4. November 2021

„Eternals“ – Zwischen Ambition und Konvention

Chloé Zhaos Superhelden-Epos hat faszinierende Momente ist am Ende aber doch ein Marvel-Film

Lesezeit: 3 min.

„Am Anfang war…“ Wenn ein Superheldenfilm mit einem Bibelzitat beginnt, darf man aufhorchen – und bekommt dann erst einmal zu lesen, wie das oberste himmlische Wesen namens Arishem die Eternals schuf, die die Erde von finsteren Wesen namens Deviants befreien sollten. Um 5000 vor der Zeitrechnung landeten die zehn Wesen auf der Erde, in Mesopotamien, wo die Menschen gerade begannen, sesshaft zu werden. Die Inspiration durch die Eternals gab ihnen kreative Schübe, die Bekanntschaft mit Helden wie Ikaris (Richard Madden) oder Gilgamesh (Don Lee) wurden die Basis für all die Mythen und Sagen, die seit der Antike erzählt werden und die im frühen 21. Jahrhundert in Gestalt der Marvel und DC Superhelden-Filme forterzählt werden.

Zu diesem Zeitpunkt leben die Eternals seit Jahrhundert unter den Menschen, nach dem finalen Sieg gegen die Deviants quasi arbeitslos geworden. Warum sie nicht auf ihren Heimatplaneten zurückkehren können, warum Arishem sie nicht zu neuen Aufgaben abruft, hat natürlich Gründe. Ohne in die reichlich komplizierten Details zu gehen reicht es zu sagen, dass das Überleben der Menschheit gefährdet ist, einmal mehr. So müssen sich die Eternals zusammenraufen, stehen nun aber vor einer existenzialistischen Frage: Können sie es verantworten, dem Untergang der Menschheit, also der Vernichtung von acht Milliarden Menschen zuzusehen, so wie es ihnen befohlen wurde? Oder sollten sie, ja, müssten sie nicht alles in ihrer Macht tun, um der Menschheit eine Chance zu geben. Sind die Menschen es wert, gerettet zu werden? Sind sie es gar wert, dass die Eternals sich für sie opfern?

Manche der Eternals leben recht zufrieden zwischen den Menschen, vor allem Phastos (Brian Tyree Henry), der in einer schwulen Beziehung lebt, ein Novum im Marvel-Kosmos. Doch statt wie Anbiederung an den Zeitgeist wirkt der mehr als diverse Cast absolut zwingend für die Raum und Zeit umspannende Dimension eines oft bemerkenswert ambitionierten Superhelden-Epos. Auch wenn die chinesischstämmige Regisseurin Chloé Zhao für intime, semi-dokumentarische Filme wie „The Rider“ und den Oscar-prämierten „Nomadland“ bekannt ist: Hier erzählt sie auf größtmögliche Bühne von himmlischen Wesen, die bei allem gigantomanischen Bombast am Ende doch ganz menschliche Fragen umtreibt.

Und doch: Trotz aller spannenden Ansätze, trotz der Verweise auf die ganzheitlichen Gedanken der Gaia-Philosophie, trotz einem Verweis auf die Frage der Theodizee, natürlich abgewandelt auf die Frage, warum die Eternals nicht in den Kampf gegen Thanos eingegriffen haben, am Ende ist „Eternals“ dann eben doch in erster Linie ein Marvel-Film. Und das bedeutet irritierender Slapstick-Humor und sinnentlernte CGI-Kämpfe noch und nöcher.

Es ist ein bisschen schade, dass die erzählerischen und inhaltlichen Ambitionen am Ende doch im Korsett der Konvention zu verschwinden drohen. In vielerlei Hinsicht versucht Chloé Zhao „Eternals“ im Marvel-Kosmos neue Wege zu gehen, oft gelingt ihr das auch und das ist vielleicht dann doch alles, was man erhoffen konnte.

Eternals • USA 2021 • Regie: Chloé Zhao • Darsteller: Gemma Chan, Angelina Jolie, Richard Madden, Kumail Nanjiani, Lauren Ridloff, Brian Tyree Henry, Salam Hayek, Lia McHugh, Ma Dong-seok, Kit Harington, Barry Keoghan, Harry Styles • ab 3. November im Kino

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