Möge die Nostalgie mit dir sein
„Star Wars Jedi Knight II: Jedi Outcast“: Vielseitig, frustrierend und immer noch Klassenbester
Die Klinge eines Lichtschwerts hat keine Seiten, sie ist nicht ein- oder zweischneidig, sie ist äußerst elegant, aber schwer zu führen, durch die stets inhärente Gefahr des Strahls und äußerst ungewohnt durch den leichten Griff und gewichtslose Schneide. Und hiermit wäre auch das neue Remaster des Star-Wars-Überklassikers „Jedi Knight II: Jedi Outcast“, das seit dem 24. September 2019 für Playstation 4 und Nintendo Switch erhältlich ist, in einer Analogie zusammengefasst.
Das 2002 von Raven Software (früher hinter Shooter-Klassikern wie „Quake 4“, oder „Soldier of Fortune“, heute als Assistantstudio hinter den meisten „Call of Duty“-Titeln) entwickelte Videospiel war ein offizieller Nachfolger der Egoshooters „Jedi Knight: Dark Forces II“ – was wiederum ein Nachfolger des hierzulande immer noch indizierten „Star Wars: Dark Forces“ ist – und wird im Volksmund unter Gamern der alten Schule immer noch voll Ehrfurcht geflüstert, wenn es um die ganz großen „Krieg der Sterne“-Games geht. In den letzten Jahren war es äußerst still um ernsthafte Gamingerfahrungen der Star-Wars-Marke geworden, nämlich seit Electronic Arts „Macht“-Ergreifung 2013, als EA die alleinige Lizenz seitens Disney erhielt. Neben der Einstampfung diverser vielversprechender Titel wie „Star Wars 1313“ machten EAs wenige Star-Wars-relevante Veröffentlichungen eher Schlagzeilen durch ihre fragwürdigen Praktiken, wie das Lootbox-System bei „Star Wars: Battlefront“, als durch fantastische Spielerfahrungen. Und mit dem ersten großen Anwärter, „Star Wars: Jedi – Fallen Order“ im November, ist die Zeit gekommen, dass Großvater noch einmal zeigt, wie es in der alten Schule zuging.

In „Jedi Knight II“ schlüpfen wir in die Rolle des Söldners und ehemaligen Jedis Kyle Katarn, der nach altem Kanon bereits für den Diebstahl der Todessternpläne zuständig war, der nach der vermeintlichen Entführung und Ermordung seiner Partnerin und Lebensgefährtin Jan Ors – durch den dunklen Jedi Desann – Rache schwört und erneut Luke Skywalkers Jedi Akademie auf dem Mondplaneten Yavin IV besucht. Bevor es uns aber auf den Waldmond verschlägt und wir endlich in den Besitz des begehrten Allesschneiders kommen, müssen wir uns nach alter Egoshooter-Manier durch Horden von Sturmtrupplern auf einer Basis und einer Miene kämpfen und dabei oft durch weitläufige, halboffene Levels von A nach B rennen und diverse farbige Schalter und Rätsel zu lösen. Dabei erweitern wir unser Arsenal immer weiter und haben mit kleineren Schießpassagen in Geschützen, mobilen Gefährten oder Droidenrätseln interessante Abwechslung. Selbst wenn das Shootergefühl und der Schwierigkeitsgrad nach heutigen Maßstäben hart erscheinen mögen und das Leveldesign je nach Blickpunkt altbacken (man beachte die häufig verschlossenen Türen, die zu findende Keycards benötigen), so kann man dem Spiel selbst bei erfolgreichem Verlauf eine äußerst ordentliche Spielzeit von bis zu 16 Stunden nicht absprechen. Und selbst wenn es so manchem Spieler albern erscheinen könnte, Backtracking zu implementieren, so gibt es in den Levels viele Geheimnisse und Ecken zu entdecken, sowie für damalige Verhältnisse äußerst liebevolles Design, das sich auch wirklich eindeutig nach „Star Wars“ anfühlt, während wir überall blinkende Konsolen, grunzende Gonk-Droiden oder in Glas gefasste Tiefighter-Ausrüstung vorfinden. Wenn es uns dann endlich nach dem äußerst beschwerlichen ersten Drittel zu Lukes Akademie verschlägt, beginnt auch der große Spaß von dem die ganzen alten Leute ehrfürchtig sprechen.

Luke (im Deutschen übrigens getreu von Mark-Hamill-Synchronstimme Hans-Georg Panczak gesprochen) unterrichtet Kyle in Form diverser Machtpuzzle in den stufenweise pro Level steigenden Machtfähigkeiten wie des Schubs, Machtblitzes, Griffs, Geschwindigkeit oder Gedankentricks. Nach Abschluss der Prüfungen erhalten wir unser blaues Lichtschwert – das sich per enthaltener Cheat-Codes – ebenfalls ein vermisstes, schrulliges Archaikum alter Schule – grün, pink, gelb oder rot färben lässt. Wir behalten unser zuvor errungenes Waffenarsenal, von welchem auch weiterhin Gebrauch gemacht werden sollte, aber die bevorzugte Waffe bleibt das vielseitige Lichtschwert. Wenn wir uns dann an Wänden entlang oder rückwärts durch die Luft wirbeln, sind die kummervollen Stunden zuvor wie weggeblasen. Was aber auf keinen Fall heißt, dass das Spiel an Schwierigkeit einbüßt. Zu den großen Highlights gehören die Kämpfe gegen dunkle Jedi, die selbst nach heutigen Maßstäben mitunter spektakulär sein können. Denn kaum ein Spiel nebst „The Force Unleashed“ und der „Jedi Knight“-Reihe hat bis heute diese Verbissenheit spürbar machen können, wenn zwei Lichtschwerter aufeinander treffen, sich verkanten und nur noch ein maschinengewehrartiges Feuern der Tasten den Sieg bringt. Wenn der geneigte Spieler unter uns dann auch noch hinter das äußerst tiefe Kampfsystem hinter dem Lichtschwert blickt – das einem leider zu keinem Zeitpunkt im Spiel oder im alten Handbuch erklärt wird, neben den drei Stilen (blau für schnell und leicht, gelb für einen ausgewogenen und rot für einen schadenfreudigen und langsamen Stil) – bleibt eigentlich nur noch Grund zur Freude.
Für viel Frust können die bockschweren Passagen auf Nar Shadaa, voller auf der Lauer liegenden Snipern, sowie das manchmal unüberblickliche Leveldesign sorgen, neben der hakeligen Steuerung und den seltsam programmierten Trefferzonen der Gegner. Gerade bei Sprungpassagen gilt es häufig an kleinen Kanten vorbei zu springen, die einen Dank Hitdetection jedoch plötzlich meilenweit in einen Abgrund feuern können. Daher gilt: vorher unbedingt speichern. Wenn Spieler der alten Schule sagen, dass heutige Gamer mit steten Checkpoints und leichten Schwierigkeitsgraden verhätschelt werden, so trifft das zumindest im Falle des „Jedi Knight IIs“ eindeutig zu. Und die vorher noch erwähnten Trefferzonen der Gegner werden zum Haareraufer, wenn die ungenaue Steuerung an der Konsole für erhöhten Frust sorgt und man zum fünfzehnten Mal einen großen Raum voller Gegner zu überwinden versucht, und dann eventuell auch noch vergaß, zu speichern. Ein Problem, das mit dem damals eingängigen Quicksave und der ursprünglich angedachten Maus-und-Tastatur-Steuerung von 2002 kein großes gewesen wäre.

Wie das eingangs erwähnte Lichtschwert werden Spieler ein völlig unterschiedliches Verständnis und Gefühl von „Jedi Knight II: Jedi Outcast“ entwickeln. Der knüppelharte Schwierigkeitsgrad und das dadurch gefühlt lang gezogene erste Drittel bis zum Erhalt der begehrten Leuchtklinge werden viele Spieler in den Wahnsinn treiben oder gar zum Aufgeben zwingen. Während ebenso das altbackene Leveldesign für Frust sorgen kann, ist es für andere ein angenehm frischer Wind neben der gigantischen Flut an Open-World-Spielen, die durch endlose Weiten und eine Vielzahl wiederkehrender gleicher Quests die Spielzeit in ebenso endlose Weiten strecken. Einig sein sollten sich aber alle über die fabelhafte Inszenierung und des Feelings sein, das in solcher Intensität selten in einem Star-Wars-Spiel erreicht wurde, wenn in frenetischen Momenten der immer im Spiel präsente Soundtrack Johns Williams’ aus den Boxen dröhnt, oder der nächste dunkle Jedi hinter einer Ecke auf das blaue Lichtschwert Kyle Katarns wartet. Und trotz aller – vielleicht fälschlicher – Nostalgie ist „Jedi Knight II“ immer noch einer der besten „Star Wars“-Lizenztitel, voller Herzblut und Leidenschaft. Und der für gerade mal läppische €9,99 in den digitalen Stores von Nintendo und der Playstation 4 erhältlich ist. Anfang 2020 soll dann auch noch mit „Jedi Knight: Jedi Academy“ der dritte Teil der Reihe erscheinen. Samt zusätzlichem Multiplayer-Part, der leider beim „Jedi Knight II“-Remaster wegfallen musste.
Abb. © Lucasfilm, Aspyr Media
Star Wars: Jedi Knight II: Jedi Outcast • Lucasfilm, Aspyr Media • Shooter/Action-Adventure • Playstation 4, Nintendo Switch
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