11. Februar 2018

Fruchtbare Ruinen

Zwei SF-Romane bei Arctis

Lesezeit: 2 min.

Den 1971 in Stockholm geborenen Jerker Virdborg kennt man hierzulande u. a. für die Romane „Eis“ (2005) und „Felsland“ (2010). Bei Arctis erschien nun sein neuestes Werk „Sommer, Schwester“ in der Übersetzung von Wolfgang Butt auf Deutsch, das eindeutige Science-Fiction-Vibes aussendet. In Virdborgs Buch wurde Schweden schließlich vom Krieg verwüstet – jetzt herrschen endzeitliche bis postapokalyptische Verhältnisse, und jeder Fremde, der einem begegnet, ist in erster Linie eine Gefahr und ein Feind. Die ungleichen Geschwister Anna und Erik schlagen sich durch dieses raue neue Schweden: Er ein sensibler, etwas seltsamer Junge und dennoch aufmerksamer Ich-Erzähler, dem der brutale Überlebenskampf in der gnadenlosen Wildnis und den grausamen Resten der Zivilisation schwer fällt; sie eine ausgebildete Elitesoldatin und Scharfschützin, die für das Überleben alles tut. Virdborg wird nicht zum schwedischen Cormac McCarthy, aber „Sommer, Schwester“ bietet sicher eine interessante Alternative für Fans von Survival-Thrillern mit vage postapokalyptischem Hintergrund. An „Wolf Road“ von Beth Lewis, der hauseigenen Konkurrenz im Arctis-Programm, kommt die skandinavische Variante allerdings nicht vorbei.

Apropos. Beim relativ jungen Imprint des Atrium Verlags kam gerade noch Carrie Vaughns Roman „Die Banner von Haven“ heraus. Die Amerikanerin machte vor allem mit ihrer Urban-Fantasy-Serie „Midnight Hour“ von sich reden, überdies steuerte sie in jüngerer Vergangenheit eine Erzählung zum langlebigen „Wild Cards“-Universum von George R. R. Martin (im Shop) bei und erhielt für ihre Kurzgeschichten mehrere Hugo-Nominierungen. „Die Banner von Haven“ präsentiert sich als Einzelroman – und als gute postapokalyptische Dystopie über eine entschleunigte Welt, in der nur noch wenige Solarautos fahren, kleine Gemeinschaften einfache ländliche Leben ermöglichen und das Kinderkriegen ein Privileg ist, das man sich mitsamt des symbolischen Banners fürs Haus verdienen muss. In dieser durchgeschüttelten Welt nach den großen Stürmen ermittelt die junge Gesetzeshüterin Enid im Fall eines toten Einzelgängers, und daraus entwickelt sich natürlich einiges mehr. Vielleicht nicht ganz auf dem messerscharfen Niveau von Margaret Atwood, trotzdem um Längen besser als viele der romantisch ausgerichteten Weichspüler-Dystopien der letzten Jahre.

Jerker Virdborg: Sommer, Schwester • Arctis, Zürich 2018 • 380 Seiten • Hardcover: 22,00 Euro

Carrie Vaughn: Die Banner von Haven • Arctis, Zürich 2018 • 297 Seiten • Paperback: 18,00 Euro

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