5. Dezember 2018

Schwarze Satire

Rassentrennung als Rettung? Paul Beattys surrealer, bissiger Roman „Der Verräter“

Lesezeit: 2 min.

2016 wurde Paul Beatty für seinen Roman „The Sellout“ als erster Amerikaner mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet. Jetzt ist sein Buch unter dem Titel „Der Verräter“ in der Übersetzung von Hennig Ahrens bei Luchterhand auf Deutsch erschienen.

Worum geht’s? Dickens, eine afroamerikanisch und mexikanisch geprägte Randgemeinde von Los Angeles, hat ihre Seele, ihre Identität und ihre Zukunft an die Gentrifizierung verloren. Doch der schwarze Ich-Erzähler in „Der Verräter“, der von einem obsessiven Sozialforscher großgezogen wurde, früh die ganze Last seines vom Rassismus geprägten Erbes zu spüren bekommt und eine Farm mitten im urbanen Gebiet betreibt, hat einen Plan. Nicht nur, dass er einem verwirrten alten Freund, der in „Die kleinen Strolche“ mitspielte, eine Freude macht, indem er ihn wie einen Sklaven leben lässt und sogar auspeitscht. Die Wiedereinführung der Rassentrennung in Bussen und Schulen könnte außerdem dabei helfen, Dickens zu revitalisieren, und so macht sich unser Protagonist ans Werk …

Der 1962 geborene Paul Beatty flasht und begeistert als furioser, sprachgewandter Erzähler. Schon der lange Prolog haut einen mit seinem Sound und seiner schwarzhumorigen Wucht förmlich aus den Socken, und danach geht es munter so weiter. Sarkastisch, zynisch, überdreht, bissig, geistreich, witzig, surreal, böse, hochliterarisch – ein stilistischer Genuss und eine herrliche Satire auf die vermeintlich post-rassistische Moderne in den USA.

Letztlich ist „Der Verräter“ nicht so nah an der Science-Fiction, wie man angesichts der Prämisse vermuten könnte, aber dennoch eines der bemerkenswertesten Bücher auf dem literarischen Endspurt von 2018.

Paul Beatty: Der Verräter • Luchterhand, München 2018 • 352 Seiten • Hardcover: 20 Euro

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