Was von der Menschheit übrig blieb
Die Postapokalypse als Nachbarschaftsdrama
Bereits gestern Abend sind im US-Fernsehen auf einen Schlag 140 Millionen Menschen von Antlitz der Erde verschwunden. Ohne Vorankündigung, außerirdische Invasion oder sonst einen Special-Effects-Schnickschnack. Ort dessen, was vielleicht die biblische Apokalypse gewesen ist, vielleicht aber auch nicht, war der Bezahlsender HBO, für den sich „Lost“-Schöpfer Damon Lindelof an die Umsetzung von The Leftovers machte, mit dem Tom Perrotta zumindest in den USA einen Bestseller landen konnte.
Dessen Set-Up ist freilich auch das, was der Amerikaner „intriguing“ nennt und wöchentlich von fundamentalistisch christlichen Rechstauslegern vorgebetet bekommt. Denn nachdem hier ganze zwei Prozent der Menschheit sich förmlich in Luft aufgelöst haben, beginnt quasi das irdische Fegefeuer. Angetrieben von der Frage: „Warum nicht ich?“ ist die Menschheit drei Jahre nach dem Ereignis tief gespalten in fatalistische Weltuntergangsgläubige, enttäuschte Christen, sich neu formierende Religionsfanatiker und schlicht trauernde Hinterbliebene. Zwischenmenschliche Dramen, vor allem aber der Umgang mit Verlust stehen im Mittelpunkt des Romans. Was auch die auf ihm basierende Serie nicht gerade zum leicht konsumierbaren Crowdpleaser werden lässt.
Im Gegenteil: Lindelof und sein Team um Hautdarsteller Justin Theroux nehmen sich viel Zeit für die Etablierung ihrer Figuren und das Erlebbar machen des Verlustschmerzes. Aber er wäre nicht der Macher von Lost, würde er die Frage nach den Hintergründen der sogenannten „Rapture“ nicht stets aufs Neue befeuern und so auch die „Mystery“ im Hintergrund am Köcheln halten. Bis dato also eine Art Six Fee Under meets Lost – allerdings ohne Actionpassagen oder allzu viel Humor. Vor allem aber allein des Hypes wegen das TV-Ereignis der Sommermonate, das es bei uns ab heute bereits einen Tag nach US-Ausstrahlung auf Sky Go zu sehen geben wird. Für die Synchronfassung müssen sich Sky-Abnonnenten allerdings noch bis Oktober gedulden.
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