22. März 2022

„Elex 2“: Sci-Fantasy für Nerds

Die Fortsetzung des Open World-RPGs ist eine echte Wundertüte

Lesezeit: 5 min.

Wer die letzten Wochen Lust auf opulente Open World-Spiele im Sci-Fi-Genre hatte, kam (und kommt) an zwei Spielen nicht vorbei, die sogar beide Fortsetzungen sind. Die Rede ist natürlich von Horizon Forbidden West (das Kollege Tomislav in seinem Review völlig zurecht abgefeiert hat) und Elex 2 aus dem Hause Piranha Bytes. Letzteres hatte im Vorfeld allerdings mit weniger Hype zu rechnen, da Piranha Bytes zwar mit Titeln wie Risen, Gothic oder dem Vorgänger längst als Expertenschmide im Open-World-RPG-Bereich gelten, jedoch alle ihre Spiele immer eher etwas für richtige Intensivzocker sind, die auch mal technische Mängel und ungeschliffene Features zugunsten eines dann aber eben tiefergehenden Genreerlebnisses verzeihen.

Zunächst ist anzumerken, dass Elex 2 tatsächlich ein ganz typisches Piranha Bytes-Spiel geworden ist. Schon technisch merkt man als Konsolero (wir spielten auf PS5) die eigentliche Nähe zum PC als Programmierplattform und die Erzählweise hat trotz großartiger Momente und einem gewohnt konsequenten Einbau von relevanten Entscheidungen und deren Auswirkungen etwas leicht Angestaubtes in der Inszenierung – von den unfassbar schlecht gemachten, extrem puppenhaften Gesichtsanimationen ganz zu schweigen. Aber wegen solcher „Details“ spielt man Elex 2 speziell als Kenner der Materie nicht, sondern man erwartet ein echtes RPG-Abenteuer voller Entdeckungen, Loot, Dialogen und Motivation. Und genau das bekommt man, wie wir nach Abschluss der Kampagne nach rund 50 Stunden (und vielen noch offenen Missionen und Möglichkeiten) konstatieren können.

Aber worum geht es denn eigentlich? Elex 2 setzt mehr oder weniger die Story des Vorgängers fort und lässt uns erneut in die Rolle des Protagonisten Jax schlüpfen. Der muss einige Jahre nach seinem Sieg über den Hybriden wieder Magalan vor einer neuen Bedrohung retten, welche die Macht der Dark Elex entfesselt hat. Dies kann allerdings nur gelingen, wenn Jax die unterschiedlichen Fraktionen von Magalan vereint und um das Ganze persönlich fordernder zu gestalten, will auch noch sein Söhnchen Dax gefunden werden. Das klingt erstmal nicht besonders aufregend, bietet allerdings genug Basisstoff für viel Erkundung und Figuren, die einem in den meist sehr langen Dialogen durchaus ans Herz wachsen. Wobei jedoch gleich gesagt werden muss, dass die Macher – wie offenbar jeder der möglichen Abschlüsse verrät – schon fest Teil 3 im Blick haben und wir somit in jedem Fall mit dem Gefühl einer eher zweckmäßigen Storybrücke zum Finale der Trilogie zurückbleiben. Ein eher unbefriedigendes Gefühl speziell bei den langen Produktionszeiten von RPGs, wie sicher nicht nur wir meinen. Aber Schwamm drüber.

Hat man sich für einen von vier Schwierigkeitsgraden entschieden, geht es ab in eine Spielwelt, die Fantasy und Sci-Fi in bester Manier kombiniert. So trifft man einerseits etwa auf urige Monster und betritt Dörfer, Wälder oder Gebirge, die mit Technik eher nichts zu tun haben; andererseits geht es gerade bei den Waffen, Rüstungen und Gadgets sehr zukünftig zur Sache, was nicht nur optisch viel Abwechslung garantiert. Das Spielgefühl lässt sich in seinem Aufbau grob in zwei Teile sortieren. Während man zu Beginn mit Jax die Welt frei erkundet und dabei sehr oft Lehrgeld gegen viel zu starke Feinde zahlt oder bestimmte Geheimnisse mangels richtiger Ausrüstung oder zu wenig Erfahrungspunkte noch nicht lüften kann, legt die Kampagne im zweiten Teil in Sachen Story zu und haut uns gerne auch mal eine Massenschlacht nach der anderen vor die Flinte.

Dieser Mix markiert einen Reiz des Spiels, denn es passt zu Jax und seiner Mission, sich erstmal sachte durch Magalan zu erkunden, die variablen Biome zu entdecken und sich bei den Kämpfen eher zurückzuhalten, ehe wir später genug Skills (dem sehr ausgefeilten Skilltree sei Dank), Crafts und sonstige Ausrüstung inklusive hochgepowerter Werte haben, um Viechern wie den Ratten, die uns zu Beginn noch zerfleddert haben, nun ordentlich Saures zu verpassen. Dabei gelingt es Piranha Bytes vorzüglich, unseren Entdeckerdrang auch ohne viel Story geschickt anzuheizen und uns entweder mit neuen Monstern oder eben guter Ausrüstung dazu zu bewegen, weiter an uns zu arbeiten. Das ist mit Blick auf die Begegnungen mit riesigen Ungetümen elementar, wobei uns Piranha Bytes nun lieber plötzlich auftauchende, anstatt fest geskriptete Bossmonster vorsetzt.

Wie für ein gutes RPG obligatorisch haben wir im Verlauf unserer Reise auch die Auswahl, einer Fraktion beizutreten, was sich ebenfalls maßgeblich auf Story und Charakterentwicklung auswirkt. Ohne nun zu sehr ins Detail zu gehen, was Berserker, Kleriker, Morkons oder Outlaws angeht – die Entwickler haben es mal wieder verstanden, glaubhafte Gruppierungen mit eigener Motivation und Unterscheidbarkeit zu kreieren, sodass man tatsächlich nur schwer entscheiden kann, zu wem man geht oder ob man überhaupt eine Wahl treffen möchte. Letzteres hängt allerdings auch stets mit besonderen Fähigkeiten zusammen, die uns sonst verborgen bleiben würden.

Eher zweckmäßig fällt jedoch das Kampfsystem aus, das zwar mit Dynamik und viel Freiheit bei der Wahl aus Nah-, Fern- und Deckungskampf bietet, aber bei aller Action nicht so wirklich begeistern kann. Hier konnte man sich offenbar nicht ganz für einen klaren Fokus auf Geschmeidigkeit, Taktik oder Disziplin einigen, sodass die Gefechte zunehmend marginal in ihrer Mechanik wirken.

Was wir wiederum noch als echte Stärke benennen wollen, ist der Jetpack! Ja, richtig gelesen. Mittels dieses Gadgets kann sich Jax tatsächlich wie Iron Man in die Lüfte schwingen und durch die riesige Welt düsen. Während der Treibstoff zu Beginn noch rationiert werden muss, steigern wir im Verlauf des Abenteuers dessen Kapazität und dürfen gegen Ende sogar ohne jede Restriktion reisen. Wer auch hier das Haar in der Suppe suchen will, bemerkt erneut die nicht ganz taufrische Grafik und dazu, dass es sich etwas fummelig anfühlen kann, das Jetpack in den Gefechten einzusetzen. Dennoch ein echtes Plus der Kampagne.

Man könnte noch so viel über Elex 2 sagen – positiv wie negativ. Etwa über die epischen Dialoge, deren Skripts aber arg schwanken können oder über unsere sympathischen Begleiter, von denen uns jeweils eine oder einer begleitet (Romanzen durchaus möglich). Was aber als Fazit unbedingt stehen sollte, ist, dass Piranha Bytes mit Elex 2 ein tolles Open World-RPG gelungen ist, dessen Teile man zwar kritisieren kann, das sich aber als Ganzes sehr angenehm anfühlt, total motiviert und dank der glaubhaften Spielwelt und seiner Charaktere ein tolles Erlebnis bietet. Allein die Vielfalt an Herangehensweisen in den Missionen und das Jetpack müssen jedem RPGler das Herz aufgehen lassen. Liebe Programmierer, bitte jetzt aber schnell an Teil 3 ran!

Elex 2 ist seit Anfang März für Konsole und PC zum Preis von ca. 50 Euro erhältlich.

Fazit

Keine Revolution, aber Open World- und RPG-Feeling stimmen, sodass Fans von Sci-Fi und Fantasy unbedingt zugreifen sollten – viel Zeit und Augenzudrücken an mancher Stelle vorausgesetzt.

Elex 2 • Piranha Bytes • Open World-RPG • PS4/PS5/Xbox One/Xbox Series X/PC

Abb. © THQ Nordic

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