13. Januar 2020 1 Likes

Feucht-(nicht-ganz-so)-fröhliches Vergnügen

„Underwater – Es ist erwacht“: Man vs. Monster. Abspann. Reicht.

Lesezeit: 3 min.

Wenn eine 80-Millionen-Dollar-Produktion vorab nicht der Presse gezeigt und mit praktisch null Werbung und geringer Kopienzahl leise und heimlich, regelrecht verschämt im Kino versenkt wird, dann schrillen natürlich die Alarmglocken, gleichzeitig flammt aber Neugierde auf: Was ist da wohl schief gegangen? Hollywood ist doch sonst nicht so verlegen, wenn es darum geht, uns den letzten Stinker als lang erwartetes Mega-Event zu verkaufen?

Was immer hinter den Kulissen jedenfalls vorgefallen ist: Den größten Vorwurf, den man „Underwater“ machen kann, ist, dass er in der heutigen Kinolandschaft verblüffend klein, nahezu bescheiden wirkt. Das Ganze pendelt sich auf schlanke 95 Minuten ein, das Drehbuch, das zugegebenermaßen mit stellenweise unfreiwillig komischen Klischee-Dialogen („Wir sind gleich wieder zurück!“) aufwartet, garniert die Charaktere mit nur rudimentären, aber durchaus ausreichenden Eigenschaften, braust in einem sehr hohen Tempo voran und verzichtet an den richtigen Stellen auf die im Netflix-Zeitalter so populäre Ausbuchstabiererei: Es geht schlicht und einfach um eine Gruppe an Unterseeforschern, darunter Ingenieurin Norah (Kristen Stewart), deren Hightech-Forschungsstation von einem mysteriösen Beben zerstört wird und die deswegen fortan nicht nur wieder irgendwie nach oben kommen, sondern sich zudem gegen mysteriöse Kreaturen zu Wehr setzen müssen, deren Background dankenswerterweise noch nicht mal im Ansatz erläutert wird, aber Lovecraft-Fans kriegen spätestens im Finale eine ungefähre Ahnung …


Zahnhygiene, bevor das Monster kommt …

Der Punkt ist: Natürlich erinnert das alles – wie das Feuilleton bereits messerscharf dutzendfach attestiert hat – an „Alien“ (1979) (wobei man natürlich auch die zig Weltraummonsterfilme vor „Alien“ ranziehen könnte), aber „Underwater“ verkommt nie zum Abklatsch, denn Regisseur William Eubank, der in der Vergangenheit bereits mit „Love“ (2011) und „The Signal“ (2014) punkten konnte, erweist sich erneut als bildstarker Filmemacher und zudem als Fan des Grusel-Titanen aus Providence. Bereits die Forschungsstation, die dem Team eigentlich eine Heimat bieten soll, wirkt finster, trist, versifft und dank der immer wieder von draußen eindringenden, undefinierbaren Geräusche bedrohlich. Doch wenn die Protagonisten durch die nur von spärlichem Licht durchschnittene, ewige Finsternis des Meeres schreiten, bekommt man tatsächlich ein Gefühl für die getroffene Feststellung, dass „der Mensch nicht hierher gehört“, für die komplette Bedeutungslosigkeit der vermeintlichen Krönung der Schöpfung in dieser Umgebung.


… dann gemeinsam in fetten Taucheranzügen kuscheln. „Underwater“, 20th Century Fox

Ein Gefühl, das noch stärker wird, wenn das Geschehen im letzten Drittel ins visuell beeindruckend gestaltete Phantastische driftet. Die Bedrohung wird klugerweise erst spät konkret, dann aber umso imposanter: Wenn Norah dann dem Schrecken in seinem ganzen Ausmaß gegenüber steht, wird spürbar, was Lovecraft bei der Schöpfung seiner Kreaturen im Sinn hatte. Hier liegt übrigens ein kleiner, aber feiner Unterschied zu „Alien“: Während die Protagonisten in Scotts Kultfilm eine komplett andere Welt aufsuchen und dafür büßen müssen, ist „Underwater“ unmittelbarer, das Geschehen spielt die ganze Zeit auf der Erde und lotet den Gedanken aus, dass sich in der bis heute nahezu unerforschten Tiefsee etwas befinden könnte, das wir nicht begreifen können und das uns – wie das erstaunlich konsequente Ende impliziert – vielleicht gar nicht mal zu Unrecht eines Tages zeigt, wer am längeren Hebel sitzt.

Es ist überflüssig festzustellen, dass Eubanks dritter Film das Rad nicht neu erfindet, es ist „nur“ ein Genrefilm, aber eben keiner, der sich dafür schämt, sondern das macht, was er machen muss und es gut macht. Allein diesem Umstand könnte man durchaus Anerkennung zollen.

„Underwater – Es ist erwacht“ läuft seit dem 09.01.2020 im Kino. Abb.: 20th Century Fox

Underwater – Es ist erwacht (USA 2020) • Regie: William Eubank • Darsteller: Kristen Stewart, Vincent Cassel, T.J. Miller, Jessia Henwick, John Gallagher Jr., Mamoudou Athie, Gunner Wright

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