4. Oktober 2022 2 Likes

Im Gespräch mit Rob Hart („Paradox Hotel“)

Der Autor von „Der Store“ über seinen neuen Zeitreise-Roman-Krimi

Lesezeit: 5 min.

Mit seinem dystopischen Roman-Bestseller Der Store“ (im Shop) kritisierte US-Autor Rob Hart, der mit Frau und Tochter auf Staten Island lebt, die Macht sowie die Machenschaften von Großkonzernen wie Amazon, Google, Facebook und Apple. In seinem neue Werk Paradox Hotel“ (im Shop) steht den Reichsten der Reichen im Jahr 2072 nun auch noch Zeitreise-Tourismus zur Verfügung, die Vergangenheit für ihr Vergnügen offen. Außerdem sollen der Einstein-Zeitreiseflughafen und das Grande Hotel daneben an eine superreiche Privatperson verkauft werden, um die horrenden Regierungsschulden der Vereinigten Staaten zu mindern. Just als der Deal unter den in Frage kommenden Parteien ausgehandelt werden soll, wird das Paradox Hotel von einigen gefährlichen Zeitanomalien und ans Licht kommenden Geheimnissen getroffen. Sicherheitschefin January Cole, die als taffe Regierungsagentin lange den Zeitstrom beschützte und daher nun oft losgelöst in schädliche Visionen aus Vergangenheit und Zukunft driftet, steht also ein richtiger Kampf um das Hotel, die damit verbundenen Erinnerungen an ihre tote große Liebe sowie die Zeit selbst bevor. „Paradox Hotel“ ist ein cooler, aktueller Zeitreise-Krimi für Genre-Fans, aber genauso für alle, die sonst nicht viel mit Zeitreisen anfangen können oder gar denken, dass das Thema schon länger durch ist. Im diezukunft.de-Interview spricht Rob Hart, der früher als Journalist, als Kommunikationsmanager für Politiker und im öffentlichen Dienst der Stadt New York gearbeitet und als Romancier schon eine Detektivkrimi-Serie (im Shop) veröffentlicht hat, über seine Recherchen zum Thema Zeitreisen, Donald Trump, seine persönlichen Top-drei-Reiseziele in der Vergangenheit und seine Sorgen in Bezug auf skrupellose Tech-Milliardäre.

 


Rob Hart. Foto © Anna Ty Bergman

Hallo Rob. Wenn du als Tourist aus purem Vergnügen Zeitreisen machen könntest – was wären dreie drei Top-Reiseziele in der Vergangenheit, und warum?

Ich würde gerne Johnny Cash in einem Konzert sehen, weil er einer meiner Lieblingsmusiker war und ich nie die Gelegenheit hatte, ihn live zu erleben. Ich würde die Bibliothek von Alexandria besuchen (auch wenn ich wahrscheinlich keines der Bücher darin lesen könnte), weil sie zu sehen einfach eine unglaubliche Sache wäre. Und ich würde zurückgehen und Google-Aktien kaufen, da ich dann in Rente gehen könnte.

Wie hast du für deinen Zeitreise-Roman recherchiert? Eher literarisch, oder eher wissenschaftlich – und hattest du dabei irgendeine Erkenntnis, irgendeine eine Offenbarung?

Ich habe mich intensiv mit der Quantenphysik beschäftigt und versucht herauszufinden, wie Zeitreisen funktionieren. Davon bin regelrecht besessen gewesen, bis mir klar wurde – das ist alles nur Theorie! Es muss nicht akkurat sein, es muss nur glaubhaft sein. Das war die größte Offenbarung, die ich hatte. Was fiktive Darstellungen von Zeitreisen angeht, so hatte ich den Jean-Claude-Van-Damme-Klassiker „Timecop“ vor Augen. Das hat auch geholfen.

Januarys Abdriften stellt extremes Foreshadowing dar. War es schwierig, immer wieder so viel noch ausstehende Twists der Handlung preisgeben zu müssen, ohne dem wachsenden Plot-Puzzle dadurch seinen Reiz zu nehmen?

Das meiste von Januarys Charakter und der Art und Weise, wie sie sich durch den Roman bewegt – das ist mir ziemlich leicht gekommen und leicht gefallen. Manchmal war es allerdings eine Herausforderung, den Überblick über die Zeit zu behalten, aber ich denke, weil ich die Geschichte so tief in ihrem Charakter verwurzelt habe, hatte ich immer etwas, auf das ich mich fokussieren konnte.

Das Paradox Hotel hat einen Atwood- und einen Butler-Flügel, benannt nach Margaret Atwood (im Shop) und Octavia E. Butler (im Shop). Steckt da mehr dahinter außer der offensichtlichen Anspielung auf diese beiden großen Autorinnen der SF?

Die beiden sind natürlich Ikonen. Aber aus der Perspektive der Geschichte war es mir wichtig, dass in der Welt des Paradox Hotels eine Frau das Zeitreisen erfunden hat, aber der Zeithafen nach Einstein benannt wurde. Die Benennung der Hotelflügel nach Atwood und Butler war also ein subtiler Seitenhieb der Hoteldesignerin auf die Leute, die die Frau, die das alles überhaupt erst möglich gemacht hat, übergangen oder übersehen haben.

In „Paradox Hotel“ gibt es eine Figur, die viele Parallelen zu Donald Trump aufweist, die man kaum übersehen kann. Du wirst ihn der Darstellung dieser Figur nach wohl eher nicht mögen – er hat aber auch viele Anhänger. Hast du Sorge, die zu verprellen oder als Leser zu verlieren?

Es ist mir egal, ob ich Leute verprelle. Donald Trump ist ein Monster. Der Schaden, den er diesem Land und der Demokratie zugefügt hat, ist dermaßen gewaltig, und ich bin mir sicher, dass wir noch nicht einmal das ganze Ausmaß davon kennen. In Anbetracht der Tatsache, dass meine gesamte Arbeit sehr antikapitalistisch und regimefeindlich ist, bezweifle ich, dass Menschen, die Donald Trump unterstützen, einen großen Teil meiner Leserschaft ausmachen. Und wenn sie sich beleidigt fühlen, na ja.

Machst du dir große Sorgen darüber, dass Tech-Milliardäre versuchen, die Raumfahrt zu privatisieren, oder den Cyberspace? Und auch darüber, dass der Kapitalismus den Kampf gegen den Klimawandel vereitelt, um nur ein paar Beispiele zu nennen?

Ich mache mir Sorgen über alles, was die Tech-Milliardäre tun. Ich glaube, dass jeder von ihnen die Welt brennen lassen wird, wenn das bedeutet, einen weiteren Dollar Profit zu machen. Die Frage, die ich mir zu Beginn meiner Arbeit an diesem Roman über das Paradox Hotel stellte, lautete: Was würde passieren, wenn wir tatsächlich Zeitreisen erfinden würden? Und natürlich würde eines dieser Dinge sein, dass reiche Leute versuchen würden, dies auszunutzen.

Wenn du nur zwei, drei Jahre in der Zeit zurückreisen könntest, was würdest du den Menschen sagen? Und gibt es noch etwas, was du den deutschen Lesern über „Der Store“, „Paradox Hotel“ oder sogar schon dein nächstes Buch erzählen möchtest?

Wenn ich in der Zeit zurückreisen könnte … würde ich versuchen, einige der schrecklichen Dinge, die in den letzten Jahren passiert sind, ungeschehen zu machen. Zumindest würde ich hoffen, die Menschen vor dem warnen zu können, was auf sie zu kommt! Was ich den deutschen Lesern noch sagen möchte: Ich fühle mich sehr geehrt und freue mich, wieder in Deutschland veröffentlicht zu werden. Als ich Deutschland besuchte, um „Der Store“ zu promoten, war ich begeistert, wie herzlich und gastfreundlich alle waren. Ich hoffe, dass ich noch eine weitere Gelegenheit zum Vorbeizuschauen bekomme. Ich arbeite gerade am nächsten Roman und kann noch nicht viel darüber verraten, außer, dass die reichen Leute wieder die Bösewichte sein werden.

Wir sind schon sehr gespannt. Danke für das Interview!

Rob Hart: Paradox Hotel Roman • Aus dem Amerikanischen übersetzt von Michael Pfingstl • Wilhelm Heyne Verlag, München 2022 • 448 Seiten • als Paperback und E-Book erhältlich • Preis des Paperbacks € 15,00 (im Shop)

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