8. November 2018 1 Likes

Zombie-Nazis

Eine etwas andere „Operation: Overlord“ wird erst spät zu amüsantem Trash

Lesezeit: 3 min.

Besonders unter anglo-amerikanischen Historikern ist es ein beliebter Zeitvertreib, sich Gedanken über so genannte Counterfactual History zu machen, übersetzt in etwa „Was wäre wenn?“-Szenarios. Was wäre etwa passiert, wenn die Schlacht von Gettysburg anders ausgegangen wäre oder Napoleon in Waterloo triumphiert hätte?

Da britische Historiker sich ja bekanntermaßen mit kaum etwas anderem so gerne beschäftigen wie mit Hitler und dem Dritten Reich wurde natürlich auch dieser Aspekt der Geschichte Thema von allerlei Spekulationen, auch literarischer, besonders natürlich die Frage, was passiert wäre, wenn Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätte, was sich etwa in Robert Harris „Vaterland“ (im Shop) oder in Philip K. Dicks „The Man in the High Castle“ nachlesen lässt.

Der von J.J. Abrams produzierte Film „Operation: Overlord“ nimmt sich nun auf ähnlich kontrafaktische Weise die Landung in der Normandie vor, beginnt also wie ein veritabler Kriegsfilm: In der Nacht vor dem 6. Juni 1944, befindet sich eine kleine Spezialeinheit auf dem Weg hinter die feindlichen Linien: Damit die geplante Landung der Alliierten in der Normandie ein Erfolg wird, müssen die amerikanischen Soldaten eine deutsche Radar-Stellung ausschalten, die die Nazis in einem kleinen französischen Dorf installiert haben. Doch schon die Landung geht schief, nur der unerfahrene Boyce (Jovan Adepo), der kaltblütige Ford (Wyatt Russell) und ein paar andere GIs überleben und finden in dem Dorf Unterstützung von der reizenden Einheimischen Chloe (Mathilde Olivier), die in der Résistance aktiv ist und den finsteren SS-Mann Wafner (Pilou Asbek) mit sexuellen Gefälligkeiten besänftigt.


Noch stapfen sie gemütlich durch den Wald…


… aber dann! – „Operation: Overlord“

Zudem – und hier wird es spannend – hat sie eine Oma, die mutiert ist und in ihrem Zimmer vor sich hinvegetiert. Denn in den Kellern unterhalb der Radarstation führen die Nazis bizarre Experimente durch. Das Ziel: Soldaten zu kreieren, die ebenso lang leben wie das geplante tausendjährige Reich. Bislang laufen die Experimente allerdings noch nicht wirklich erfolgreich, kranke Mutationen entstehen, doch was wäre, wenn die Experimente Erfolg hätten?

Vielleicht um den Zuschauer in die Irre zu führen, lässt sich Regisseur Julius Avery sehr viel Zeit, bis es wirklich los geht. Ewig dauert es, bis die GIs endlich auf die Zombie-Nazis treffen, sich „Operation: Overlord“ endlich traut, das zu sein, was es ist: reine Exploitation, purer Trash, der sich finsterer historischer Fakten bedient – Nazis, SS-Soldaten, menschenverachtende Experimente von gewissenlosen Ärzten – und daraus ein exzessives Stück Kino formt. Zumindest im letzten Drittel werden die Erwartungen auch erfüllt, zumindest wenn man erwartet einen bizarren Kampf zwischen mutierten SS-Soldaten und GIs zu verfolgen, dazu Explosionen und viele Geschmacklosigkeiten.

Schade, dass sich die nicht billige Produktion lange Zeit ein bisschen zu ernst nimmt, es erst spät wagt, dass zu sein, was sie im Kern ist: ein höchst absurdes, aber sehr amüsantes Konzept, in den besten Momenten eine Hommage an das Exploitation-Kino der 60er und 70er Jahre.

„Operation: Overlord“ startet am 8. November im Kino. Abb.: Paramount

Operation: Overlord •  USA 2018 • Regie: Julius Avery • Darsteller: Jovan Adepo, Wyatt Russell, Mathilde Olivier, Pilou Asbek

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