30. September 2022

„Bob Morane“: Neue Abenteuer im klassischen Gewand

„Die 100 Dämonen des gelben Schattens“ von Christophe Bec und Co.

Lesezeit: 2 min.

1953 startete der belgische Autor Charles-Henri-Jean Dewisme (1918–2021) als Henri Vernes (nur eines von vielen Pseudonymen) seine französischsprachige Romanreihe um den Abenteurer, Spion und Helden Bob Morane, die es auf über 200 Bände brachte und in pulpiger Manier munter die Genres vermischte – nicht zuletzt die Science-Fiction. Es folgten Verfilmungen, Live-Action-Fernsehserien, Zeichentrickserien und Comics. Letztere wurden ab 1959 u. a. von Dino Attanasio und William Vance inszeniert. Auch erfuhr der multimedial erfolgreiche Pulp um Bob Morane und Sidekick Bill Ballantine diverse Neudefinitionen, etwa in einer ziemlich interessanten und modernen Animationsserie von Ende der 1990er; oder 2015 in der Comic-Serie „Bob Morane Reloaded“ von Luc Brunschwig, Aurélien Ducoudray und Dimitri Armand, die den Pulp-Helden in unsere Gegenwart der Smartphones und Seltenen Erden überführten.

Jetzt haben sich Genre-Vielschreiber Christophe Bec („Heiligtum“, „Olympus“), der ebenfalls reichlich fantastik-geeichte Eric Corbeyran („Elfen“, „Assassin’s Creed“) und Zeichner Paolo Grella („Galkiddek“) für einen weiteren, jedoch deutlich klassischeren Neuansatz zusammengetan: Sie holen Bob, Bill und Co. nicht in die Moderne, sondern respektieren das ursprüngliche Setting als historische Kulisse – allerdings wird es durch zeitgemäßes Comic-Storytelling und ebenso zeitgemäß umgesetzte Science-Fiction-Elemente zwischen Klon-Kriegerinnen und Killer-Aliens sanft an moderne Standards angepasst (wobei man über die Feindbilder im Kanon und explizit in diesem neuen Band 2022 vorzüglich streiten könnte). Dieser Kompromiss gelingt in „Die 100 Dämonen des gelben Schattens“ durchaus, obwohl sich über den Verbund aus klassischer und aktueller Konvention gewisse Grenzen auftun, die selbst ein Bob Morane so nicht überwinden kann.

Als neues Abenteuer mit klassischem Feeling geht das inhaltlich und optisch völlig in Ordnung. Aber vermutlich würde es gerade einem alten Recken wie Bob Morane ganz gut tun, wenn er mal eine freie Neuinterpretation innerhalb des gegenwärtigen Hommage-Trends für europäische Comic-Ikonen erfahren würde. Dann würde Morane vielleicht wirklich mal ganz im 21. Jahrhundert ankommen.

Christophe Bec, Eric Corbeyran, Paolo Grella: Bob Morane Bd. 1: Die 100 Dämonen des gelben Schattens • Splitter, Bielefeld 2022 • 56 Seiten • Hardcover: 16 Euro

 

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