluminiumoxid bestand, das in großer Menge im Mondgestein vorkam. Deshalb war Mondbeton fester als normaler Beton. Die Landschaft um den Raumhafen herum sah genauso aus wie die, die sie während ihrer Landung überflogen hatten, war aber hügeliger. Die nahen Anhöhen waren oben weiß und unten schwarz. Fred wusste nicht, ob die Sonne gerade auf- oder unterging. Aber Moment mal: Sie waren in der Nähe des Südpols, es konnte also jede Tageszeit sein, weil die Sonne am Polarhimmel immer so niedrig stand.

Fred, Ta Shu und die übrigen Fluggäste bewegten sich vorsichtig durch den Gang, indem sie sich entweder am Geländer entlangzogen oder mitten durch den Flur nach oben hüpften. Fast alle arbeiteten sich langsam und unbeholfen voran. Immer wieder erklangen Entschuldigungen und nervöses Lachen.

Die Sonne goss ein Glas Licht über den Hügeln aus. Die von Geröll übersäte Landschaft draußen leuchtete grell; man konnte kaum glauben, dass die Fenster des Gangs stark getönt und polarisiert waren. Ohne die Scheiben wäre ihnen der Weg durch den Tunnel vielleicht leichter gefallen, aber andererseits war die Aussicht wirklich wunderschön, und der visuelle Bezugspunkt erleichterte auch die Anpassung an die geringe Schwerkraft, weil er einem ganz klar vermittelte, dass man sich wirklich auf einer fremden Welt befand. Nicht dass die Leute deshalb weniger hingefallen wären. Fred hielt sich an einem Handlauf fest und versuchte in kleinen Sprüngen voranzukommen. Verrückt, was er dabei mit seinen Füßen anstellen musste – es war wirklich schwer! Darauf hatte ihn niemand hingewiesen, aber vielleicht kam es einem ja nach einer Weile ganz normal vor, und die Leute vergaßen es einfach. Er fühlte sich wie ausgehöhlt, und ihm fehlte der gewohnte vertikale Schwerpunkt, der einem verriet, ob man aufrecht stand.

Ta Shu war direkt hinter Fred. Ein breites Lächeln lag auf seinen Lippen, während er sich am Handlauf entlang zog wie an einem Kletterseil. »Höchst eigenartig!«, sagte er, als er bemerkte, dass Fred sich zu ihm umsah.

»Ja«, sagte Fred. Es fühlte sich an wie Schwerelosigkeit mit einem nach unten gerichteten Tropismus, eine Art Krümmung in der Raumzeit – und genau darum handelte es sich natürlich auch. Er musste dauernd Kurskorrekturen vornehmen, die allerdings kaum Anstrengung erforderten. Es genügte, die Zehenspitzen zu bewegen, aber die Schuhe verstärkten diese Bewegungen. Wirklich vertrackt. Man musste sehr achtsam sein und in Zeitlupe auf Zehenspitzen gehen. »Daran werde ich mich erst mal gewöhnen müssen.«

Ta Shu nickte. »Wir sind nicht mehr in Kansas! Wo sind Sie untergebracht?«

»Im Hotel Star.«

»Ich auch! Wollen wir den Tag mit einem gemeinsamen Frühstück beginnen?«

»Ja, das klingt gut.«

»In Ordnung, dann sehen wir uns dort.«

Fred folgte den Schildern zur Visakontrolle für Ausländer, an der die Schlange deutlich kürzer war als die für die Chinesen. Kurz darauf sah er sich zwei Grenzbeamten gegenüber, denen er seinen Reisepass reichte. Die Beamten musterten ihn kurz, legten seinen Pass unter einen Scanner und winkten ihn dann durch. Jenseits des Kontrollbereichs begrüßten ihn zwei Chinesen und brachten ihn in den nächsten Bereich, der wie jede andere Gepäckausgabe aussah. Die Schilder waren chinesisch beschriftet, mit kleinen englischen Übersetzungen darunter:

 

WILLKOMMEN BEI DEN GIPFELN

DES EWIGEN LICHTS

 

Die Gepäckbänder setzten sich in Bewegung, und zahlreiche ähnlich aussehende schwarze Kästen mit versenkten Griffen erschienen. Freds Koffer hatte einen grünen Griff. Als er ihn sah, zog er den Koffer vom Fließband und schleuderte ihn dabei beinahe hoch in die Luft. Er wirbelte herum wie ein Diskuswerfer, taumelte und fing sich wieder. Ein Gewicht von etwa fünfhundert Gramm ließ ihn umhertaumeln! Aber er selbst war nicht erheblich schwerer, und Masse war nicht dasselbe wie Gewicht. Das würde er lernen müssen. Zweifellos war sein Gepäck aufgrund des darin befindlichen Unicasters schwerer oder massereicher, als es aussah.

Seine Aufpasser sahen teilnahmslos zu, wie er sich im Kreis drehte. Als er zur Ruhe gekommen war, nahm einer der beiden ihm seinen Koffer ab, sodass er sich mit beiden Händen an einem Geländer festhalten konnte. Behutsam und auf Zehenspitzen näherte er sich dem Ausgang. Er bildete sich ein aufzufallen, aber die anderen Neuankömmlinge wirkten genauso unbeholfen wie er. Es gab nach wie vor zahlreiche Stürze mit sanftem Aufprall, die eher Verlegenheit als Verletzungen zur Folge hatten. Die Hallen waren von Gelächter erfüllt. Der Mond war lustig!

 

Kim Stanley Robinson: Roter Mond • Roman • Aus dem Amerikanischen von Jakob Schmidt • Wilhelm Heyne Verlag, München 2019 • 621 Seiten • als Paperback und E-Book erschienen • Preis des E-Books: € 13,99 • im Shop

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