5. Juni 2020 3 Likes

Leider so gar nicht spacig

„Space Force“ hebt nicht ab

Lesezeit: 3 min.

Himmel und Hölle können so nahe beieinander liegen. Okay, letzteres ist bei „Space Force“ zwar etwas übertrieben, ganz so schlecht ist die von Steve Carell und Greg Daniels fabrizierte Serie jetzt auch wieder nicht, aber wer Daniels seit Anfang Mai auf Amazon Prime abrufbare, überaus überzeugende, Solo-Nummer „Upload“ gesehen hat, wird an „Space Force“ wohl mit einigen Erwartungen herangehen, nicht zuletzt da das Duo Daniels/Carell in der Vergangenheit mit der Büro-Comedy „The Office“ (2005 – 2013) überzeugte.

Die Handlung – das Setup ähnelt dem von „The Office“ – lässt sich in kompakter Form wiedergeben, da im Grunde nicht wirklich viel erzählt wird: Der ehemalige Air-Force- General Mark Naird (Steve Carell) kriegt die Aufgabe zusammen mit einem Team von Wissenschaftlern um Dr. Adrian Mallory (John Malkovich) eine Untereinheit der Streitkräfte der vereinigten Staaten ins Leben zu rufen. Die so genannte United States Space Force, die Menschen auf den Mond bringen soll. Da es sich bei Naird aber um einen ziemlich einfältigen Tölpel handelt, der mit Wissenschaft nicht viel am Hut hat, keine einfache Aufgabe, die Mallory regelmäßig zum Verzweifeln bringt …


John Malkovich, „Space Force“, Netflix

Der Hund liegt in „Space Force“ an mehreren Stellen begraben. Obwohl Donald Trumps Name nie genannt wird, ist natürlich allein aufgrund der Tatsache, dass Ende 2019 von Trump tatsächlich eine Space Force gegründet wurde, vom Start weg klar, wo die eigentlich dankbare Vorlage zu finden ist. Dennoch duckmäusert sich die Comedy, vermutlich um ja keine Zuschauer zu verlieren, nicht nur viel zu anständig durch die Folgen, sondern ertränkt das Thema mit zunehmender Laufzeit in kuscheligen Wohlfühl-Konsens (der anfängliche Spott über die Einrichtung einer solchen Streitkraft weicht auf, Militär und Wissenschaft nähern sich an). Klar, ganz lustig ist das stellenweise immer noch, wenn zum Beispiel Naird einen Weltraum-Affen dazu bringen will, Reparaturen auszuführen, wenn er versehentlich einen Raketenstart auslöst, weil er einfach nur mal die Füße hochlegen will oder eine schwarze Astronautin sich auf dem Mond einen kleinen, aber bedeutsamen Versprecher leistet. Aber halt eher auf die harmlos-nette Art, es fehlt jeglicher Biss. Zudem lassen viele Gags einen Sinn für Timing vermissen, was erstaunlich ist, da immerhin zwei Comedy-Vollprofis am Werk waren, aber vielleicht greift hier ja Omis Sprichwort von den vielen Köchen und dem angerührten Brei, der nicht mehr so recht schmecken will?


Tawny Newsome, „Space Force“, Netflix

Problematisch ist weiterhin, dass die Serie nicht nur zu viele Baustellen aufmacht und unkonzentriert hin- und herhüpft, sondern unentschlossen zwischen Comedy und eher ernsteren Tönen schwankt. So erfährt man beispielsweise vom Ungemach in Neirds Privatleben, die Ehefrau sitzt nämlich lebenslänglich im Knast und die Tochter hat Probleme, die Töchter in einem gewissen Alter nun mal so haben. Diese Zwischenspiele sollten wohl für die nötige Bodenhaftung des Comedyparts sorgen, was aber gerade bei Carells Figur schief geht. Während es sich beim vergleichbaren Protagonisten in „Upload“ trotz aller Schnöseligkeit, Selbstverliebtheit und Naivität immer noch vor allem um einen Menschen handelt, dessen Schwächen irgendwie auch liebenswert sind und der zudem eindeutig positive Eigenschaften hat, was für ein gewisses Identifikationspotential sorgt, überschreitet Neird viel zu oft die Grenzen zu Karikatur. Der General ist die meiste Zeit schlichtweg ein totaler Depp, jemand, dem man dem treu sorgenden Vater, der nach Feierabend noch mit seiner Tochter Mathe büffelt, nur noch mit Mühe abnimmt. Stellenweise kommt das Gefühl hoch, man hat es mit zwei völlig unterschiedlichen Charakteren zu tun. Und das macht einen emotionalen Zugang schwierig, so sehr sich die Serie im letzten Drittel drum bemüht.


Diana Silvers, „Space Force“, Netflix

Dass man trotz allem nicht versucht ist vorzeitig abzuschalten, liegt einzig und allein an der größtenteils guten Besetzung: Die beiden Hauptdarsteller erledigen ihren Job ohnehin souverän (Malkovich als distinguierter Doktor mit vornehmsten Oxfort-Akzent reißt in nahezu jeder Szene das Geschehen an sich), aber auch in den Nebenrollen tummeln sich beliebte und routinierte Film- und Fernsehgesichter wie Lisa Kudrow, Fred Willard oder Patrick Warburton, die ihren Rollen Leben einhauchen und einen dann doch mit Milde vor dem Bildschirm ausharren lassen.

Kurzum: Kann man sich für zukünftige Lockdowns mal vorsorglich auf die Watchlist setzen, bis dahin gibt’s aber besseres.

Space Force (USA 2020) • Showrunner: Steve Carell, Greg Daniels • Darsteller: Steve Carrell, John Malkovich, Ben Schwartz, Diana Silvers, Tawny Newsome, Jimmy O. Yang, Don Lake seit dem 29.05.2020 auf Netflix

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