4. Oktober 2017 1 Likes

Willkommen im Spiegel-Universum

Cixin Liu wirft mit seiner Novelle „Spiegel“ einen faszinierenden Blick in die Zukunft Chinas

Lesezeit: 2 min.

Wie erschafft man eine Welt? Zur Beantwortung dieser Frage wurde die Science-Fiction erfunden, und sie ist nach wie vor eine der kreativen Haupttriebkräfte, neue Universen, Welten und Gesellschaften zu entwerfen. Dieser Frage geht auch der chinesische Starautor Cixin Liu in seiner Novelle „Spiegel“ (im Shop) nach – und zeigt hier, dass er auch ein Meister der Kurzprosa ist.

Cixin Liu: SpiegelSein Weltentwurf einer nahezu perfekten Wirklichkeitssimulation ist dabei zwar näher an der chinesischen Gegenwartskultur als etwa die Welt in „Die drei Sonnen“ (im Shop), aber auch hier zeigt sich, dass Liu in seinem Erzählen nationale und kulturelle Grenzen hinter sich lässt, wie er in seinem Interview mit diezukunft.de bereits erklärte:

„Es gibt ein bedeutsames Foto, das vor einigen Jahren gemacht wurde. Darauf sieht man die ganze Erde als blau leuchtenden Himmelskörper – ein ‚blasser blauer Punkt‘. So ist auch der Blick eines Science-Fiction-Autors: Für ihn gibt es letztlich keine Distanzen auf der Erde.“

Cixin Liu, 1963 geboren, ist heute einer der wichtigsten chinesischen Autoren der Science-Fiction. Der Softwareingenieur begann bereits in den 1990er-Jahren, Science-Fiction-Kurzgeschichten zu veröffentlichen. 1999 gewann er seinen ersten Galaxy Award, die chinesische Version des renommierten Hugo Gernsback Award; weitere sollten folgen. Mittlerweile wird Cixin Liu von vielen als das Gesicht der noch jungen chinesischen Science-Fiction angesehen.

Die Novelle „Spiegel“ wurde 2004 auf Chinesisch veröffentlicht und gewann noch im selben Jahr den Galaxy Award. In dieser Novelle scheinen bereits einige der zentralen Motive und Fragestellungen auf, die Liu in seiner Literatur erforscht und verarbeitet.

Cixin Liu
Cixin Liu

Als er 2016 in Deutschland zu Besuch war, erzählte Cixin Liu bei der Präsentation der deutschen Ausgabe von „Die drei Sonnen“ im Konfuzius-Institut Frankfurt ein Gleichnis über dieses kosmische Verhältnis zwischen Mensch und Universum.

Man stelle sich vor, so begann Liu, das Universum sei eine Stadt. In dieser Stadt gibt es ein großes Haus, das ist unsere Milchstraße. Unser Sonnensystem ist eine Dachkammer oben im Haus. Ganz hinten in dieser Dachkammer steht nun ein Schrank, und dieser Schrank ist die Erde. Thema der Unterhaltungsliteratur aller Kulturen und aller Zeitalter ist es, darüber zu schreiben, was wir in diesem Schrank erleben und miteinander anstellen. Einzig die Science-Fiction wagt es, die Schranktür zu öffnen, durch das Haus hinunter auf die Straße zu gehen und die Stadt zu erkunden.

Liu fuhr fort: »Ich möchte mit meiner Science-Fiction das Verhältnis zwischen dem Universum und uns Menschen imaginieren und Bilder dafür finden.« Das ist, wie Liu betont, seine selbstgestellte Aufgabe als Autor, und die Novelle »Spiegel« demonstriert eindrücklich, wie meisterhaft die moderne chinesische Genreliteratur sich dieser Aufgabe angenommen hat.

Cixin Liu: Spiegel ∙ Aus dem Chinesischen von Marc Hermann ∙ Mit Anmerkungen zur Übersetzung und einem Nachwort von Sebastian Pirling ∙ Wilhelm Heyne Verlag ∙ 192 Seiten ∙ E-Book: € 8,99 (im Shop) ∙ Erhältlich ab 9.10.2017

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