30. August 2022

„Samaritan“ – Stallone ist und bleibt Stallone

Ein rohes Superhelden-Pastiche für Zwischendurch

Lesezeit: 3 min.

Auch wenn er weite Teile seiner Karriere damit verbracht hat, Superhelden zu spielen: Einen wirklichen Superhelden hat Sylvester Stallone bislang erstaunlicherweise noch nie gespielt. In „Samaritan“ ist es nun endlich, wenn man es so nennen will, so weit, allerdings bleibt der Überraschungs- und Originalitätsfaktor doch sehr beschränkt.

Schauplatz von Julius Averys Film ist Graphic City, ein ebenso generischer Name wie Joe Smith, ein alternder, grauhaariger Mann, für den der alternde, grauhaarige Stallone die perfekte Besetzung ist. Als Müllmann fristet Joe sein Dasein, lebt in einem heruntergekommenen Hochhaus gegenüber des jungen Sam (Javon “Wanna” Walton, der klugscheißende Dealer aus der Hit-Serie „Euphoria“), der in ihm den verstorben geglaubten Samaritan zu erkennen glaubt. Der, so erzählt es ein stilistisch eindrucksvoller Vorspann, hat einst mit seinem Widersacher Nemesis ein Duell zwischen Gut und Böse ausgefochten, in dessen Verlauf die beiden Kontrahenten das Zeitliche segneten.

Seitdem ist Graphic City in Chaos, Schmutz und Gewalt versunken, so dass Sam nicht der einzige ist, der sich nach einer rettenden Ordnungsmacht sehnt. Nachdem Joe ihn vor ein paar Schlägertypen gerettet hat, ist Sam endgültig überzeugt davon, in Joe den Samaritan vor sich zu haben, dennoch zieht es ihn auch auf die dunkle Seite.

Zwar hat Sam mit Tiffany (Dascha Polanco) eine liebevolle Mutter, aber wie das in Geschichten dieser Art ist, hat sie wenig Zeit und noch weniger Geld, so dass die Verführung große ist. Und die kommt in Gestalt von Cyrus (Pilou Asbæk) daher, ein Krimineller, der dank Gesichtstattoos und bunter Frisur kilometerweit als krimineller Wahnsinniger zu erkennen ist. Bei einem Bruch im Polizeirevier stößt Cyrus zufälligerweise auf den Hammer von Thor, äh, Nemesis, auch dessen Maske findet er und schwingt sich zum Anführer des Widerstandes gegen den Staat auf. Was schwer an Banes Rolle in „The Dark Knight Rises“ erinnert, so wie fast jeder Moment in „Samaritan“ an einen bekannten, oft besseren, meist originelleren Film erinnert.

Fast schon bemerkenswert frei von Originalität ist Averys Film, der zuletzt den konzeptuell hübschen Nazi-Zombies-Film „Overlord“ inszeniert hatte und sich hier munter durch eine Mischung von Superhelden und Stallone Geschichte zitiert. Den zurückhaltenden Jedermann, der eigentlich nur ein unauffälliges Leben führen möchte, durch die Umstände aber dazu gezwungen wird, Gewalt anzuwenden, kann Stallone im Schlaf spielen und so wirkt er auch hier. Betont maulfaul torkelt er in typischer Stallone-Manier durch die Szenerie, bewegt seinen alternden, aber immer noch muskelbepackten Körper eher schwerfällig als agil, bis dann die Klopperei losgeht.

Das ist alles grundsolide, ohne großen Aufwand oder exzessive Spezialeffekte inszeniert, ein klassisches B-Picture, wenn es das heutzutage noch geben würde. In der Gegenwart hat diese Art von Film eine Heimat bei einem der vielen Streamer gefunden, wo sie dank der Marke Stallone genug Klicks generieren wird, um ihre Existenz zu rechtfertigen. Bemerkenswert ist an „Samaritan“ eigentlich nichts, aber wenn man gerne Stallone dabei zusieht, wie er Stallone ist, lohnt sich das Anklicken durchaus.

Samaritan • Regie: Julius Avery • Darsteller: Sylvester Stallone, Javon ‚Wanna‘ Walton, Dascha Polanco • Jetzt bei Amazon Prime

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.