„Running Man“ – Wegrennen vor der Dystopie
Edgar Wright Neuverfilmung des Stephen King-Romans
Wir schreiben es an dieser Stelle immer wieder: Stephen King (im Shop) ist nicht tot zu bekommen. Nach dem Kinofilm „The Long Walk – Todesmarsch“ und der TV-Serie „It – Welcome to Derry“ kommt nun der dritte King-Stoff innerhalb von wenigen Wochen ins Kino, das Remake von „The Running Man“. Bzw. wie Autor und Regisseur Edgar Wright betont: Nicht wirklich ein Remake des 1987er Arnold Schwarzenegger-Actionspektakels vom eher wenig auffällig gewordenen Regisseur Paul Michael Glaser, sondern eine werkgetreue Verfilmung des Romans, den King 1982 unter dem Pseudonym Richard Bachman veröffentlichte (im Shop). Ein Versprechen, das Wright zum Teil auch einlöst, an entscheidenden Stellen dann aber bedauerlicherweise doch nicht.
Zufälligerweise siedelte King seine dystopische Vision im Jahre 2025 an, was angesichts der von einem ehemaligen TV-Star in zunehmend erratischer Weise regierten USA eigentlich ideale Gelegenheit gewesen wäre, das Abdriften des Landes in autokratische Verhältnisse zu thematisieren. Doch Wright, der einst mit komödiantischen Satiren wie „Hot Fuzz“ oder „Shaun of the Dead“ bekannt wurde, aber immer wieder Probleme hat, seine Phantasie im Korsett von Hollywood zu entfalten, wählt einen sicheren, aber auch langweiligeren Weg.
In einer Dystopie von der Stange spielt dieser „Running Man“, die Arbeiterklasse lebt in desolaten Slums, die Elite in glatten Betonbauten, Sozialsysteme scheinen endgültig abgeschafft und so sieht Ben Richards (Glen Powell) nur eine Chance, die dringend benötigte Medizin für seine kleine Tochter aufzutreiben: Er bietet sich beim Network als Kandidat für eine der zahlreichen Spielshows an, mit denen der Pöbel bei Laune gehalten wird. Irgendwie scheint das Network auch Regierung des Landes zu sein, doch Wright hält sich nicht gerne mit Nebensächlichkeiten auf, ein wirkliches Worldbuilding findet nicht statt, was dem Film bald merklich schaden wird.


Zusammen mit zwei anderen Kandidaten wird Richards für die Show Running Man ausgesucht und findet sich bald mit ein paar Tausend New Dollars auf den Straßen einer Metropole wieder. Praktischerweise kennt er jemanden, der ihm falsche Ausweise und Verkleidungen besorgt, eine Person, die bald praktischerweise von den die Running Men bzw. Persons jagenden Huntern gefunden und gefoltert wird, denn wenn Wright sich in eine Sackgasse geschrieben hat, hilft stets der Zufall aus.
Der große Gewinn wartet hier nach 30 Tagen auf einen der Kandidaten, eine viel längere Zeit, die es zu Überleben gilt, als es einst King imaginierte, was es angesichts von allgegenwärtigen Kameras und Handys erst recht unglaubwürdig macht, dass es dieser Version von Richards gelingt, lange zu überleben. Neben dem Zufall wird ihm immer wieder von Rebellen und Revolutionären unter die Arme gegriffen, wobei jedoch viel zu viele Fragen offenbleiben. Kontrolliert das Network das komplette Land? Wie weit reicht die Überwachung ins Private hinein? Etc pp.
Gelegentlich streut Wright pointierte Verweise auf die Gegenwart ein, spielt mit den Möglichkeiten von KI und Fake News, die es möglich machen, Richards selbstgedrehte Videos nach Belieben zu manipulieren. Was dann allerdings wieder die Frage aufwirft, warum sich das Network an anderer Stelle so doof anstellt, aber wie gesagt: Konsequenz und Logik sind nicht Wrights Stärke.
Und leider hat er am Ende dann doch nicht den Mut, das Ende von Kings Roman 1:1 zu adaptieren (das wäre mit seiner Vorwegnahme von 9/11 dann doch ein Ding der Unmöglichkeit gewesen), aber zumindest vergleichbar düster und nihilistisch. Aber das wollte er seinem Publikum dann wohl doch nicht zumuten und verrennt sich dadurch in einer Neuverfilmung, der man lieber das Original vorzieht – oder Variationen des Stoffs wie „Hard Target“ oder „The Hunger Games“.
Abb.: Paramount Pictures Germany
Running Man • USA 2025 • Regie: Edgar Wright • Darsteller: Glen Powell, Josh Brolin, Colman Domingo, Michael Cera • im Kino
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