14. Juli 2021

Marsupilami: Die Bestie

Huba! Eine Comic-Neuinterpretation von Zidrou & Frank Pé

Lesezeit: 2 min.

Der große André Franquin (1924–1997) war es, der 1952 das Marsupilami in den Kosmos der belgischen Comic-Kultserie „Spirou und Fantasio“ einführte. Das seltene, scheue Fantasietier aus dem Dschungel von Palumbien sieht aus wie eine Mischung aus Affe und Gepard und hat einen rund zehn Meter langen Schwanz, den es zum Greifen und Kämpfen nutzt. Aus der Nebenfigur wurde letztlich ein Maskottchen und Fanliebling, und so erhielten das Marsupilami und seine Familie eigene Comic-Reihen, eine Zeichentrickserie und sogar eine Realverfilmung. Jetzt machen sich Autor Zidrou und Zeichner Frank Pé an eine außergewöhnliche Neuinterpretation, nachdem sie zusammen bereits am Album „Spirou und Fantasio Spezial: Das Licht von Borneo“ ihre Magie gewirkt haben.

Im ersten fast quadratischen Hardcover-Band von „Marsupilami: Die Bestie“ landet unser aus dem Urwald geraubtes Titeltier mit einem Frachter in einem belgischen Hafen – da werden gleich zu Beginn des Bandes Erinnerungen an King Kong wach. Ausgehungert und erschöpft irrt die wilde, kein bisschen fröhliche oder spaßige Bestie durch ein Belgien, das erst ein paar Jahre vom Zweiten Weltkrieg trennen. Hier sammelt schließlich der junge François das Marsupilami auf, der ständig kranke Tiere mit nach Hause schleppt, die dann bei ihm und seiner Mutter leben. Dass Mitschüler und Nachbarn die beiden verachten und schikanieren, hat jedoch weniger mit diesem Zoo und mehr damit zu tun, dass François’ Vater ein deutscher Soldat war. Das unbekannte Marsupilami, kryptologische Sensation und unberechenbares Wildtier, macht das Leben von François und seine Mama – wenig überraschend – kein bisschen einfacher …

Autor Zidrou („Die neuen Fälle von Rick Master“, „Die Adoption“) legt den Fokus im ersten Band gar nicht so sehr auf das Marsupilami, sondern auf den jungen François, dessen Mutter und ihr Leben im Belgien der Nachkriegszeit – es schadet der Story kein bisschen. Zumal Zeichner Frank Pé, der vor Kurzem erst eine großformatige, großartige Hommage an Winsor McCays „Little Nemo“ vorgelegt hat, einmal mehr brilliert. Diesmal wandelt er stilistisch auf den Spuren von Régis Loisel: Seine Inszenierung ist großzügig, mit ausdrucksstarken Personen und niedlichen Tieren. Dank Franks Bildern und der einnehmenden Geschichte von Zidrou ist ihre düstere, erwachsene Neuinterpretation des Marsupilami noch besser als erhofft. Jetzt beginnt das bestialische Warten auf den nächsten Band.

Abb.: © Zidrou, Pé / Carlsen Verlag, Hamburg 2021

Zidrou, Frank Pé: Marsupilami: Die Beste – Teil 1 • Carlsen, Hamburg 2021 • 156 Seiten • Hardcover: 25 Euro

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