12. Juni 2018 4 Likes

Eine KI auf der ganz großen Reise

Dennis E. Taylors „Ich bin viele“

Lesezeit: 2 min.

Es ist schon etwas feist, einen Roman mit dem Tod seines Helden zu beginnen. Bob Johannson, ein Software-Entwickler, ist gerade zu Reichtum gekommen, da hat er auch schon eine Idee, was er mit dem Geld anstellen könnte. Er beschließt, sich nach seinem Tod einfrieren zu lassen, damit man ihn eines Tages vom Tod „heilen“ kann. Er kann ja nicht damit rechnen, dass er auf der Straße überfahren wird, kaum das die Tinte auf dem Vertrag getrocknet ist.

Andererseits: Ist Bob Johannson überhaupt der Held von Dennis E. Taylors hochamüsantem Science-Fiction-Roman „Ich bin viele“? Denn der, der da hundert Jahre später aufwacht, ist zwar auch irgendwie Bob, aber nicht so richtig. Er ist ein Computerprogramm, eine digitale Intelligenz, die auf Bob Johannsons Bewusstsein basiert. Und das Amerika, in dem er erwacht, hat sich in eine schwer dystopische Theokratie verwandelt – und der Rest der Welt ist auch nicht unbedingt besser geworden.

Bob ist zu einem ganz bestimmten Zweck kreiert worden, er soll nämlich eine Raumsonde „bemannen“, die nach Eridani geschickt wird – auf der Suche nach bewohnbaren Planeten. Blöd nur, dass auch andere Staaten den gleichen Plan verfolgen und ihrerseits Sonden starten. Noch blöder, dass man sich darüber dermaßen in die Haare kriegt, dass – kaum sind Bob und seine Konkurrenten unterwegs – die Erde zerlegt wird.

Da treibt er nun mutterseelenallein im All – und vertreibt sich die Zeit, indem er sich digitale Gefährten erschafft. Voilà, der Grundstein des Bobiversums ist gelegt!

Es ist schon ziemlich verblüffend, mit welchem Charme Dennis E. Taylor diese Geschichte erzählt, die es in den USA bereits auf drei Romane gebracht hat. Das liegt vor allem daran, dass Bob eine ziemlich coole Sau ist und nicht dazu neigt, sich in tiefen existentiellen Fragen zu verstricken – und gerade in der Hinsicht ein paar bissige Bemerkungen parat hat. Bob ähnelt viel mehr Mark Watney aus Andy Weirs „Der Marsianer“ (im Shop) – er ist ein hemdsärmeliger Typ (und großer SF-Fan), der die Dinge anpackt (auch ohne echte Arme) und sich nicht in sein Schicksal fügt (man muss halt nur wissen, wie man sich amüsiert).

Und als Leser begleitet man Bob gern auf seiner Reise durch den Kosmos, die einige saftige Überraschungen für ihn bereithält. Nicht zuletzt Action, verdammt viel Action.

Dennis E. Taylor: Ich bin viele • Aus dem Amerikanischen von Urban Hofstetter • Wilhelm Heyne Verlag, München 2018 • Paperback • 464 Seiten • Ebook: 11,99 € (ab 9. Juli im Shop)

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