29. November 2020 1 Likes

„Fireball – Besuch aus fernen Welten“ – Von Meteoriten und Menschen

Eine neue Dokumentation von Werner Herzog entdeckt Schätze aus dem Weltall

Lesezeit: 3 min.

Wenn eine Dokumentation über Meteoriten mit Bildern vom mexikanischen Tag der Toten beginnt, weiß man, dass man sich in einem Film von Werner Herzog befindet. Zusammen mit dem britischen Vulkanologen Clive Oppenheimer hat Herzog den Film „Fireball – Besuch aus fernen Welten“ gedreht, der sich vordergründig mit Meteoriten beschäftigt, ihrer Entstehung, der durch sie ausgelösten Zerstörung, ihrem Einfluss auf die Entwicklung der Erde – vor allem aber mit Menschen, die sich mit ihnen beschäftigen. Denn wo auch immer es Herzog im Laufe der letzten fünf Jahrzehnte auf filmische Entdeckungsreise hinführte, ob er Vulkanausbrüche oder brennende Ölquellen filmte, ob er Höhlen erforschte oder das ewige Eis der Antarktis: Nie geht es ihm nur um spektakuläre Bilder, beeindruckende Naturschauspiele, sondern immer vor allem um Menschen. Forscher, Entdecker, Reisende, Suchende, Visionäre, Träumer und auch ein bisschen Verrückte ziehen Herzog an, ihnen ist er auf der Spur, ihnen widmet er seine Filme.

Ein solcher Mensch ist Clive Oppenheimer, den Herzog 2007 bei der Arbeit an „Begegnungen am Ende der Welt“ in der Antarktis kennenlernte. Ein Vulkanologe im Eis. Schon das ein Kontrast, der Herzog fasziniert haben muss und nun erneut zur Zusammenarbeit führt. Der vor vier Jahren entstandene „In den Tiefen des Infernos“ zeigte aktive Vulkane, „Fireball“ nun nimmt seinen Ausgangspunkt bei Kratern, die im Lauf der Erdgeschichte durch den Einschlag von Meteoriten entstanden sind.

So wie in Mexiko, genauer gesagt der Yucatan-Halbinsel, wo vor gut 66 Millionen Jahren der Einschlag stattfand, dessen Folgen vermutlich das Ende der Dinosaurier herbeiführte. 180 Kilometer Durchmesser hat der Krater, da er größtenteils von Sedimentschichten bedeckt ist oder im Meer liegt, wurde er erst in diesem Jahrhundert entdeckt. Doch die Bilder vom Tag der Toten, mit denen der Film beginnt, in traditionelles Kostüm gekleidete Männer, die einen Feuerball wie beim Volleyball hin und her werfen, mag man als fernes Echo jenes Ereignis sehen. Spuren von Meteoriten finden sich an vielen Maya-Ruinen, in ihren Bildern und Riten, so wie auch in anderen Kulturen, dem Islam etwa. In dessen Zentrum steht Mekka und dort wiederum die Kaaba, die einen schwarzen Stein umfasst, der möglicherweise ein Meteorit ist. Genau weiß man das nicht, wissenschaftliche Untersuchungen sind am heiligsten Ort des Islam nicht möglich, aber die Verehrung, die Millionen Muslime diesem Ort jedes Jahr entgegenbringen, würde zur Mystik der Objekte aus den Tiefen des Weltalls passen.

Ob einst so ein Objekt der Ursprung des Lebens auf Erden war ist eine dieser Frage, die wohl niemals ganz genau beantwortet werden können, bei denen Wissenschaft in Glauben übergeht. Die Faszination, die Meteoriten ausüben ist bei allen Gesprächspartnern zu spüren, die Oppenheimer interviewt: Ernsthafte Wissenschaftler von Hawaii über Frankreich bis Indien, aber auch einen Laien wie Jon Larsen, ein bekannter Jazz-Gitarist aus Norwegen, der in seiner Freizeit auf dem Dach der Oper von Oslo nach winzigen Partikeln sucht. Kaum zu erkennen sind die schwarzen Flecken, die Larsen mit kindlicher Freude sammelt und zusammen mit einem Freund unter einem Elektronenmikroskop fotografiert. Und dann, mit 2000-3000facher Vergrößerung entfalten die winzigen Flecken ihre ganze Schönheit: Die in ihnen enthaltenen Mineralien und Metalle erstrahlen in allen Formen und Farben, kleine Kunstwerke sind es, von der Natur erschaffen. Keiner dieser Mikrometeorite gleicht dem Anderen, sie sind alle, wie es Larsen treffend formuliert: „Schätze aus dem Weltall.“

Fireball - Besuch aus fernen Welten • Fireball: Visitors from Darker Worlds; USA 2020 • Regie: Werner Herzog & Clive Oppenheimer • jetzt auf Apple TV

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