31. März 2022

„Moon Knight“ - Unkultige Adaption eines Kult-Comics

Marvel-Stangenware der Woche

Lesezeit: 3 min.

Über Marvels Kinofilme oder TV-Serien zu schreiben bedeutet im Prinzip Eulen nach Athen zu tragen, denn geguckt wird der nonstop vom Fließband purzelnde Output des kalifornischen Konzerns sowieso, Marvel-Produktionen scheinen in den letzten Jahren ein wenig das Äquivalent zum kulinarischen Schrecken von McDonalds & Co. geworden zu sein: Eigentlich alles andere als gut und schon gar nicht satt machend und eigentlich ist das einem bewusst, aber irgendwie ist Marvel wohl eine Art Konstante in einer permanent chaotischer werdenden Welt: Man weiß halt genau, was man kriegt und kriegt dann auch genau das und zwar wirklich jedes Mal.

Nun also wurde „Moon Knight“ durch den TV-Serienwolf gedreht, eine 1975 von Doug Moench und Don Perlin ins Leben gerufene Batman-Variante, deren größter Unterschied zum Rächer mit dem Fledermaus-Logo eine dissoziative Identitätsstörung ist. Unter der leidet Ex-CIA-Agent und Ex-Söldner Marc Spector, der bei einem Job im Sudan vom Killer-Kollegen Raoul Bushmann, welcher wiederum kurz zuvor den Archäologen Dr. Alraune vor den Augen seiner Tochter getötet hatte, lebensgefährlich verletzt wurde. Doch Spector schleppt sich lebensgefährlich verletzt zu einem Grab, das von Alraunes Tochter entdeckt wurde, stirbt vor einer Statue des ägyptischen Mondgottes Khonshu und kehrt aber kurz darauf wieder ins Leben zurück – mit einer Mission. Khonshu will, dass Spector fortan als sein Avatar, als Moon Knight, als die „linke Faust von Khonshu“, fürs Gute kämpft.

Das klingt jetzt etwas irre und laut einigen Storylines hat Spector sich den Mondgott tatsächlich nur eingebildet, andere gehen allerdings davon aus, dass Khonshu real ist. Was seine unterschiedlichen Identitäten betrifft – nach seiner Rückkehr in die USA wird Spector nicht nur als Moon Knight aktiv, sondern unter anderem als Milliardär Steven Grant und Taxifahrer Jake Lockley – gibt es allerdings keinen Zweifel: Die befinden sich alle in Spectors Kopf. Das herrlich wilde Konzept wurde im Laufe der Jahrzehnte für wunderbar exzentrische, zumeist ziemlich düstere und brutale Comics genutzt, an deren Umsetzung Könner wie Tony Isabella, Chuck Dixon, Charlie Huston, Brian Michael Bendis, Jeff Lemire, Bill Sienkiewicz oder Chris Warner beteiligt waren.

Aus der reichhaltigen Vorlage macht die Verfilmung aber – das alte Marvel-Problem – leider erneut kaum was und das obwohl mit Justin Benson und Aaron Moorehead ein Regie-Duo an Bord ist, das man mittlerweile zu Recht zur absoluten Speerspitze des fantastischen Films zählen kann (u.a. „The Endless“, 2018; „Synchronic“, 2019). Optisch weitestgehend gewohnt unauffällig wird hier eine typische Origin-Story präsentiert, die sich ähnlich zerrissen wie der Hauptdarsteller gibt. Das liegt primär an einer großen Änderung: Der Milliardär Steve Grant aus dem Comic ist in der Serie ein Geschenkeartikel-Verkäufer in einem Museum. Auf ihm liegt der Fokus, und er wird von Oscar Isaac mit Verve als liebenswerter, schusseliger Loser gespielt, der vor allem beim Ringen mit seiner düsteren Seite Marc Spector – auch aufgrund gewisser optischer Ähnlichkeiten zu Darsteller Bruce Campbell – frappierend an Ash Williams in „Armee der Finsternis“ (1992) erinnert. Etwas später, wenn Grant dann mit dem obligatorischen weiblichen Sidekick durch eine Pyramide kraxelt, kommt einem aber ebenso Rick O’Connell aus den „Die Mumie“-Filmen (1999-2008) in den Sinn. Kurz: „Moon Knight“ erinnert an so manch anderes, aber leider nicht so häufig an die Vorlage, wie man sich das wünsche würde. Aber selbst wenn man „Moon Knight“ einfach als das, was es ist, hinnimmt, kommt keine so rechte Freude auf: Zu unentschlossen wird zwischen düster und lustig gependelt, zu oft bleiern dahergeredet und erklärt und viel zu wenig gibt es von der, allerdings ganz ordentlich eingefangenen, Action.

„Moon Knight“ köchelt jedenfalls so vor sich hin, ist nicht richtig schlecht (was vor allem am begnadeten Oscar Isaac liegt) und der laute und nervöse Soundtrack verhindert zuverlässig, dass man vorzeitig einnickt, allerdings geht gut deutlich anders – alles wie immer also, Stoff zum „weggucken“, aber echt nur das.

Moon Knight • USA 2022 • Showrunner: Jeremy Slater • Darsteller: Oscar Isaac, Ethan Hawke, May Calamawy, F. Murray Abraham, Gaspard Ulliel

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