22. Dezember 2016 3 Likes

Gut geklaut ist nicht nur halb gewonnen – Ich liebe Star-Wars-Ripoffs! (Teil 1)

„Star Crash – Sterne im Duell“

Lesezeit: 7 min.

Gleich vorweg: Packt die Mistgabeln wieder ein und stellt das Teerfass zurück in die Garage, hier schreibt einer von euch. „Star Wars“ ist natürlich super. Auch ich fühl mich wieder 25 Kilo leichter und um einiges behaarter am Kopf, wenn John Williams ikonische Musik durch die Boxen scheppert und die Laufschrift über den Bildschirm krabbelt. Und ja, die beiden Sequels sind natürlich ebenso toll und ich hab so manche Abende bei hitzigen Diskussionen in der Kneipe verbracht, in denen mit größtmöglicher Leidenschaft der Frage auf den Grund gegangen wurde, welcher des Dreierpacks denn nun am besten ist. Soweit, so gut.

ABER: Wenn man mal ganz, ganz, ganz ehrlich ist, mal so richtig tief in sein Herz hineinschaut, war die gloriose Rückkehr der Franchise ab 1999 doch eine ziemlich derbe Enttäuschung, die einzig und allein dank der langen Abstinenz, den damit verbundenen, längst in andere Dimensionen angewachsene Erwartungshaltungen und vor allem dem unbedingten Wunsch, dass doch bitte wieder der Zauber alter Tage, als man noch mit großen Kinderaugen auf die Leinwand starrte, wieder durch das Lichtspielhaus wehen möge, massig Taler in die weltweiten Klingelbeutel spülte. Sicher, man kann George Lucas zu Gute halten, dass er nicht einfach nur Altes wieder aufwärmte, sondern offenbar bemüht war, sein Sternenkriegsuniversum mit neuen Ideen kräftig auszubauen, aber die Defizite liegen klar auf der Hand: Die digitalen Bilder wirken leblos, die Drehbücher oftmals konfus und die Dialogszenen – Schauspielerführung war ohnehin noch nie Lucas Stärke – fühlen sich an wie aus einer ARD-Vorabendsoap. Hier sollte großes, gewichtiges Kino erschaffen werden, aber offenbar fehlte Lucas mittlerweile der notwendige Abstand zu seinem eigenen Werk, der klare Blick auf seine eigenen Fähigkeiten (zwischen „Krieg der Sterne“ und „Star Wars Episode 1: Die dunkle Bedrohung“ blieb der Regie-Sessel immerhin satte 22 Jahre leer).

2012 wurde Lucasfilm an Disney verkauft und was dann kam, wunderte niemanden, der die letzten Jahrzehnte nicht unter einem gigantischen Felsbrocken vom Ausmaß eines Todessterns gelebt hat: Der Mäusekonzern wollte Mäuse, ganz, ganz, ganz viel Mäuse und so wurde schon bald nach dem Eigentümerwechsel eine neue Trilogie inklusive Spin-offs angekündigt.

„Star Wars: Das Erwachen der Macht“ läutete 2015, begleitet von einem wirklich atemberaubenden, sensationell aggressiven Marketing-Tsunami, die große Sternenkriegsoffensive ein. Der Film wurde mit einem Einspiel von über zwei Milliarde Dollar wie erwartet ein gigantischer Erfolg, Fans wie Kritiker waren überwiegend zufrieden, denn es war angeblich endlich wieder alles genau „wie damals“. Aber exakt das ist auch die Krux: Sicher, J.J. Abrams ist ein besserer Regisseur als Lucas, der siebte Teil des Epos hat schicke Bilder, aber während man Lucas, wie gesagt, immerhin noch bis zu einem gewissen Grad zumindestens einen Willen zur Weiterentwicklung attestieren kann, bügelte Abrams seinen Film so dermaßen darauf hin, auch wirklich jede, zumeist in tiefste Nostalgie getunkte Erwartung der weltweiten Fanlegionen zu befriedigen, dass während dem Schauen schnell der Verdacht hochkommt, dass „Das Erwachen der Macht“ von einem Automaten fabriziert wurde, dass das ein von öligen Managern an der Flipchart entworfenes Produkt ist, das uns auf smarte Weise – unterstützt von einem 350-Millionen-Dollar-Marketing-Budget – letztendlich nur weismacht, es sei gut (es ist auch mehr als bezeichnend, dass Disney-Chef Bob Iger in einer Mitteilung für den sagenhaften Erfolg das Marketing und nicht die Qualität des Films verantwortlich machte). 

Nun ja. Ich weiß natürlich, dass ich mit meinen Zeilen auf verlorenen Posten stehe und wenn dieser Artikel veröffentlicht wird, läuft bereits „Rogue One: A Star Wars Story“ in den Kinos, der sicherlich auch wieder für helles Entzücken sorgen, auf jeden Fall aber die Kassen rattern lassen wird. Vielleicht dieses Mal sogar ein bisschen zu Recht, wer weiß, aber selbst wenn, der ursprüngliche Zauber ist dahin, die Magie von Lucas’ mit viel Enthusiasmus zusammen gebasteltem Märchen wird sich innerhalb  einer Multimillionen-Dollar-Maschinerie wohl kaum mehr reproduzieren lassen und schon gar nicht unter dem Disney-Banner.

Dazu kommt noch: Vor ein paar Wochen hat der Konzern angekündigt, dass nicht nur die bereits angekündigten Projekte kommen, sondern dass es, jedes Jahr, solange neue „Star Wars“-Filme geben wird, wie diese Geld abwerfe. Schade, dass die geliebte Serie so brutal zu Schanden geritten wird – früher konnte man Reisen in eine weit, weit entfernten Galaxie nicht so häufig buchen, was sie allein deswegen zu etwas Besonderen machte, nichts löst schneller Langeweile aus als Routine.


Star Crash

Es mag nun vermessen, ja regelrecht irre erscheinen, im Folgenden als Gegengift zu diesem Geldstaubsauger ausgerechnet ein paar Titel zu empfehlen, die jeder seriöse Filmliebhaber normalerweise nicht mit der Kneifzange anfassen würde. Die Rede ist von den berüchtigten Star-Wars-Ripoffs, die ab den späten 70er-Jahren nach dem Erscheinen von Lucas Initialzündung die Kinos fluteten, aber einige dieser Auswürfe delierender Filmkunst haben nicht ohne Grund in den letzten Jahren so manche Fans gewonnen und wirken gerade zum jetzigen Zeitpunkt, im Anblick der zu erwartenden Fließband-Tristesse, noch reizvoller.

Wobei „Ripoff“ eigentlich fast schon zu negativ ist: Natürlich wurden viele dieser Spaßbomben einzig und allein zu dem Zweck gedreht vom lucaschen Kuchen noch ein paar Krümmel abzustauben, klar, aber einige Regisseure ließen es sich trotzdem nicht nehmen die Dinge auf ureigne Weise anzugehen. Wieso auch nicht? Es standen schließlich keine hunderte von Millionen Dollar auf dem Spiel.

Natürlich, inhaltlich ist das alles oft sehr rumpelig und formal köchelt man gerne auf Sparflamme, aber – und hier möchte ich an meine Review zu „Sternenkrieg im Weltall“ anknüpfen – „teuer“ ist nicht alles, oftmals zählt die Attitüde mehr und dieses oftmals vorzufindende fröhliche, unbedarfte Fabulieren vom Übermorgen, dieses trotz kleiner Mittel Großes bewirken wollen, kann durchaus mehr Science-Fiction sein, als das planmäßige Bedienen irgendwelcher Retro-Gefühle.

Im Folgenden werden ich also versuchen diverse Meisterwerke der anderen Art schmackhaft zu machen und um das Lesevergnügen meiner Rundreise etwas komfortabler zu gestalten, wird es – ganz in bester „Star Wars“-Tradition – zu diesem Text auch Sequels geben.

*

Star Crash – Sterne im Duell • Italien 1978 • Regie: Luigi Cozzi • Darsteller: Marjoe Gortner, Caroline Munro, Christopher Plummer, David Hasselhoff, Joe Spinell

Regisseur Luigi Cozzi, von dem auch der tolle „Alien“-Clone „Astaron-Brut des Schreckens“ (1980 - mit Traumschiff-Kapitän Siegfried Rauch!) stammt, hatte mal in einem Interview beteuert, dass das Projekt „Star Crash“ schon vor der Veröffentlichung von „Star Wars“ entwickelt wurde und der Film eben kein Ripoff ist. Das kann stimmen oder auch nicht, Ähnlichkeiten sind einfach nicht von der Hand zu weisen, aber genauso wenig lässt sich eine gewisse Eigenständigkeit leugnen, was sich vor allem in dem flippigen, krachbunten Design des Films bemerkbar macht. Man möchte direkt meinen, dass Cozzi in Wirklichkeit keinen Film, sondern eine Pop-art-Installation in bester warholscher Tradition im Sinne hatte oder vielleicht auch in einem Anfall von Größenwahn Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ (1968) zeigen wollte, wer hier den größeren Schwengel hat: Nahezu jede Szene wird mit kostengünstigen Spezialeffekten zugeballert: Rückprojektionen, Doppelbelichtungen, Stop-Motion, drolligste Miniaturmodelle… der Zauberkasten des Regisseurs lässt einen in Ehrfurcht erstarren! Muss da noch erwähnt werden, dass die komplette Besetzung in den abenteuerlichsten Fetisch-Fummeln der Galaxie durch die Kulissen turnt? Und wie unglaublich bunt das alles ist! Unfassbar. Ehrlich, ich bin mir ziemlich sicher, dass das echte Weltall gerne so aussehen würde, wie das kunterbunt funkelnde Diskokugel-Universum von „Star Crash“.

Das bei solch einem psychedelischen Freudenfest, das überraschenderweise vom legendären James-Bond-Komponisten John Barry musikalisch untermalt wurde, die Handlung natürlich nicht mehr sonderlich von Belang ist, überrascht nicht unbedingt. Der Vollständigkeit halber trotzdem noch der Plot, auch weil der wunderbare Strauß von Darstellern unbedingt noch erwähnt werden muss: Der böse Count Zarth Arn (allerbestens mit Joe Spinell besetzt, der sich zwei Jahr später mit William Lustigs Horror-Evergreen „Maniac“ für alle Ewigkeit in die Filmgeschichte einschreiben sollte) will sich nicht weniger als das komplette Universum Untertan machen. Um das zu verhindern schickt der galaktische Imperator (gespielt vom, man glaubt es kaum, Oscar-prämierten Schauspieltitan Christopher Plummer!) ein Aufklärungsschiff, das aber einem Kräftefeld ausgesetzt wird und seitdem als verschollen gilt. Problem: Unter der Besetzung befand sich auch der Sohnemann des Imperators und der wird von keinem Geringeren dargestellt als von David Hasselhoff (!!!). Logisch, dass da unbedingt eine Mission gestartet werden muss, die Hasselhoff wieder nach Hause bringen und außerdem das ganze Weltall retten soll. Die Eingreiftruppe besteht aus – allein der Name, man wird sofort wieder 12 Jahre alt – Stella Star (gespielt von der atemberaubenden Caroline Munro, die zwei Jahre später im erwähnten „Maniac“ weitere Probleme mit Joe Spinell kriegen wird), dem Schmuggler Acton (Marjoe Gortner, ein Mann, dessen Geschichte so gaga ist, dass ich hier der Einfachheit halber mal zur Wikipedia verweise, man würde es mir ja sowieso nicht glauben) und dem Polizeiroboter Elle (Judd Hamilton, damals Ehemann von Caroline Munro und zwei Jahre später Produzent von, richtig, „Maniac“). Unser wirklich süßes Heldentrio, man hat in der Geschichte des Kinos wirklich selten ein Heldendreierpack gesehen, dessen Verhältnis untereinander so dermaßen von aufrichtiger Zuneigung und Respekt geprägt ist, saust also durchs All, erlebt allerhand Abenteuer, haut zum Schluss erwartungsgemäß dem Böswatz auf die Finger und lässt Zuschauer, die es geschafft haben, sich diesem hemmungslosen Spielplatz bedingungslos auszuliefern, mit einem zufriedenen, 23,5cm breiten Grinsen zurück.

*

Weiter geht’s nach der Werbung…

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.