11. September 2025

„The Long Walk – Todesmarsch“

Eine weitere Stephen King-Verfilmung, die nicht an die Qualität der Vorlage heranreicht

Lesezeit: 3 min.

Seit über 50 Jahren veröffentlicht Stephen King (im Shop) Romane, fast ebenso lange dienen sie als Vorlagen zu Filmen. Kein Wunder also, dass inzwischen ein Großteil des Kingschen Œuvre seinen Weg auf die Kinoleinwand fand, nicht immer erfolgreich, aber in Zeiten, in denen eine Marke besonders wichtig scheint, lassen sich Filme, die auf einem Buch von King basieren, besser vermarkten als Originalstoffe.

So graben sich Produzenten inzwischen durch die Niederungen der über 60 Romane, die King veröffentlicht hat, wo sich tatsächlich noch Werke finden, die bislang nicht verfilmt wurden. „The Long Walk“ (dt. „The Long Walk - Todesmarsch“, im Shop) etwa, den King 1979 unter dem Pseudonym Richard Bachman veröffentlichte. Die Idee zu dieser einfachen Geschichte, einer Parabel über eine von Krieg und wirtschaftlichen Problemen geplagte Welt, hatte King dem Vernehmen nach als 19jähriger, während des Vietnamkrieges.

Ein Hintergrund, den heutzutage kaum ein Zuschauer parat haben dürfte, weswegen sich Francis Lawrence in seiner filmischen Adaption zusätzlich darum bemüht, eine zeitlose Welt entstehen zu lassen. Die Autos wirken zwar wie aus den 60ern, Familien, die immer wieder am Rand der Straße stehen und den langen Marsch beobachten, in mit allem Hab und Gut vollgestopften Autos, erinnern eher an die Zeit der Großen Depression, während die jungen Männer, die sich auf den Marsch begeben, nicht viel anders wirken als ihre modernen Altersgenossen.

Einer von ihnen ist Ray (Cooper Hoffmann), der zu Beginn von seiner Mutter an die Startlinie gefahren wird. 49 andere junge Erwachsene haben sich dort versammelt, um so lange zu gehen, bis nur noch einer übrig ist. Wer die geforderte Geschwindigkeit von drei Meilen, also knapp 5 Kilometer pro Stunde nicht einhält, bekommt erst eine Verwarnung, dann noch eine und schließlich einen Kopfschuss.

All das soll der Motivation der Gesellschaft dienen, wie der Major (Mark Hamill) den Teilnehmern erläutert, auch wenn davon, wie überhaupt von einem Leben außerhalb des Marsches, nichts zu sehen ist. Als extrem reduzierte Allegorie auf die Verhältnisse soll man „The Long Walk“ offenbar verstehen, in der Gruppe finden sich unterschiedliche Charaktere und Typen, so wie man sie aus Militärfilmen kennt: Platoons junger Männer, überdurchschnittlich viele Schwarze und Menschen aus einfachen Verhältnissen, so wie sie typisch für den Vietnamkrieg waren. Der Einberufung zum Militärdienst wusste sich die (weiße) Mittel- und erst Recht Oberschicht zu entziehen, nur wer keine Beziehungen oder kein Geld haste musste unweigerlich nach Vietnam. Doch solchen Zwang gibt es hier nicht, offenbar ist die Teilnahme am Marsch, der nicht umsonst Todesmarsch heißt, freiwillig, was die Gelassenheit, um nicht zu sagen Begeisterung, mit der ein Großteil der jungen Männer sich auf den Weg macht, erst recht seltsam wirken lässt. Anders als in vergleichbaren Szenarios wie Kings „Running Man“ (dt. „Menschenjagd - The Running Man“, im Shop) oder in Romanen, Filmen oder Serien wie „The Hunger Games“ oder „Squid Game“, in dem die Teilnahme aus Zwang oder Unwissenheit an tödlichen Spielen teilnehmen, bleibt die Frage nach dem „Warum“ hier völlig offen.

Durch karge Landschaften wird marschiert, nach und nach lichtet sich das Teilnehmerfeld, aber so recht gelingt es Francis Lawrence nicht, das langsame Sterben zur Allegorie werden zu lassen. Um Mitmenschlichkeit soll es gehen, um die zunehmende Akzeptanz von an sich grauenhaften Dingen, eine gewisse Betäubung angesichts eines fortwährenden Stroms an Nachrichten und Verhalten, das einst bizarr wirkte, sich aber zunehmend normalisiert.

Wer dabei an die USA unter Trump und seinen ehemaligen Adjutanten Steve Bannon denkt, dürfte richtig liegen: „Flooding the zone with shit“ nannte Bannon seine Methode, Medien und Öffentlichkeit einer dauerhaften Kakophonie von Absurditäten auszusetzen, die auf Dauer eine Abstumpfung hervorrufen. Das zu vermeiden bemühen sich Ray und seine Mitstreiter, versuchen im Angesichts ihres unvermeidlichen Todes ihre Menschlichkeit zu bewahren. Ein im Ansatz interessantes Konzept, das allerdings auf dem Papier besser funktioniert als auf der Leinwand, womit sich „The Long Walk“ in die lange Reihe der eher durchwachsenen King-Verfilmungen einreiht.

Abb.: Leonine

The Long Walk • USA 2025 • Regie: Francis Lawrence • Darsteller: Cooper Hoffman, David Jonsson, Charlie Plummer, Ben Wang, Judy Greer, Mark Hamill • im Kino

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