4. Juli 2021 1 Likes

Kapitalismus-Kritik in Space: „Shangri-La“

Eine beeindruckende Comic-Dystopie von Mathieu Bablet

Lesezeit: 2 min.

In der Zukunft ist die Erde unbewohnbar geworden, die Menschheit lebt auf einer riesigen Raumstation im All. Der Konzerngigant Tianzhu treibt das Hamsterrad des Kapitalismus mit immer neuen, angeblich unverzichtbaren Tech-Gadgets an, für die der Lohn der arbeitenden Leute in der Station draufgeht. Neben den Menschen gibt es noch Animoiden, genetisch veränderte und vermenschlichte Tiere, denen viele jedoch mit Rassismus und Gewalt begegnen. Nur wenige Menschen begehren indes gegen das etablierte, funktionierende System auf, ein Großteil scheint mit dem Hamsterrad, dem Blenden und dem Nichtnachdenken zufrieden. Auch Scott will nicht am Status quo rütteln, obwohl er für die Entscheider von Tianzhu gefährliche Einsätze im All durchführt und eine große Gefahr für alle abwehren soll, die mit der Erschaffung einer neuen Lebensform in der Ebene von Shangri-La auf dem terrageformten Saturnmond Titan zu tun hat …

Der 1987 geborene Franzose Mathieu Bablet legt mit „Shangri-La“ ein beeindruckendes Zukunfts-Epos in Form eines über 200 Seiten dicken Comic-Albums vor: Eine futuristische Space-Dystopie, die den Finger in viele Wunden unserer Zeit und Wirklichkeit legt, angefangen beim Update-Wahn in puncto Smartphones, der duseligen Schafmentalität, der Manipulation der öffentlichen Wahrnehmung oder der Arroganz gegenüber nichtmenschlichem Leben. Umgesetzt hat Bablet seine kritische, nichtsdestoweniger unterhaltsame Geschichte in einem Zeichenstil, der ein wenig an den Kanadier Riley Rossmo erinnert; und in klug zum Einsatz gebrachten Farbschemata, die den verschiedenen Sektionen der Raumstation, dem All und einem fernen Planeten zugeordnet sind. Mathieu Bablets „Shangri-La“ ist richtig starke und gut durchdachte Science-Fiction – und, ironischerweise, wahrscheinlich der SF-Comic, von dem man es am meisten bereuen würde, sollte man ihn in diesem Sommer verpassen.

Mathieu Bablet: Shangri-La • Splitter, Bielefeld 2021 • 224 Seiten • Hardcover: 39,80 Euro

 

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.