26. Februar 2015 3 Likes

World Down Under


Der australische SF-Indie „These Final Hours“ zeigt ein flirrendes Präludium zum Weltuntergang

Lesezeit: 4 min.

„It’s the end of he world as we know it – and I feel fine.“ Oder auch nicht, das Ende der Welt ist schließlich nicht jedermanns Sache. Im Kino jedenfalls führt die bevorstehende Apokalypse immer wieder zu den verschiedensten Ausprägungen spekulativer SF, die sich weniger um die physische Natur ihrer Kataklysmen schert als um den Umgang der Weltbevölkerung mit der Tatsache, dass nun ganz buchstäblich ihr letztes Stündlein geschlagen hat. Filme wie Abel Ferraras 4:44 Last Day On Earth (2011) oder Don McKellars Die letzte Nacht (1998) richten ihren Fokus jeweils auf eine kleine Gruppe von Protagonisten, die im Angesicht des bevorstehenden globalen Exitus nicht nur mit dem vagen Bewusstsein ihrer eigenen Endlichkeit umgehen, sondern sich die plötzlich sehr konkret gewordene Frage beantworten müssen: Was würdest du tun, wenn heute der letzte Tag deines Lebens wäre?

Auch der Held des australischen Independent-Dramas These Final Hours findet sich in diesem Carpe-Diem-Dilemma wieder, als eine nicht näher definierte Naturkatastrophe einen alles zerstörenden Feuersturm über den Erdball schickt. Während die Vernichtungswalze nach und nach Westeuropa, Amerika und Asien verschluckt – ein einsamer Radio-DJ sorgt als melancholischer Chor für Informationen und kontemplative Reflektionen über Religion, Wissenschaft und das Wesen des Menschseins – begibt sich dieser James auf einen Roadtrip zu sich selbst. Ein sehr konfliktbeladener Mann, der die Geliebte verlässt, um gemeinsam mit seiner Freundin noch mal richtig abzufeiern – Ziel ist die letzte Party der Welt, ein rauschhafter Tanz auf dem Vulkan, bei dem alle Grenzen des Anstands und guten Geschmacks fallen. Er will nichts spüren, wenn „es“ passiert, will sich „zudröhnen“, seine Angst betäuben und den nahenden Tod mit Sex und Drogen in Schach halten.

Doch es kommt anders, als er unterwegs ein kleines Mädchen vor marodierenden Kinderschändern rettet. Wie James ist diese Rose auf der Suche, von ihrer Familie getrennt bittet sie den egozentrischen Slacker, ihr bei der Heimkehr zu helfen. Gemeinsam machen sich die beiden auf den Weg über entvölkerte Straßen, begegnen verzweifelten Selbstmördern, Untergangspropheten und schließlich der entgrenzten Party-Gesellschaft, auf der James ein ernüchterndes Wiedersehen mit seiner Freundin ertragen muss. Längst hat er sich von der Ernsthaftigkeit und dem starken Willen des kleinen Mädchens anstecken lassen und ändert nun seine eingeschlagene Richtung. Während die Stunden vergehen, der Countdown zum Weltuntergang immer mehr dem Nullpunkt entgegensteuert, vertieft sich die Beziehung der Suchenden, bis schließlich beide ihr bittersüßes Ziel erreichen.


These Final Hours zeigt mit den Mitteln des Low-Budget-Kinos eine recht unspektakuläre Story, die vor allem durch ihren fieberhaften Stil überzeugt – während die ausgetrocknete Gegend rund um Perth auf ihren feurigen Tod wartet, flirrt die Luft bereits vor Hitze und panischer Antizipation, der pathosgetränkte Score evoziert die orchestrale Opulenz von John Murphys Sunshine-Soundtrack, die schweißgetränkten und sonnenverbrannten Leiber sowie die bronze- und goldfarbenen Filter machen These Final Hours zu einer genuin australischen Apokalypse. Das sieht wunderbar aus, klingt gut und ist in seinem feurigen poetischen Realismus nahezu greifbar. Auch das Drehbuch bietet trotz langer Strecken der Kontemplation eine Reihe gut funktionierender Konflikte und Charaktermomente und nutzt den Wettlauf gegen die Zeit sehr effektiv, um die Dringlichkeit dieser vor allem inneren Konflikte zu betonen – die Welt endet, und vorher gibt es noch einiges zu klären.

Leider finden diese Qualitäten keine Entsprechung im darstellerischen Zentrum des Films, denn Nathan Phillips ist ein schlicht grauenhafter Schauspieler, dessen laienhaftes Grimassenschneiden und hölzernes Spiel den Zuschauer immer wieder mit schrecklicher Vehemenz aus dem Geschehen reißt. Die beste Darstellerin des kompletten Ensembles, Sarah Snook – die vor allem durch ihre schauspielerische Tour de force im aktuellen Zeitreise-Überraschungshit „Predestination“ überzeugte – hat leider nicht mehr als einen Cameo-Auftritt, der Rest bleibt blass und uninspiriert. Während Regisseur Zak Hilditch also das Beste aus seiner Location und den verfügbaren filmischen Mitteln herausholt, um ein kleines Weltuntergangsdrama zu erzählen, dass sich Zeit und Ort des Geschehens auf blendende Art und Weise zunutze macht, scheitert das Ganze oft am mangelnden Identifikationspotenzial.


Am Ende ist These Final Hours ein weiteres Beispiel für das immer prominenter werdende Subgenre der Sundance-SF, das in diesem konkreten Fall aber unter den immanenten Reibungsverlusten des Low-Budget-Kinos zu leiden hat. „Uneven“ sagt man dazu wohl auf englisch. Aber das ist ja nicht das Ende der Welt. 

These Final Hours ist seit dem 19.2. bei uns auf Blu-ray und DVD erhältlich.

These Final Hours (Australien 2014) • Regie: Zak Hilditch • Darsteller: Sarah Snook, Jessica De Gouw, Nathan Phillips, David Field

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