27. September 2021 2 Likes

„Foundation“ – Goyer adaptiert Asimov

Eine weitere Verfilmung unverfilmbarer Literatur

Lesezeit: 3 min.

Natürlich ist es nur Zufall, aber doch auch passend, dass in diesen Tagen fast zeitgleich Verfilmungen von zwei der berühmtesten und einflussreichsten Science-Fiction-Epen aller Zeiten erscheinen: Frank Herberts „Dune“ und Isaac Asimovs „Foundation“, der eine als epischer Kinofilm mit Hoffnung auf eine Fortsetzung, der andere als zehnteilige Serie bei Apple TV+ mit Hoffnung auf weitere Staffeln. Beide Werke galten als unverfilmbar und zeigen auf unterschiedliche Weise, dass dieses Urteil stimmt, man sie aber dennoch verfilmen kann.

Vielleicht ist Asimovs „Foundation“ (im Shop) sogar noch unverfilmbarer als „Dune“, das immerhin aus einzelnen Romanen besteht, in denen es um eine überschaubare Anzahl an Figuren geht, deren Abenteuer sich über Jahre erstrecken. Asimovs Werk dagegen hat das Mäandern quasi zum Stilprinzip erhoben, erzählt weniger von Figuren, als von Ideen, erstreckt sich über unzählige Kurzgeschichten, deren erste schon 1942 erschien, in den 50ern als Buchversion und in den 80ern späte Fortsetzungen, aber auch Vorgeschichten erhielt. Dass sich die Geschichten zudem über mehrere tausend Jahre erstrecken macht „Foundation“ realistischerweise tatsächlich unverfilmbar. Und so traf Serien-Macher David Goyer (zusammen mit Josh Friedman) eine geradezu zwingende Entscheidung: Er weicht sehr stark von Asimovs Text ab. Was Puristen und Asimov-Experten empören könnte, lässt die „Foundation“-Adaption für Neulinge in der Gedankenwelt der Psychohistorik erst interessant und sehenswert werden. Es bedarf zwar des etwas hölzernen Mittels einer Voice Over-Erzählstimme, damit der Überblick nicht zu schwer fällt, doch dafür zeigen gleich die ersten Folgen außerordentliche Bilderwelten.

Der sehr freie Umgang mit der Vorlage erlaubt auch, das Serienpersonal zeitgemäß divers aufzustellen, allen voran Hauptfigur Gael Dornick (Lou Llobell), ein Mathegenie vom Planeten Synnax. Sie soll Dr. Hari Seldon (Jared Harris) zur Seite stehen, der mit der schönen, auch auf Deutsch funktionierenden Alliteration als Mathematiker, Märtyrer, Mörder eingeführt wird. Er ist Begründer der Psychohistorik, die auf Basis der Strukturen des Verhaltens der Menschheit Vorhersagen über die Zukunft machen kann. Und diese Vorsagen missfallen Cleon, dem Herrscher des Imperiums, der sich durch Klone in den Brüdern Dawn, Day und Dusk manifestiert, deren Linie seit ewigen Zeiten herrscht. In absehbarer Zeit wird das Imperium fallen, eine dunkle Ära wird folgen, doch deren Dauer könnte auf tausend Jahre reduziert werden, wenn Dr. Seldon auf dem fernen Planeten Terminus die Grundlage einer neuen Zivilisation erschafft, eben der Foundation des Titels.

Kein leichter Stoff für eine teure Apple-Serie, die ihre Schauwerte jedoch verhältnismäßig dezent ins Bild rückt. Gedreht wurde vor allem in Irland, auf Island und den Kanaren, was zwangsläufig Vergleiche zu einer Serie wie „Game of Thrones“, aber auch zu zahlreichen anderen Science-Fiction-Serien und -Filmen heraufbeschwört, die in den teils identischen kargen Landschaften gedreht wurden. Ohnehin muten viele Aspekte von „Foundation“ inzwischen wie Topoi des Genre an, ein Problem, mit dem auch die „Dune“- Verfilmung zu kämpfen hatte: Was einst noch revolutionär war ist längst zum Standard geworden, was beide Stoffe inzwischen weniger originell wirken lässt, als sie einst waren.

Doch Goyer scheint auch eine Serie über Strukturen der Gegenwart im Sinne zu haben, deutet die Folgen von extremen klimatischen Ereignissen an, die Bedrohung durch revolutionäre Kräfte, lässt Figuren einmal explizit etwas sagen, was auch in der heutigen Zeit allzu wahr ist: Tiefgreifender Wandel ist schwierig.

Gerade einmal zehn Folgen sind nicht viel für eine epische Erzählung wie „Foundation“, doch die ersten Folgen machen Hoffnung, dass es David Goyer und seinen Mitstreitern gelungen ist, aus dem weiten Ideenfeld Asimovs eine ambitionierte erste Serienstaffel zu formen, die natürlich nicht – wie könnte sie auch? – die ganze Weite und Komplexität von Asimovs Gedanken und Überlegungen beinhaltet, aber doch mehr ist, als nur eine weitere austauschbare Zukunftsvision.

Foundation • USA 2021 • Creator: David Goyer & Josh Friedman • Darsteller: Lou Llobell, Jared Harris, Lee Pace, Leah Harvey, Laura Birn, Cassian Bilton, Terrence Mann, Alfred Enoch • jetzt auf Apple TV+, jede Woche eine neue Folge

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