22. November 2021

„Der Zeitindex“ von Christian Cantrell

Ein Near-Future-Krimi über eine CIA-Analystin, einen Serienkiller und mehr

Lesezeit: 2 min.

In 150 Metern Tiefe hat der Large Hadron Collider-Teilchenbeschleuniger von CERN eine Menge fremdartiger Quanten-Daten empfangen. Die Forscherinnen und Forscher, die sie noch vor Ort auswerten, sind überrascht, als sie einen Klartext darin finden – und fragen sich nicht nur, wer diesen übermittelt hat, sondern sogar, von wann er stammt. Quinn Mitchell, vom tragischen Tod ihrer kleinen Tochter gezeichnet und dennoch eine der besten Analystinnen der CIA, hat keine Zeit, um über solche Dinge nachzudenken. Nachdem sie die letzten Jahre dabei geholfen hat, weitere atomare Terroranschläge wie den von Seoul zu antizipieren und zu verhindern, wird sie nun auf ein neues Projekt angesetzt. Dafür muss sie sogar ihre sichere Arbeitsnische im Datennetz des Geheimdienstes verlassen und um die Welt jetten. Denn Quinn soll den Elite-Killer schnappen, einen Serienmörder, der sich um den Globus mordet, auf die modernsten und ausgefallensten Tötungsgerätschaften zurückgreift und seinen Opfer jeweils mit vier scheinbar willkürlichem Zahlen markiert …

Der Amerikaner Christian Cantrell, der in seinem Roman „Der zweite Planet“ über einen Terraformer-Pionier auf der Venus geschrieben hat, arbeitet hauptberuflich als Director of Experience Development sowie Head of Prototyping für den Software-Riesen Adobe. Cantrells Job ist es also, mit seinem Team neue Technologien zu entwickeln und zu designen. Dabei geht es nicht zuletzt darum, aufregende Richtungen für die digitalen Werkzeuge der nächsten Generation zu finden und zu helfen, neue Web-Standards zu definieren oder zu bestätigen. Cantrells jüngstem Science-Fiction-Roman „Der Zeitindex“ (im Shop), im englischsprachigen Original als „Scorpion“ erschienen und von Norbert Stöbe (im Shop) übersetzt, merkt man die intensive Beschäftigung seines Verfassers mit der Technologie von Morgen jederzeit an. Ob es nun um Kryptowährung, Metabrillen, VR-Projektionen von Therapiesitzungen, eSport, virtuelle Haustiere oder allgegenwärtige Screens aus Plasmaglas geht – die Ausstattung von Mr. Cantrells Near-Future ist ausgesprochen fancy und doch äußerst glaubwürdig. Manchmal verliert sich der US-Autor ein bisschen in seiner Begeisterung für die Beschreibung seiner Vision, aber das kann man durchaus verstehen.


Christian Cantrell. Foto: Michelle Cantrell

Die Story, die sich in knackigen Kapiteln lange primär auf Quinns Mörderjagd in dieser Hightech-Welt sowie auf den Killer selbst konzentriert, profitiert jedenfalls erheblich von Cantrells beruflichen Einflüssen und dem aus diesen destillierten Setting. Abgesehen davon fällt auf, dass er seine CIA-Analystin ziemlich makelbehaftet und bisweilen schusselig darstellt, während ihr tödlicher Gegenspieler vor Effizienz und Coolness geradezu strotzt. „Der Zeitindex“ ist als Techno-Thriller eben eher auf Mainstream ausgelegt und so etwas wie das literarische Äquivalent zu Popcorn-Kino. Irgendwann eskaliert die reißerische Handlung auch zwangsläufig (und schlägt den Bogen zum Prolog und dem Titel um den Zeitindex). Unterhaltsam bleibt das Ganze trotzdem, der faszinierende Background stellt jedoch das eigentliche Vergnügen dar.

Christian Cantrell: Der Zeitindex • Roman • Aus dem Amerikanischen von Norbert Stöbe • Heyne Verlag, München 2021 • 432 Seiten • Erhältlich als Paperback, Hörspiel Download und eBook • Preis des E-Books: € 4,99 • im Shop

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