12. März 2019

Backwards Man

„Future Man“: Zeitreise mit Geschlechtsteilen

Lesezeit: 3 min.

Der ziellose Hausmeister Josh Futturman (Josh Hutcherson) verbringt jede Sekunde seiner Freizeit mit seinem Lieblings-Videospiel „Biotic Wars“, welches er dann erfolgreich meistert und abschließt. Plötzlich erscheinen wie aus dem Nichts zwei der Hauptfiguren – die brachiale Kriegerin Tiger (Eliza Coupe) und ihr stoischer Kumpane Wolf (Derek Wilson) – vor Josh und offenbaren ihm, dass „Biotic Wars“ bloß eine Simulation ist, um den Future Man zu finden. Den Retter der Zukunft, der die Menschheit vor den echten biotischen Kriegen beschützen soll. Und dieser entpuppt sich nun mal als der liebenswerte Nichtsnutz Josh Futturman.

Die Serie, die unter anderem von „Misfits“- und „Dirk Gently“-Schöpfer Howard Overman geschaffen wurde und vom „Preacher“-Duo und Hollywood-Comedian Seth Rogen und Evan Goldberg als ausführende Produzenten unterstützt wird, klingt auf dem Papier nach einer äußerst spaßigen Idee, die mit noch cleveren Konzeptionen gefüllt sein könnte. Wäre da nicht die aktuell in der US-Comedy prävalente Sitte, alles auf Witze über Geschlechtsteile und Sex zu reduzieren. Das amerikanische Kino und Fernsehen versucht sich zwanghaft vom Image der Prüderie zu lösen – worunter häufig die Qualität leidet. So auch leider beim stellenweise äußerst plumpen „Future Man“.


„Josh, Tiger und Wolf scheinen das Leid so manchen Zuschauers zu teilen.“

Eine Vielzahl der 13 Episoden laufen nach dem gleichen Schema ab, während Josh, Tiger und Wolf in die Vergangenheit reisen, um den biotischen Plot um den Pharmakonzern Kronish Labs und dessen an Herpes leidendem Cheflaboranten Elias Kronish zu vereiteln. Dabei läuft meist etwas schief und die Reise muss erneut in die Vergangenheit zurückführen. Währenddessen wird der Zuschauer mit einer endlosen Tirade an Sex-Witzchen und altbackenen „Man-Out-Of-Time“-Scharmützeln befeuert. Gerade im Falle von Tiger und Wolf wird das „Man-Out-Of-Time“-Konzept so per Holzhammer rein gedroschen, dass Schwarzeneggers 1970-Debut „Hercules in New York“ wie ein Geniestreich wirkt. Dabei ist es umso beschämender, wenn „Future Man“ dann doch hier und dort von echtem Witz, Charme und Humor sprüht und gar die eine oder andere wahrlich clevere Idee zu Tage fördert.

Die humorigsten Ideen finden sich dort, wo Zukunftswissen auf Vergangenheit trifft – selbst wenn es sich häufig um aus „Zurück in die Zukunft“ wiederverwerteten Schabernack handelt. Je weiter „Future Man“ sich auf das Finale zu bewegt, gewinnen der gesamte Plot, die Figuren und der Ideenreichtum an Vielfalt und Charme. Bei der siebten Folge, in der es um den Ursprung des Cameroniums geht, dem Treibstoff der Zeitmaschine, handelt es sich gar wahrlich um einen irren Geniestreich, der so absurd wie passend und zum Totlachen ist. Da fragt man sich, warum es sechs endlos qualvolle Episoden dauerte, an diesem Punkt anzukommen. Auch Tiger und Wolf entschlüpfen ihren „müder Zukunftskrieger“-Klischees mit der Zeit und gewinnen an humoristischen und fast tiefgehenden Facetten, wenn sich Tiger Gefühlen öffnet oder Wolf … zum Corey-Hart-Fan und Chefkoch par excellence avanciert? die Effekten der Serie sehen lassen, wenn farblich übersättigte Laser über den Schirm blitzen und die Biotics in ihren Kampfanzügen umher stürmen. Auch das warme Kamerabild wirkt wohlig auf das Auge und steht manchmal im starken Kontrast zu den plumpen Skripts. Die erste Staffel endet mit einem zufriedenstellenden Ergebnis, das natürlich Raum für eine zweite Staffel offen lässt, die auch schon seit Dezember in den USA läuft und mit großer Wahrscheinlichkeit hier ebenso bei Amazon Prime erhältlich sein wird, wie im Falle der ersten Staffel.


„Stellenweise wird Future Man aber so skurril, dass es sich bezahlt macht.“

„Future Man“ stellt in allem klar, dass es vielleicht nicht immer die beste Idee ist, sich sklavisch an das 13-Episoden-Staffel-Format zu halten, wenn es das Material schlichtweg nicht hergibt. Die aktuell bei Netflix laufende, herausragende Serie „Matrjoschka“ zeigt, dass es effektvoller auch mit weit aus weniger geht. Ebenso sollte „Future Man“ beim Drang aktuell und modern sein zu wollen bitte weniger auf Geschlechtsteil-Witzchen setzen, denn dadurch wirkt die Serie eher rückständig und zerstört viele der vorhandenen großartigen Momente. Oder vereitelt im Vorfeld, dass der Zuschauer überhaupt bis zu den späteren Episoden hervordringt und nicht vorher klein bei gibt.

Die erste Staffel von „Future Man“ ist seit dem 14. Dezember 2018 exklusiv beim Streamingdienst Amazon Prime erhältlich.

Future Man – Staffel 1 • Creator: Howard Overman, Kyle Hunter, Ariel Shaffir • Darsteller: Josh Hutcherson, Eliza Coupe, Derek Wilson, Ed Begley, Jr., Haley Joel Osment • Laufzeit: 13 Episoden mit je ca. 25-30 Min.

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