2. November 2019

Moorhuhnjagd und Klimawandel

Britischer Umweltaktivismus: Der Comic „Rain“ von Mary und Bryan Talbot

Lesezeit: 2 min.

Bryan Talbot, seines Zeichens britische Comic-Legende, zählt zu den Urvätern des Steampunk, den er mit „The Adventures of Luther Arkwright“ einst zu definieren half und in den letzten Jahren mit „Grandville“ einmal mehr meisterhaft umsetzte. Zudem veröffentlichte Talbot neben Geschichten über Batman oder die Ewigen aus Neil Gaimans „Sandman“ allerhand Graphic Novels mit seiner Frau Mary Talbot, darunter „The Red Virgin and the Vision of Utopia“ und „Der Marsch der Suffragetten“. In „Rain“, dem neuesten Comic der Talbots, geht es allerdings weder um retroaktiven Steampunk, noch um allzu historische Themen.

Der neue Talbot-Comic setzt 2015 im nordenglischen Yorkshire ein, als das „Brontë Country“ von einer katastrophalen Flut heimgesucht wurde, die mancherorts geradezu endzeitliche Dimensionen hatte. Anhand der Geschichte zweier junger Frauen, die eine schwierige Fernbeziehung führen und ideologisch nicht immer auf derselben Wellenlänge liegen, erfährt der Leser alles über das Problem mit den manipulierten Moorlandschaften, die von den adeligen Grundbesitzern gerodet werden und deren Raubtierbestand dezimiert wird, um bessere Brutbedingungen für Moorhühner zu schaffen – damit wohlhabende Jäger die Vögel später in rauen Mengen sinnlos abknallen können. Die Folgen für die Natur und für die Menschen im Tal sind groß, da die Moore so etwas wie der englische Regenwald sind.

Mit „Rain“, das als querformatiges Hardcover daherkommt, liefert Comic-Meister Bryan Talbot grafisch womöglich die beste Arbeit seiner langen Karriere ab. Dabei nutzt er z. B. die bunten Farben der bedrohten Natur immer dann, wenn er die Höhen der Grafschaft Yorkshire in all ihrer Schönheit abbildet, alle anderen Szenen müssen mit gedämpfteren Farbpalletten Vorlieb nehmen. Ansonsten ist „Rain“ aus der Feder von Dr. Mary Talbot, einer angesehenen Geschlechter- und Sprachforscherin, natürlich eine sehr britische und lokale Bildergeschichte über globale Themen: über Umweltsünden, Umweltschutz, Umweltaktivismus und Klimawandel.

Dessen Präsenz in unser aller Leben, Demos für den Klimaschutz, die Seitenhiebe auf Trump vor seinem Wahlsieg, die schwierige Pre-Brexit-Sicht auf die Beziehung zwischen Großbritannien und der EU – das alles macht „Rain“ zu einer einerseits verblüffend speziellen und lokalen, in der jüngeren Vergangenheit angesiedelten, aber dennoch ungemein dringlichen, aktuellen und trefflichen Graphic Novel. Eine deutsche Ausgabe scheint dennoch unwahrscheinlich.

Abb.: © Bryan & Mary Talbot

Mary M Talbot & Bryan Talbot: Rain Dark Horse, Milwaukie 2019 • 160 Seiten • Hardcover: $ 24,99 • Sprache: Englisch

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.