28. Mai 2020 1 Likes

Tierlieb bis zum Schluss

C. A. Fletchers postapokalyptischer Roman „Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt“

Lesezeit: 2 min.

Viele Gründe haben in C. A. Fletchers Roman „Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt“ (im Shop) zu dem Ereignis geführt, von dem die letzten wenigen Überlebenden als Kastration sprechen und in dessen Folge die meisten Menschen unfruchtbar wurden. Nach dem Ende der Zivilisation leben der junge Griz, seine Familie und ihre Hunde auf einer kleinen schottischen Insel – die nächsten Nachbarn sind mehrere Eilande entfernt, andere Küsten und Strände verseucht. Eines Tages kommt ein Fremder mit seinem Segelboot vorbei, schmeichelt sich bei der Familie ein und verschwindet am nächsten Morgen mit Jess, einem von Griz’ Hunden. Also machen sich der Junge und Jip, sein verbliebener Hund, ihrerseits in einer kleinen Jacht an die Verfolgung des Diebes. Damit beginnt für Griz eine Reise voller Gefahren, von denen in den Ruinen nach dem Ende der Welt so einige warten …

C. A. Fletcher heißt eigentlich Charlie Fletcher. Der 1960 geborene Schotte studierte englische Literatur und arbeitete als Autor und Produzent viele Jahre lang fürs Fernsehen in London und anschließend in Los Angeles. Er schrieb Drehbücher für große Studios (u. a. für den Knacki-Fußballfilm „Mean Machine“ mit Vinnie Jones und Jason Statham) und wirkte an der TV-Serie „Sanctuary“ mit. Zudem verfasste Fletcher ein Videogame, Magazinartikel, Restaurantkritiken und eine Zeitungskolumne. Als Romancier veröffentlichte er z. B. die „Stoneheart“-Fantasy-Serie. „Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt“ ist Fletchers neuester Roman, der bei Penhaligon in der Übersetzung von Vanessa Lamatsch als Paperback mit Klappenbroschur, als E-Book und als von Wanja Mues eingelesenes Hörbuch vorliegt.

Natürlich denkt man bei diesem Titel sofort an Harlan Ellisons berühmte Erzählung „Ein Junge und sein Hund“ (im Shop) von 1969, die den Nebula Award gewann, leider nie zum vollständigen Roman reifte, von Ellison und Richard Corben in Comic-Form erweitert und von Regisseur 1975 L. Q. Jones mit Don Johnson verfilmt wurde, während sie zugleich profunden Einfluss auf das „Fallout“-Game hatte. Fletchers Geschichte kommt jedoch wesentlich zahmer als Ellisons Klassiker daher, was daran liegt, dass der Schotte einen zeitgemäßen Young Adult-Roman konzipiert hat. Der bietet in dieser Form wenigstens grundsoliden postapokalyptischen Stoff und Plot, bedient aber eben auch spürbar eine jugendliche Zielgruppe. Nichtsdestotrotz liegt das Buch, das im Original unter dem Titel „A Boy and his Dog at the End of the World“ herauskam, sprachlich über dem Standard. Ich-Erzähler Griz, der seine Geschichte einem alten Foto erzählt und dadurch hin und wieder sogar ein bisschen Meta-Flair aufkommen lässt, hat einen ganz eigenen, interessanten Rhythmus, eine anspruchsvollere Syntax als viele andere Werke des Sujets.

Fletcher erfindet das postapokalyptische Genre nicht neu und drückt mit der Tierliebe sicher auf wohlkalkulierte Knöpfe – umso wichtiger, dass er stilistisch liefert.

C. A. Fletcher: Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt • Aus dem Englischen von Vanessa Lamatsch • Penhaligon, München 2020 • 475 Seiten • E-Book: 10,99 Euro

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