15. Februar 2021 1 Likes

Charmebolzen auf Prime: „16 Stunden Ewigkeit“

Eine Zeitschleifen-Romanze zum Dahinschmelzen

Lesezeit: 3 min.

Marks (Kyle Allen) Leben läuft im wahrsten Sinne des Wortes routiniert ab. Er steckt in einer Zeitschleife fest und erlebt immer die gleichen sechzehn Stunden. Der junge Mann findet’s aber ganz in Ordnung und hat seinen Tagesablauf nahezu perfektioniert. Er hat’s nur noch nicht geschafft, seine Traumfrau zu einem Date einzuladen. Als er’s gerade mal wieder probiert, taucht überraschend Margaret (Kathryn Newton) auf und bringt alles durcheinander. Schnell merken die beiden, dass sie gemeinsam in dieser Situation feststecken. Und sie beschließen die Zeit zu nutzen, um die kleinen, perfekten Momente festzuhalten, die diesen einen Tag lebenswert machen …

Zuerst einmal: Liebe Anbieter! Die deutschen Titel waren dank einem gewissen kreativen Irrwitz in den 1970er-Jahren ja oft recht lustig (Großer Favorit: „Zeig mir das Spielzeug des Todes“ statt, wie man den italienische Originaltitel „Il Giorno del giudizio“ übersetzen würde, „Der Tag der Abrechnung“), seit dem Ende dieser wundervollen Ära sind die „Eindeutschungen“ jedoch meistens nur noch dämlich. Und dass im Streaming-Zeitalter immer noch umgetitelt wird, und – wie bei „The Map of Tiny Perfect Things“ geschehen – gerne mal recht kurzfristig, so dass beim Start erst einmal Suchen angesagt ist, nervt. Und dann wurde das Ganze auch noch in „16 Stunden Ewigkeit“ umbenannt, was nicht nur Erinnerungen an andere, ähnliche Titel, aber grundverschiedene Filme (z.B. „18 Stunden bis zur Ewigkeit“, USA 1974) wach werden lässt, sondern schlichtweg am Kern der Sache vorbei geht.

An Zeitschleifen-Geschichten herrscht seit „Und täglich grüßt das Murmeltier“ (1993), der Blaupause dieser Science-Fiction-Unterabteilung, kein Mangel (siehe z.B. „Happy Deathday“ 2017; „Matrjoschka“, seit 2019; „The Endless“, 2017), das Schöne ist: Der Film von Ian Samuels ist sich dessen bewusst und springt in der Prämisse eins weiter: Mark muss nicht erst herausfinden, dass er in einer Zeitschleife gefangen ist, er weiß es von Anfang an. Das wird in beeindruckend choreographierten Plansequenzen visualisiert, in denen der junge Mann auf alle Gegebenheiten passend reagiert; egal ob jemanden der Becher abgenommen oder der Rock einer vorbeigehenden Frau gerichtet wird, Mark tänzelt mit traumwandlerischer Sicherheit durch den Tag, es wird jederzeit spürbar, dass er ihn schon viele, viele Male erlebt hat.

Und es ist gerade diese Liebe zum Detail, zum Kleinen, zum vermeintlich Unspektakulären, die „16 Stunden Ewigkeit“ nicht nur als Science-Fiction-Film so ungemein einnehmend macht. Es geht hier nicht um Effektbrimborium, es gibt keine groß angelegten Twists und es wird auch nichts gerettet. Wenn Mark Margaret trifft und beide die Umgebung auf der Jagd nach besonderen Momenten erkunden, sind zum Beispiel ein Hausmeister, der sich in einem unbeobachtet geglaubten Augenblick als Klaviervirtuose entpuppt oder eine alte Dame, die nach dem Gewinn eines Kartenspiels vor Freude tanzt, die Highlights. Highlights, die so unprätentiös und aufrichtig präsentiert werden, dass man dem Film kaum noch ernsthaft böse sein kann, wenn die Geschichte im Kern aber wirklich genauso so verläuft, wie man sich das nach dem Aufeinandertreffen der ungemein charismatischen Hauptfiguren praktisch automatisch erwartet (sie verlieben sich und kriegen sich nach etwas sanftem, aber schlüssig eingewebten Drama, und wer das als Spoiler ansieht, hat die letzten Jahrzehnte nicht nur unter einem Stein, sondern unter einem riesengroßen Granitbrocken verbracht), zumal sämtliche Kitsch-Klippen elegant umschifft werden.

Der Punkt ist: Die formidabel inszenierte Zeitschleifen-Romanze, die zudem noch mit einem punktgenau funktionierenden Soundtrack daherkommt, will eigentlich nicht viel anderes, als den Publikum zuzurufen, dass das Leben schön ist. Man muss nur ab und zu mal innehalten und die Augen aufmachen.

Reicht völlig, vor allem wenn so viel Charme wie hier versprüht wird.

„16 Stunden Ewigkeit“ ist seit dem 12.01.2021 auf Amazon Prime abrufbar.

„16 Stunden Ewigkeit“ (USA 2021) • Regie: Ian Samuels • Darsteller: Kathryn Newton, Kyle Allen, Jermaine Harris, Anna Mikami, Josh Hamilton, Cleo Fraser, Al Marigal

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.