20. Juni 2016 1 Likes

Außer Spesen nicht viel gewesen!

„12 Monkeys“ in der Serienhölle

Lesezeit: 3 min.

Terry Gilliam, Monty-Python-Mitbegründer und Regisseur mit extrem wechselhaften Erfolg, hatte 1995 mit „12 Monkeys“ einen seiner größten Hits – der finstere Science-Fiction-Film begeistert bis heute das weltweite Publikum mit einer komplexen, doppelbödigen Geschichte über einen für die Menschheit fatalen Virenausbruch und zwei Stars (Bruce Willis, Brad Pitt) in Höchstform, leidet aber auch ein bisschen am selben Syndrom wie die meisten Filme des Regisseurs, weswegen das mittlerweile reflexhaft gezückte „Kultfilm“-Etikett vielleicht doch nur zur Hälfte aufgeklebt werden sollte: Die überbordende Exzentrik in seiner Gestaltung droht die Geschichte so manches Mal zu ersticken oder anders formuliert: „12 Monkeys“ nervt gelegentlich ein bisschen mit seiner Was-sind-wir-doch-neben-der-Spur-Attitüde, etwas weniger wäre stellenweise deutlich mehr gewesen. Trotzdem: Die Dystopie hat sich zu Recht einen Platz in der Science-Fiction-Ruhmeshalle verdient, allein schon weil bezweifelt werden darf, dass ein solcher, durchaus anspruchsvoller Irrsinn auf Big-Budget-Niveau heute noch möglich wäre.

So gar nicht hat Gilliams Film eine dieser überflüssigen TV-Serienverwurstungen verdient, die derzeit wie Fußpilz in der Herrenumkleide eines Fußballvereins aus sämtlichen Kanälen sprießen und das vor ein paar Jahren als Kreativhimmel wieder auferstandene Serienformat langsam aber sicher zum Reste-von-gestern-Festival deklassieren.

Bizarrerweise zeichnet sich für diese Markenzweitauswertung auch noch der in der Vergangenheit vor allem durch allerhand Trash aufgefallene Fernsehsender Syfy (am berühmt-berüchtigsten vermutlich durch die „Sharknado“-Reihe) verantwortlich, wobei man sich gut vorstellen kann, dass Gilliam über diesen Umstand vielleicht sogar gekichert hat.

Ein bisschen lobenswert ist jedenfalls, dass man nicht, wie z.B. die „From Dusk Till Dawn“-Serie vor einiger Zeit, einfach den Film auf Serienlänge auswalzt, sondern Elemente aus dem Film zu einem relativ eigenständigen (allerdings alles andere als originellen) Weg zusammenzimmert. Die Ausgangslage ist dabei gleich: Im Jahr 2014 dezimiert ein Virus die Weltbevölkerung um 93,6%, weswegen Straftäter James Cole aus dem Jahr 2043 zurückreist, um den Ursprung der tödlichen Seuche zu finden und die Menschheit zu retten. Schon bald kommt er dahinter, dass für das Unglück eine mysteriöse und ziemlich mächtige Organisation mit dem Namen „12 Monkeys“ verantwortlich ist. Doch – und an dieser Stelle soll der Amazon-Infotext zitiert werden – „findet er Verbündete, die seine Mission verstehen und ihm vertrauen?“ – Oh ja, und das sogar ziemlich schnell. Schon in der Pilotepisode sind die Grenzen klar gesteckt: Während in der Vorlage immer in der Schwebe bleibt, ob Cole nicht vielleicht doch einen an der Klatsche hat und sich seine Zukunftsstory nur einbildet, ist in der Serie die superbrillante Virologin Cassandra Railly (im Film lautete der Vorname noch Kathryn) dank der Syfy-üblich schlechten F/X innerhalb kürzester Zeit überzeugt, dass es sich beim charismatische James tatsächlich um einen Zeitreisenden handelt und auch der Bösewicht ist selbst mit abgeschalteten Ton schnell eruierbar, denn Tom Noonan spielt solche Rollen mittlerweile im Schlaf.

„12 Monkeys“, die Serie, dampft „12 Monkeys“, den Film, auf simple Actionthrillerunterhaltung mit Science-Fiction-Einschlag runter. Gut gegen Böse, Ambivalenzen fehlen völlig, es wird kein einziges Mal über den Tellerrand geschaut, sie hat nichts, wie noch Gilliams Film, über totalitäre Regime oder über das Verhältnis zwischen der eigenen inneren und der äußeren Wirklichkeit zu sagen, sondern arbeitet im matten, schmucklosen Fernsehbildern lediglich auf den nächsten, meist durchschaubaren Plot Point hin.   

Das ist dank guter Schauspieler (überraschenderweise ist tatsächlich die großartige, Fassbinder-gestählte Barbara Sukowa in einer Nebenrolle zu sehen) und einer rasanten Erzählweise sicherlich auf einem gewissen Level recht unterhaltsam, aber auch nicht unbedingt nötig. Kann man schauen. Man kann aber auch den Rasen mähen oder im Regen spazieren gehen.

(Diese Review basiert auf der Sichtung der ersten beiden Folgen. Spätere Überraschungen sind natürlich immer möglich, ob diese das Durchhaltevermögen wert sind, ist aber fraglich.)

„12 Monkeys“ ist seit dem 15.06.2016 auf Amazon Prime abrufbar.

12 Monkeys (USA 2015) • Regie: diverse • Darsteller: Aaron Stanford, Amanda Schull, Kirk Acevedo, Noah Bean, Barbara Sukowa, Emily Hampshire, Ramon De Ocampo

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