24. Oktober 2021 1 Likes

„Blackout“ - Der große Stromausfall

Die Joyn-Serie nach dem Bestseller von Marc Elsberg

Lesezeit: 3 min.

Könnte ja ganz romantisch sein, so ein Stromausfall: Man macht Kerzen an, liest im flackernden Licht ein gutes Buch oder vergnügt sich anderweitig und ist für ein paar Stunden auch frei vom Zwang, seine Emails zu checken. Krankenhäuser werden ja ohnehin von Notstromaggregaten angetrieben, den Verkehr regeln Polizisten und wenn das tiefgekühlte Steak etwas antaut, ist das auch kein Weltuntergang.

Was bei dieser Vorstellung jedoch völlig vergessen wird sind die Kettenreaktionen, die ein Stromausfall verursachen würde, besonders wenn er nicht schon nach ein paar Stunden behoben ist. In einer komplett vernetzten Welt, in der auch kaum etwas ohne Elektronik funktioniert, bald auch kein Auto ohne Strom fahren soll (aber auch Benzin-Tankanlagen nicht ohne Strom funktionieren), würde ein dauerhafter Stromausfall kaum weniger verheerende Folgen haben, als ein Bombeneinschlag – die Konsequenzen wären nur langsamer zu spüren.

Mit diesem Szenario spielte der österreichische Autor Marc Elsberg in seinem 2012 erschienenen Thriller Blackout – Morgen ist es zu spät“ (im Shop), der ein Bestseller wurde und dessen Verfilmung nun bei Joyn zu streamen ist. Die Hauptrolle übernimmt Moritz Bleibtreu, der den italienischen Ex-Hacker Pierre Manzano spielt, der sich nach Bozen zurückgezogen hat. Auch dort geht das Licht aus und während sein Nachbar beklagt, dass er das abendliche Spiel von Atalanta Bergamo nicht sehen kann, hat Manzano eine Ahnung: Er entdeckt im Code seines Netzbetreibers eine Fehlermeldung, die er kennt. Vor Jahren hat er selber auf diese Weise Chaos angerichtet, ziert sich deswegen verständlicherweise, den Behörden seine Insider-Informationen mitzuteilen.

Derweilen bangt in Berlin Frauke Michelsen (Marie Leuenberger) um ihre Kinder. Die befinden sich in einem ICE, der auf freier Strecke, irgendwo in der Brandenburgischen Pampa stehen geblieben ist. Gleichzeitig ist Michelsen im Innenministerium für Katastrophen zuständig und findet sich auf einmal dem Innenminister (Herbert Knaup) gegenüber, der vor allem genervt davon ist, beim Opernbesuch gestört worden zu sein. Ein paar Minuten ohne Facebook und Selfie Posen? Das hält die Bevölkerung schon aus.

Etliche andere Figuren und Erzählstränge werden schon in der ersten Folge der sechsteiligen Miniserie angerissen, die von Lancelot von Naso und Oliver Rihs geschrieben und inszeniert wurde. 800 Seiten Roman zu kürzen sorgt für nicht immer gelungene Verdichtung, ein nicht allzu großes Budget verhindert Massenszenen, in denen die zunehmende Panik der Bevölkerung wirklich deutlich wird, aber dennoch: „Blackout“ gelingt es mit langsam steigender Eskalation, das Ausmaß eines kompletten Stromausfalls greifbar zu machen.

Nach und nach geraten eben noch funktionierende Gesellschaften aus dem Gleichgewicht, macht sich erst Chaos breit, dem bald die Anarchie folgt. Und genau diese Gefahr ist wohl auch in der Realität eine tatsächliche Bedrohung, zumal mit dem Versuch, den Autoverkehr von Verbrennungs- zu Elektromotoren umzustellen, gepaart mit ohnehin immer größerem Stromverbrauch, Engpässe drohen. In England etwa sollen ab Mai 2022 Ladestationen für Elektroautos zeitweilig automatisch abgestellt werden, um eine Überlastung der Netze zu verhindern. Wie das mit dem Plan zusammengeht, ab 2030 Benzin- und Dieselautos zu verbieten, ist ein Rätsel. Doch es zeigt, wie nah „Blackout“ an der Realität erzählt und ein Szenario entwirft, das keine Science-Fiction mehr ist.

Blackout • Deutschland 2021 • Regie: Lancelot von Naso, Oliver Rihs • Darsteller: Moritz Bleibtreu, Marie Leuenberger, Herbert Knaup, Milena Dreißig, Stephan Kampwirth, Francis Fulton-Smith, Heiner Lauterbach, Hannah Hoekstra, Jessica Schwarzsechs Teile, wöchentlich bei Joyn, nächstes Jahr bei Sat1

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.