15. Juni 2021 2 Likes

Laura Lams „Das ferne Licht der Sterne“

Eine feministisch-dystopische Reise in die Zukunft und das All

Lesezeit: 2 min.

In ihrem Roman „Das ferne Licht der Sterne“ erzählt Laura Lam die Geschichte der Biologin Naomi Lovelace. Die Expertin für Pflanzenwachstum und Nahrungsmittelversorgung im All ist die Ziehtochter der berühmten, aber auch skrupellosen Tech-Gigantin Valerie Black, die mit den reichhaltigen Mitteln ihres Firmenimperiums alles dafür tut, um der Menschheit eine Zukunft auf dem Exoplaneten Cavendish zu sichern. Der liegt zehneinhalb Lichtjahre entfernt, ist dank Sprungtoren jenseits des Mars und eines Hyperraum-Antriebs inzwischen allerdings für eine Kolonialisierung und einen Neuanfang zwischen den Sternen erreichbar – und wohl die letzte Chance der Menschheit.

Denn die von falschen politischen Entscheidungen, den Auswirkungen des Klimawandels und sozialen Krisen geschliffene Erde wird kaum noch zu retten sein. Doch dann stellt sich vor allem die ultrakonservative amerikanische Regierung gegen die Frauen, drängt diese aus dem Berufsleben und sowieso der NASA und den Weltraumprogrammen. Valerie, Naomi und einer ausgewählten weiblichen Crew bleibt nichts anderes übrig, als ein Raumschiff zu kapern und als Erste zum fernen Planeten der Hoffnung zu fliegen. Unterwegs im All muss Naomi leider feststellen, dass selbst dann, wenn man die besten Absichten hat und eine kleine, eingeschworene Truppe ist, die Ideologien entgleisen und in der Enge und Isolation eines Raumschiffs zum Pulverfass werden können …

Die 1988 geborene Laura Lam wuchs in San Francisco auf und lebt heute in Schottland, wo sie ihre Bücher verfasst und kreatives Schreiben unterrichtet. Bei ihrem ersten auf Deutsch veröffentlichten Roman „Dark World“ (im Shop) handelte es sich um einen starken Cyberpunk-Krimi. „Das ferne Licht der Sterne“ ist schwieriger zu klassifizieren, da es trotz der dystopischen Züge und Elemente keineswegs genügt, von einer reinen Dystopie zu sprechen. Lam bedient in ihrem Werk, das zwischen Trump und Corona entstanden ist, diverse Aspekte der gegenwärtigen Science-Fiction, landet letztlich irgendwo zwischen Margaret Atwood und Andy Weir. Von den Bezügen zu unserer Realität ganz zu schweigen.

Auf der einen Seite beschreibt Lam mit wenigen Sätzen sehr gekonnt den sexistischen Bankrott der Gesellschaft, die dramatischen Folgen des Klimawandels und das Wüten einer Virus-Pandemie (keine Sorge: nicht Covid-19). Dabei genügen ihr stets wenige Sätze, um jeweils die richtige Stimmung zu erzeugen, das düstere futuristische Bild genau zu vermitteln – exzellentes minimalistisches Worldbuilding mit maximaler, durchaus mal provokanter, stets eindringlicher Wirkung. Auf der anderen Seite beherrscht Lam auch die Kunst der Hard-Science-Fiction, wenn es etwa um das interstellare Reisen und dessen Impact auf Körper, Seele und Gemeinschaft geht. Darüber hinaus nutzt Lam drei Zeitebenen, um ihre Story zu erzählen, zwei davon, um ihre Hauptfiguren zu charakterisieren. Für deren Darstellung kommt sie mit ebenso wenigen, zarten Pinselstrichen wie im Fall ihres Zukunftsszenarios aus.

Alles zusammen ergibt feine und doch starke, feministische Science-Fiction, die aktuelle Themen gekonnt verarbeitet und auf menschlicher Ebene packend arrangiert.

Laura Lam: Das ferne Licht der Sterne • Aus dem Englischen von Kristina Koblischke • Knaur, München 2021 • 380 Seiten • Paperback m. Klappenbroschur: 16,99 Euro

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