19. März 2021 2 Likes

„Der letzte echte Kuss“ von James Crumley

Ein Krimi-Geniestreich von einem Autor, den selbst Ray Bradbury verehrte

Lesezeit: 2 min.

Fantastik und Krimi liegen oft nahe beieinander – viele prägende Science-Fiction-Autoren der Magazin-Ära schrieben auch Kriminalliteratur, und gerade erst hat Stephen King mit „Später“ (im Shop) einen neuen „Hard Case Crime“-Roman veröffentlicht, welcher der pulpigen Tradition des amerikanischen Krimis huldigt. Diesen prägte nicht zuletzt James Crumley (1939–2008), dessen Ruhm als einflussreicher Genre-Meister sich jedoch erst posthum festigte.

Crumley war eine Art böser, dreckiger Chandler (dessen Schaffen ihn erst zum Schreiben von Krimis brachte), was Crumley nicht davon abgehalten hat, regelmäßig Dialoge und Sätze für die Ewigkeit rauszuhauen. Dennis Lehane, Michael Connelly, Jason Starr und Ian Rankin feiern ihn bis heute, und selbst Ray Bradbury war ein Bewunderer: Bradbury schrieb bekanntlich nicht nur Science-Fiction und Horror, sondern auch viele Krimis. Am Anfang seiner Karriere als Magazin-Autor genauso wie etwa 1985, als er den Roman „Der Tod ist ein einsames Geschäft“ vorlegte. Letzteren spickte Bradbury mit Erinnerungen an seine Zeit als junger Autor in Los Angeles zwischen 1942 und 1952, kurz bevor er „Die Mars-Chroniken“ anstoßen sollte. Eine Figur des Romans, den Ermittler Elmo Crumley, benannte Bradbury außerdem nach James Crumley. Ja, so gut war dieser Autor.

Umso schöner, dass bei Kampa nun „Der letzte echte Kuss“ in einer hübschen Taschenbuchausgabe neu aufgelegt wurde, Crumleys erster Roman um Privatdetektiv Chauncey Wayne Sughrue aus dem Jahre 1978. Klar, nicht alle Passagen sind ist aus heutiger Sicht politisch korrekt, trotzdem begeistert dieser Hardboiled-Roman, und zwar keineswegs bloß Bewunderer von Chandler und Spillane. Sughrue ist eine komplexe Figur, wie schon dieser erste Band klarmacht, und eine Projektion von Crumley selbst, dem „studierten Hinterwäldler“. In „The Last Good Kiss“ verfolgt Sughrue erst einen versoffenen Schriftsteller durch Bars und Bundesstaaten und findet sogar eine biertrinkende Dogge, ehe die drei teils gemeinsam nach einer seit zehn Jahren verschwundenen Schönheit in San Francisco suchen. Der Beginn einer pulpigen Odyssee, die so ziemlich alles hat, was man sich als Fan guter Krimis dieser Art wünscht. Nur, dass es bei Crumley bereits 1978 immer etwas krasser, lustiger, böser, romantischer, zynischer und hochwertiger gewesen ist.

James Crumley: Der letzte echte Kuss (Der erste Fall für Sughrue) • Kampa, Zürich 2021 • 333 Seiten • Taschenbuch: 12 Euro

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.