17. Mai 2018

„Jetzt spielst du bei den großen Jungs!“

„Deadpool 2“: Böser Humor und gute Action ohne Sinn und Verstand

Lesezeit: 4 min.

Ein neues X-Team, flottere Sprüche, fabelhaft inszenierte Action, geniale Aftercredit-Scenes und ein furchteinflößender Josh Brolin… Reicht das für den Zweitling des Söldners mit der großen Klappe aus, um bei den Großen mitzumischen? Nicht ganz, aber ein akzeptabler Versuch ist es trotzdem.

Nach einem nicht erwähnendswerten Versuch bei „X-Men Origins: Wolverine“ gab es 2016 endlich die Versöhnung und „Deadpool“ erschien weltweit in den Kinos. Jenseits von makabrem Humor, Schlägen, Tritten und Sprüchen unter der Gürtellinie, ebenso wie einem satten R-Rating in den USA, schien Deadpool geradewegs den bunten Seiten entsprungen zu sein. Auch wenn das wirklich nicht Jedermanns Geschmack traf, schien es der großen Masse dennoch zu gefallen. Ryan Reynolds’ Hingabe zur Figur Deadpools spielte 783 Millionen Dollar weltweit ein, bei einem Budget von gerade mal 58 Millionen. Um an diesen vollen Erfolg anzuknüpfen, wurde Fanliebling und Deadpool-Buddy Cable (Josh Brolin) nun ins Boot geholt, ebenso wie David Leitch, einer der beiden Co-Regisseure des ersten „John Wick“-Films. Daraus resultiert eine äußerst kurzweilig unterhaltsame Komödie mit sehr guten, aber sparsamen Actioneinlagen.

Gleich zu Beginn des Streifens wird Vanessa, Wade Wilsons geliebte Freundin, von Attentätern in der Wohnung umgebracht und aus Trauer verbringt Deadpool seine Zeit bei den X-Men. Dort nehmen ihn Colossus und Negasonic Teenage Warhead auch gleich auf eine erste Mission mit, in der es heißt, eine brenzlige Lage mit dem jungen Mutanten Russell „Firefist“ Collins zu entschärfen. Das geht natürlich mehr oder weniger in die Hose und Deadpool und Firefist werden gemeinsam ins Mutanten-Gefängnis gebracht. Gleichzeitig taucht Cable aus der Zukunft auf, mit dem Ziel, den jungen Collins zur Strecke zu bringen und ein düsteres Schicksal abzuwenden.


„So cool, wie bedrohlich: Josh Brolin als beinahe perfekter Cable“

Dass währenddessen nicht an flotten, stellenweise geschmacklosen, aber auch erheiternden One-Linern gespart wird, ist seit dem Erstling Pflicht. Bloß ist es diesmal nicht nur Deadpool selbst, der die Sprüche klopft, sondern alle Figuren reißen ihre Klappen auf. Es zündet bei Weitem nicht jeder Witz, aber bei der schier unendlichen Ansammlung von Schwarzhumorigkeit kommt jeder Zuschauer zum Lachen, egal wie schmerzbefreit der jeweilige Humor nun sein mag.

„Deadpool 2“ punktet vor allem in seinen Actioneinlagen, die stellenweise so brachial sind, aber auch makaber und atemberaubend. Gerade die ersten zehn Minuten gleitet der Zuschauer von einer Schnetzelei in die nächste, die hier und da eine Augenweide ist. Ebenso wie die große Convoy-Jagd in der Mitte des Films, wohl der Action-Höhepunkt, wenn Cable, Deadpool, Firefist und CGI-Bösewicht Juggernaut mit Domino (Zazie Beetz) aufeinander treffen. Dagegen wirkt das in die Länge gezogene Finale geradezu enttäuschend.

Josh Brolin gibt einen bedrohlichen Cable ab, von dem man gerne mehr gesehen hätte, trotz erweiterter Nachdrehs zu seinen Gunsten. Aber neben etwas Handgemenge und einer gemeinsamen simplen Schießerei im Finale kommt gerade die Action zwischen Deadpool und seinem Kumpel-aus-der-Zukunft zu kurz. Ebenso wirkt Zazie Beetz’ Domino eher wie eine Political-Correctness-Entscheidung anstatt eine tragende Figur zu sein. Domino ist zwar stets in die Action eingebunden und hat zwei kleine Glanzmomente, trägt innerhalb der zwei Stunden aber keinen Deut zur Story bei.


„Eine vielversprechende Truppe, die auf Deadpool vertraut. Ha.“

Was zu überraschen weiß, und wovon sich zumindest „Justice League“ eine Scheibe abschneiden könnte, ist der animierte Bösewicht Juggernaut, der sich einen knackigen Kampf mit X-Force und Colossus liefert. Und die Art und Weise, wie er dahingerafft wird ist so pubertär und absurd, wie sie zugegeben clever und einfallsreich ist. Da wundert man sich augenzwinkernd beinahe, warum Spider-Man in Roger Sterns legendärer Geschichte „Nothing Can Stop the Juggernaut“ nicht auf die Idee kam. Ebenso erwähnenswert wie verblüffend ist die Tatsache, dass fast sämtliche bekannten Gags aus den Trailern für den Film komplett umgeschrieben wurden und so für frisches Gelächter sorgen. Daran könnten sich schlichtweg sämtliche Filmstudios ein Bespiel nehmen.

Letzten Endes bietet „Deadpool 2“ nicht wirklich mehr als der Erstling und wird auch niemanden wirklich überzeugen, der damit nichts anfangen konnte. Zusätzlich ist der „Neuheitsfaktor“ nicht mehr gegeben, gerade auch wenn sogar einige der Gags aus „Deadpool“ wiederverwertetet werden. Die Actioneinlagen gehören zum oberen Drittel Hollywoods, von denen es dann aber letztlich zu wenige in den zwei Stunden gibt, und so kommt auch der reine Actionfan zu kurz. Wer aber sich bereits 2016 schmerzbefreit vor Lachen die Knie wundgeklopft hat, der wird auch an „Deadpool 2“ seinen Spaß finden. So ganz um bei den Großen mitzumischen, reicht es dann aber doch nicht aus.

„Deadpool 2“ läuft seit dem 17. Mai 2018 in den Kinos.

Deadpool 2 • USA 2018 • Regie: David Leitch • Darsteller: Ryan Reynolds, Morena Baccarin, Josh Brolin, Zazie Beetz, Julian Dennison

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