„Mission Impossible: Dead Reckoning, Teil 1“ – Tom Cruise gegen die K.I.
Zumindest im Ansatz ist der siebte Teil der Agentenfilm-Reihe erstaunlich zeitgemäß
„Das Ende der Wahrheit“ titelte der Spiegel in seiner jüngsten Aufgabe und beschrieb die Möglichkeiten, vor allem aber Gefahren der Künstlichen Intelligenz. Selbst mit Open Source-Programmen lassen sich inzwischen schon Texte und Bilder in einer Qualität fälschen, die es nicht nur Laien zunehmend schwieriger macht, zu unterscheiden, was wahr und was falsch ist. Ein höchst zeitgemäßes Thema also, das auch Ansatz der Handlung des neuen Tom Cruise-Actionspektakels „Mission Impossible: Dead Reckoning, Teil 1“ ist, bzw. MI-7, wie wir der Kürze halber sagen wollen.
Wie immer ist der von Cruise gespielte Superagent Ethan Hunt in rastloser Aktion rund um die Erde unterwegs, um selbige zu retten, diesmal eben vor einer K.I., die sich selbstständig gemacht hat und nur „Die Entität“ genannt wird. Was sich fast so generisch anhört wie MacGuffin, jener viel zitierte, angeblich zuerst von Alfred Hitchcock ins Spiel gebrachte Drehbucheinfall, mit dem ein Gegenstand beschrieben wird, der zwar die Handlung antreibt, aber im Kern letztlich keine wirkliche Bedeutung hat.
Zu solch einem entwickelt sich (leider) auch die K.I., die anfangs noch wie ein erstaunlich substanzieller Ansatz wirkt: Zunächst wird ein hochmodernes russisches Atom-U-Boot dazu gebracht, sich selbst zu torpedieren, bald darauf frisst sich die K.I. durch das Internet, also in alle Bereiche der Öffentlichkeit. Da hilft nur: Abschalten und auf analoge Systeme zurückgreifen. Was zum einen zum visionärsten Moment des Films führt, der sich möglicherweise bald auch in der Realität wiederholen könnte: Eine riesige Halle sieht man da, in der hunderte Personen an Schreibmaschinen sitzen und das gesicherte Wissen auf Paper abtippen und damit vor einem Eingriff durch die K.I. schützen. Denn wenn die K.I. erst einmal beginnt, Lügen zu verbreiten, die sich zunehmend realistisch anhören, wer wird dann noch wissen, was wirklich wahr und was falsch ist?
So realistisch und bedrohlich hört sich das an, dass man für einen Moment die vage Hoffnung hegt, dass sich MI-7 zu einem visionären, dystopischen Spionagefilm aufschwingen könnte. Aber dieser Hoffnung steht das Ego von Hauptdarsteller und Produzent Tom Cruise im Wege, der für seine halsbrecherischen Stunts natürlich nicht auf einen körperlosen Gegner treffen kann, sondern nach physischen Konkurrenten verlangt. Die sind allerdings in den MI-Filmen traditionell eher blass (vor allem Philip Seymour Hoffmann in Teil 3 ist die eine, große Ausnahme), ein Gott, äh, Schauspieler wie Tom Cruise duldet leider keine anderen Stars neben sich. Der aktuelle Gegner heißt nun wenig subtilerweise Gabriel (Esai Morales) ist also nominell ein Erzengel, der sich mit Etahn Hunt eher wenig spektakuläre Verfolgungsjagden und Prügeleien liefert.
Angesichts von Cruise’ in den letzten Jahren oft geäußerten (und ein wenig größenwahnsinnig klingenden) Wunsch, das Kino retten zu wollen, das durch Corona und vor allem die Streamer in einer großen Krise steckt, könnte man nun auf den Gedanken kommen, dass der innerfilmische Konflikt mit einer K.I. als Allegorie für die außerfilmische Realität gedacht sein könnte. Doch zu solchen hochtrabenden Ambitionen schwingt sich MI-7 dann doch nicht auf, bei weitem nicht. Das Hunts ewige Sidekicks Luther (Ving Rhames) und Benji (Simon Pegg) bald auf analoge Technik zurückgreifen, fällt nicht weiter auf, denn mehr und mehr gerät die K.I. ins Hintertreffen und bleibt eben dann doch nur ein MacGuffin. Trotz ambitionierter Ansätze bleibt MI-7 am Ende ein reines Star-Vehikel, in dem der inzwischen 60jährige Tom Cruise das macht, was er seit 40 Jahren sehr erfolgreich tut: Rennen, Springen, Rasen – die Welt retten!
Mission Impossible: Dead Reckoning, Teil 1 • USA 2023 • Regie: Christopher McQuarrie • Darsteller: Tom Crusie, Ving Rhames, Simon Pegg, Esai Morales, Rebecaa Ferguson, Hayley Atwell • ab 13. Juli im Kino
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