„Black Knight“ – Perfekt frisiert in der Postapokalypse
Kurzweiliger Zeitverschwender aus Südkorea
„Black Knight“ spielt im Jahr 2071: Vor vielen Jahren ist ein Komet auf die Erde gedonnert und hat dabei 99% der Menschheit vernichtet. Davon gekommen sind auf jeden Fall Hairstylisten, denn die südkoreanische Halbinsel scheint fast ausschließlich von perfekt frisierten Menschen bevölkert zu sein. Und die müssen sich in einer Umwelt zurechtfinden, in der nicht nur die Nahrungsmittel begrenzt sind, sondern die Luft so stark verschmutzt ist, dass ohne Atemschutzmaske das Haus nicht verlassen werden kann.
Die – streng nach einem Klassensystem organisierte – Gesellschaft wird von Lieferfahrern mit Nahrung und frischer Atemluft versorgt. Die Fahrer sind vor allem für die Gruppe der Flüchtlinge, die auf der untersten Stufe stehen, wichtig zum Überleben, denn ein Teil von ihnen bildet die Fraktion der Black Knights und hilft den Bedauernswerten mit Gütern und Schutz vor Räubern durchs traurige Leben.
Einer dieser Fahrer ist 5-8. 5-8 und wird von Kim Woo-bin, einem Laufsteg-Modell, das vor einigen Jahren eine erfolgreiche Karriere als Darsteller von TV-Serien, Kinofilmen und Werbespots starten konnte, gespielt. Und Woo-bin ist ein absoluter Frauenschwarm, was bei der Gestaltung seiner Rolle einen gewissen Einfluss gehabt haben dürfte, denn 5-8 zeichnet sich vor allem durch zwei Merkmale aus: Er ist nicht nur wahnsinnig schön, der Schönste, sondern wirklich unfassbar cool, einfach der Coolste. Der Mann ist eine dermaßen umwerfende Nummer, dass die Regie vor lauter Ergriffenheit schon mal völlig unvermittelt auf Zeitlupe schaltet, als er vom ersten Stock ins Erdgeschoss latscht, um sich eine schlichte Rauferei mit einem Arbeitskollegen zu liefern. Und so cool, dass ihm in regelmäßigen Abstände eine Kippe an den Ohnmachtsanfälle provozierenden Lippen hängt – selbst bei offenem Fenster (zur Erinnerung: die Serie spielt in einer Welt, in der die Atemluft dermaßen verschmutzt ist, dass gerade mal 10 Minuten ohne Atemschutzmaske den Tod zur Folge hätten)!
Und natürlich verfügt dieser Mann unter Männern, diese Legende aller Legenden, über exzellente Kampfkunstfähigkeiten und ist unglaublich stark (wie gleich zweimal betont wird) – kein Wunder also, dass Flüchtlingsjunge Sa-wol schwer beeindruckt ist, von diesem Teufelskerl, dessen Friseur in jeder Situation sitzt, wie betoniert, und so werden möchte, wie er. Wie gut, dass sich die Wege der beiden kreuzen und 5-8 – aber natürlich! – ein Herz aus Gold hat, den Jungen unter seine Fittiche nimmt und am Ende auch allen anderen den Tag rettet, denn der Sohn eines Konzernchefs, dessen Fiesheit schier aus seinem gut sitzenden Anzug quillt, hat finstere Absichten.
Man kennt das alles, wirklich alles, hat es schon tausendmal gesehen und möchte am liebsten bereits nach wenigen Minuten wieder abschalten, zumal „Black Knight“ das gleiche Problem plagt, wie die meisten Dystopien der letzten Jahre: Trotz oder gerade wegen des üppigen Budgets lässt die Serie zu keinem Augenblick eine postapokalyptische Atmosphäre aufkommen und das liegt nicht nur an den Frisuren: Alles ist viel zu glatt und steril, viel zu sehr aus dem Computer, um glaubwürdig eine Welt nach dem großen Bumms abzubilden. „Black Knight“ sieht jederzeit stylish aus, aber nur selten echt.
Doch die Serie fängt trotzdem an schnell eine gewisse Sogwirkung zu entwickeln und zwar gerade weil der Held ein so unfassbar toller Kerl und der Bösewicht so krass böse und an allen Charakteren zwischen diesen beiden Polen die Entwicklung im Serienbereich der letzten Jahre ebenso vorbeigegangen ist. Sprich es gibt keine Rückblenden, um Figuren durchzuerklären und auch keine andere Zeitschinder-Tricks, die heutige Serien oft so mühsam konsumierbar machen: „Black Knight“ konzentriert sich ganz auf seinen gerade mal sechs Folgen umfassenden Simpel-Plot und braust durch diesen zielgerichtet mit ordentlichen Tempo ans Ende. Der Sechsteiler will nicht mehr als flotte Unterhaltung und vermischt das ganze Endzeit-Gegrummel deswegen mit einer guten Portion Humor und erfreut zudem mit ein paar wohlüberlegt inszenierten, fetten, überraschenderweise verhältnismäßig geerdeten Actionszenen, die Hollywood – vor allem dem „Fast & Furious“-Franchise – einen steil gereckten Mittelfinger zeigen! Das ist einfach nur aufrichtig und deswegen sympathisch, und schneller als gedacht möchte man auch so ein geiler, geiler Typ wie 5-8 sein und bekommt tierisch Bock sich eine anzustecken.
„Black Knight“ ist seit dem 12.05.2023 auf Netflix abrufbar.
Black Knight (Südkorea 2023) • Regie: Cho Ui-seok • Darsteller: Kim Woo-bin, Song Seung-heon, Kang You-seok, Esom, Roh Yoon-seo, Lee Ju-seung, Nam Kyung-eup • Netflix
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