20. Oktober 2017

Frischer Wind in den Weiden

SF-Autorin Kij Johnsons Blick auf das weltberühmte Flussufer von Kenneth Grahame

Lesezeit: 2 min.

Kij Johnson unterrichtet kreatives Schreiben an der University of Kansas, wo sie seit 2002 als Associate Director des Gunn Center for the Study of Science Fiction agiert. Für ihre brillanten, stilistisch perfekten Kurzgeschichten aus den Bereichen SF, Fantasy und Horror wurde die Amerikanerin bereits mit dem Hugo, dem Nebula, dem Sturgeon und dem World Fantasy Award ausgezeichnet. In Buchform liegen von ihr u. a. die grandiose Storysammlung „At the Mouth of the River of Bees“ (auf Deutsch gekürzt in „Pinselstriche auf glattem Reispapier“), der erotische Fantasy-Roman „Das Geheimnis der Fuchsfrau“ über das historische Japan und der offizielle Star Trek: The Next Generation-Roman „Die Ehre des Drachen“ (im Shop) vor. Vergangenes Jahr veröffentlichte sie außerdem den starken feministischen Lovecraft-Pastiche „The Dream-Quest of Velitt Boe“, in dem sie das bizarre Traumland des Weird-Fiction-Altmeisters aus der emanzipierten Perspektive einer älteren Frau schildert.

Auch bei Johnsons neuestem Werk „The River Bank“ handelt es sich wieder um eine literarische Hommage – diesmal an Kenneth Grahames (1859–1932) englischen Kinderbuchklassiker „The Wind in the Willows“ alias „Der Wind in den Weiden“ von 1908, den man am besten in der Übersetzung von Harry Rowohlt liest und den in den 90ern z. B. schon Fantasy-Autor William Horwood in mehreren Büchern fortgesetzt hat. Kij Johnsons schmales Büchlein, das die Australierin Kathleen Jennings durchgehend hübsch illustriert hat, ist ebenfalls ein Sequel, das ein Jahr nach dem Original einsetzt. Das behagliche Leben der chauvinistischen Junggesellen Maulwurf, Wasserratte, Kröterich und Dachs am titelgebenden Flussufer bzw. im Wilden Walde wird durch die Ankunft der besonnenen Maulwurfdame Beryl und ihrer flatterhaften Kaninchenfreundin Lottie verkompliziert. Dazu kommen der durchtriebene Fuchs und seine kriminelle Bande aus den Hügeln, und die neueste gefährliche Obsession des unverbesserlichen Kröterichs: Motorräder …

Johnson verbeugt sich in „The River Bank“ gekonnt vor dem vielfach adaptierten Klassiker, dessen Ton sie haargenau trifft. Dabei sorgt sie in ihrem angenehm süffisanten Pastiche abermals für ein bisschen feministisch-fantastischen Wind, während sie den Charme und den sozialen Subtext des Originals potenziert und obendrein dessen Welt erweitert. Rundherum ein echtes Schmuckstück!

Kij Johnson: The River Bank. A Sequel to the Wind in the Willows • Small Beer Press, Easthampton 2017 • 197 Seiten • Hardcover: $ 24,00 • Sprache: Englisch

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