1. Juni 2017 3 Likes

Lovecraft wäre stolz!

„The Void“ – Strammer Hardcore-Sci-Fi-Splatter-Monster-Horror für Erwachsene!

Lesezeit: 3 min.

So kann’s gehen: Erst neulich noch kritische Worte zum Grindhouse-Phänomen verloren und schon ploppt einem ein Film zweier Grindhouse-Kellerkinder entgegen, der das Höschen überraschenderweise ganz schön feucht werden lässt. „The Void“ stammt von Jeremy Gillespie und Steven Kostanski, Mitglieder des fünfköpfigen, kanadischen Künstlerkollektivs „Astron-6“, das in der Vergangenheit vor allem durch zugegebenermaßen gut getricksten Grindhouse-Fanboymurks wie dem albern-peinlichen „Father’s Day“ (2011) Nachtschattengewächse auf Filmbörsen glücklich machte. Mittlerweile wurden aber offenbar Haare am Sack gesichtet, da musste folgerichtig dann auch mal ein echter Film her und siehe da: „The Void“ knallt!

Sicher, tief im Kern ist das immer noch Fan-Kino, ein bisschen John Carpenter da, ein bisschen Clive Barker dort, abgeschmeckt mit einer ordentlichen Prise Lucio Fulci und über all dem schwebt natürlich der unverzichtbare H.P. Lovecraft mit seinem cosmic horror, aaaaber: Der Unterschied ist hier einfach die Attitüde. Gillespie und Kostanski packen blöde Insider-Gags, alberne, formale Spielereien (wie die so beliebte pseudo-schlechte Qualität des Filmmaterials) und anderen Quatsch in den Schrank und konzentrieren sich auf Style, Spannung, eine allgegenwärtige super-super-finstere Atmosphäre und eine erkleckliche Anzahl an handgemachten 1A-Effekten, die hier im Gegensatz zu früher weitaus gezielter eingesetzt werden.

Der Plot ist dabei – zumindestens anfänglich – klassisch straight: Ein blutender Mann rennt Sheriff Carter vors Auto. Carter macht sich natürlich umgehend auf den Weg in die Notaufnahme, allerdings ist die Sache damit nicht gegessen, denn plötzlich tauchen zwei bewaffnete Unbekannte auf, die dem Verletzten ans Leder wollen, doch dann wird klar, dass ein noch viel größeres Problem bevorsteht: Draußen verhindern eine Horde messerschwingende Robenträger ein Fortkommen und Drinnen lauert das Grauen in Form eines irren Doktors im Keller, der mittels dubioser Experimente das Tor in eine andere Dimension öffnen will…

Auch wenn die Vorbilder natürlich permanent aus der Ferne rufen und an zwei, drei Stellen vielleicht etwas arg deutlich zitiert werden (Fulci-Fans werden besonders beim Ende ein großes, ein SEHR großes Déjà-vu erleben!): Die knochentrockene Ignoranz mit der „The Void“ so tut, als hätte es all das nie gegeben besitzt einen nicht unbeträchtlichen Charme, zumal die Suppe so geschickt angerührt wurde, dass eine allzu große Vorhersehbarkeit sich trotz bekannter Motive verhältnismäßig in Grenzen hält, außerdem wissen die beiden Regisseure mit einer fast durch die Bank weg dichten, von einem knackigen Soundtrack ummantelten, Atmosphäre zu begeistern. Die erzählerische Ökonomie der Vorbilder wird trotzdem nicht ganz erreicht, besonders im letzten Drittel entgleitet der Film den Machern ein wenig, man tritt auf der Stelle, was vor allem daran liegt, dass Bösewichte, die große Ansprachen halten, nicht gerade die gruseligsten sind und die Freude über die F/X-Kreationen etwas zu sehr überwiegt.

Das ist aber letztendlich nicht mehr als das berühmt-berüchtigt Haar in der blutigen Suppe: „The Void“ bringt eine gewisse, verloren geglaubte Klasse in den Horrorfilm zurück: Er missbraucht sein Genre nicht als Zirkusarena für billige Gags und auch nicht als sensationslüsterne Projektionsfläche für Gewaltfantasien, er versucht mit filmischen Mitteln tatsächlich „Horror“ zu erzeugen und lässt darüber hinaus zumindestens eine Ahnung wach werden, welche Bilder Lovecraft im Kopf hatte, als er vom „cosmic horror“ schrieb, vom „unbeschreiblichen Grauen“ aus einer anderen Dimension.

„The Void“ ist seit dem 19.05.2017 auf DVD, Blu-ray und Digital erhältlich. Abb. © Screen Media Films

The Void (Kanada 2016) • Regie: Jeremy Gillespie & Steven Kostanski • Darsteller: Aaron Poole, Ellen Wong, Kenneth Welsh, Kathleen Munroe, Daniel Fathers, Mik Byskov

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