24. Januar 2020 1 Likes 1

Neue Serie, alter Held

Die erste Folge von Amazons Streaming-Serie „Star Trek: Picard“

Lesezeit: 3 min.

Mit „Star Trek: Discovery“ begann die Ära der nächsten Generation „Star Trek“-Fernsehserien im Zeitalter des gestreamten TV-Contents. Nach CBS All Access bzw. Netflix stößt nun auch Amazon mit einer Original-Serie in die unendlichen Weiten vor und präsentiert „Star Trek: Picard“, wobei ab heute jeden Freitag eine neue Folge bereitgestellt wird.

1987 war Schauspieler Patrick Stewart in „Star Trek: The Next Generation“ erstmals als Enterprise-Captain Jean-Luc Picard zu sehen – eine Paraderolle, die den früheren Shakespeare-Theaterdarsteller zum Fanliebling und Kultmimen machte. Natürlich könnte man jetzt wieder über die Nostalgiesucht multimedialer Science-Fiction-Stoffe reden, die von der Unterhaltungsindustrie entsprechend befeuert wird, doch diese Diskussion gehört nicht zwingend hier her. Für die neue Serie „Star Trek: Picard“, die sich der erfahrene Filme- und TV-Macher Akiva Goldsman („A Beautiful Mind“ bis „Star Trek: Discovery“), Pulitzerpreis-Gewinner Michael Chabon („Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay“), Kirsten Beyer und Alex Kurtzman ausgedacht haben, spielt es außerdem keine Rolle, wann man Picard zuletzt in einer Episode oder einem Film aus dem „Star Trek“-Kosmos gesehen hat, und einen der zwischenzeitlich veröffentlichten Picard-Romane muss man ebenfalls nicht gelesen haben.

„Star Trek: Picard“ setzt immerhin 20 Jahre nach Admiral Picards letzter großer, legendärer Mission sowie seinem nicht allzu frohen Ausscheiden aus der Sternenflotte ein. Der Mars brennt nach einem verheerenden Anschlag noch immer, und lebensechte Androiden sind in der gesamten Galaxis verboten. Der melancholische, sogar ein wenig verbitterte Picard hat sich auf der Erde auf ein weites, idyllisches Landgut zurückgezogen, spaziert mit seinem Hund durch die Pflanzenreihen, schreibt Geschichtsbücher und träumt von seinem alten Freund, dem hochentwickelten Androiden Data (Brent Spiner). Doch dann wird anderswo die junge Dahj (Isa Briones) von Attentätern angegriffen und reagiert darauf zu ihrer eigenen Überraschung mit der tödlichen Gewandtheit einer Killermaschine. Plötzlich weiß sie gar nichts mehr – nur, dass sie Picard finden muss …

Diese erste Folge von „Star Trek: Picard“ geht es ruhig an und lässt sich Zeit. Doch die sehr angenehme Dreiviertelstunde fühlt sich nie zu lange an, und umso wirkungsvoller gelingt obendrein die Charakterisierung des alten Mannes Picard, in dessen Rolle Sir Patrick Stewart einmal mehr groß aufspielt. Der 79-jährige Engländer, der nach seinem letzten „Star Trek“-Film u. a. Professor Charles Xavier in den „X-Men“-Blockbustern der letzten beiden Jahrzehnte verkörperte, ist wie eine gute Tasse des Earl Grey-Tees, auf den der frühere Captain der Enterprise so schwört: Man weiß genau, was man bekommt, aber es ist immer wieder ein Genuss, wenn richtig gemacht. Und wer könnte nicht happy sein, Picard und Data nach all den Jahren beim Kartenspielen zu sehen? Auch die übrigen Mitglieder des Ensembles nutzen die Zeit, die mit oder ohne Picard für sie abfällt (nach dieser ersten Folge sind viele, allerdings noch nicht alle Figuren in Stellung gebracht). Bei der Inszenierung spürt man Showrunner Michael Chabons Händchen für Charaktere, und Regisseurin Hanelle Culpepper, die schon bei Folgen zu allen möglichen TV-Serien zwischen „90210“, „NOS4A2“ und „Gotham“ Regie führte, bedient sich Einstellungen und Tricks, die man eher von der großen Leinwand kennt. Story, Drehbuch und Umsetzung passen jederzeit zusammen, und Sternenflotten-Uniformen oder Weltraum-Krachbumm vermisst man kein bisschen. Da kann man dann auch darüber hinwegsehen, dass zu Beginn ein bisschen viel „Blade Runner“ in den grundlegenden Motiven des Plots steckt.

Schwer zu sagen, ob die Mischung aus viel Ruhe und guter Action in den nächsten Episoden beibehalten wird oder sich der Rhythmus merklich verändert. Für den alles in allem wunderbaren Auftakt war es auf alle Fälle genau das Richtige. Denn so gelingt der ersten Folge von „Star Trek: Picard“ das große Kunststück, Franchise-Fans ebenso zu entzücken wie Enterprise-Skeptiker oder Gelegenheits-Trekkies.

Abb.: © 2019 Amazon.com Inc., or its affiliates

Star Trek: Picard – Episode 1 • Darsteller: Patrick Stewart, Isa Briones, Alison Phill, Michelle Hurd, Brent Spiner • Regie: Hanelle Culpepper • Drehbuch: Akiva Goldsman, James Duff, Alex Kutzmann, Michael Chabon • Showrunner: Michael Chabon

Kommentare

Bild des Benutzers tMobyThin

Ein wirklich guter Einstieg in die neue Serie. Es bleibt zu hoffen, dass der gute Eindruck der Geschichte beibehalten wird. Die Qualität des Schauspielers Sir Patrick Stewart steht außer Zweifel.
Stentor, 28.01.2020

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.