25. August 2020

„Destroy All Humans!“: Chaos nach Furon-Art

Das Remake der Alieninvasion macht trotz einiger Mängel Spaß

Lesezeit: 5 min.

Für Fans des Originals war es nicht zu erwarten, tatsächlich wieder in die blaugraue Haut von Crypto 137 zu schlüpfen. Denn obwohl das 2005 erschienene Abenteuer des kleinen Fieslings sowohl bei Wertungen wie Verkaufszahlen gar nicht mal schlecht abschnitt, gab es für Publisher THQ Nordic lange offenbar kaum genug Anlass, die Marke Destroy All Humans! wiederzubeleben. Doch Remakes gehörten in den letzten Jahren dank Resident Evil oder Shadow of the Colossus zum Festportfolio der Branche und so kam man wohl auch bei THQ auf die Idee zu einer rundum neu aufgesetzten Version des Originals (seit Ende Juli für PS4, Xbox One und PC zum Preis von rund 40 Euro erhältlich), in der wir wieder auf schwarzhumorige Art eine Ein-Alien-Invasion durchziehen dürfen.

Story, Figuren und Missionen orientieren sich komplett an der Urfassung, wohingegen Technik und kleinere Neuerungen dann doch klarmachen, dass wir es hier nicht mit einem Remaster zu tun haben. Erfreulicherweise ist nun eine, allerdings schon damals eigentlich programmierte Zusatzmission enthalten, dem Spiel wurde eine sehr kompetente deutsche Lokalisierung spendiert und die insgesamt schon brauchbare Steuerung um Feinheiten wie den gleichzeitigen Einsatz von Waffen und Zusatzfähigkeiten sowie der Höhenanpassung des Raumschiffs ergänzt - immerhin.

Wie seinerzeit dreht sich die Handlung um den Furon Crypto 137, der auf die Erde geschickt wird, um DNA zu sammeln und die Gefangennahme seines Klonbruders Crypto 136 zu rächen. Da die Menschheit DNA-Sequenzen gespeichert hat, die zur Reproduktion der Furons herhalten können, gehört es zu unseren Aufgaben, Menschen als Zapfsäulen zu missbrauchen. Aber auch sonst führt Crypto nichts Gutes im Schilde und ist abseits seiner sarkastischen Kommentare alles andere als ein Held. Voller Abscheu für die niederen Menschen (und Erdlebewesen wie Kühe), bereitet es dem Klonbruder kaum größere Freude, als sich mit Waffen wie Lasern, seiner fliegenden Untertasse oder Psi-Fähigkeiten über die Bevölkerung herzumachen und Menschenhirne buchstäblich zum Platzen zu bringen.

Das Setting ist im Stil der USA in den 1950ern gehalten und bringt eine der großen Stärken von Destroy All Humans! zum Tragen. Denn sowohl Design wie Präsentation der Spielwelt und seiner Figuren tragen unverkennbar den humorigen Anstrich von Tim Burtons Kultfilm Mars Attacks! aus den 90ern, sodass man trotz aller Bosheit Cryptos und einer Verletzung der Political Correctness aus dem Schmunzeln oft nicht herauskommt.

Das Gameplay läuft dabei folgendermaßen: Wir übernehmen verschiedene, leider im Ablauf sehr festgelegte Missionen, in denen wir mehr oder weniger umfangreiche Areale besuchen und dort Aufträge erfüllen. Die bewegen sich zwischen offener Zerstörung etwa von Polizei und Militär, dem Sammeln bestimmter Gegenstände oder auch Schleichmissionen, in denen wir uns Cryptos Fähigkeit zunutze machen, Menschengestalt anzunehmen und so Gespräche zu belauschen, Einrichtungen zu infiltrieren oder gar eine aufgebrachte Menge mit einer Rede inklusive ausgewählter Dialogzeilen über die Anwesenheit „grüner Männchen“ zu belügen. Immer wieder kommt dabei unsere Untertasse zum Einsatz, mit der wir dann beispielsweise einen Rummelplatz in Schutt und Asche legen und es mit Panzerdivisionen aufnehmen.

Ist Crypto per pedes unterwegs, kann er via Jetpack zeitweise durch die Lüfte sausen und mithilfe seiner brachialen Waffen allerhand Zerstörung anrichten. Gerade die Telekinese erweist sich immer wieder als alberne, aber eben launige Alternative, denn sowohl Menschen, Autos als auch Kühe können in Destroy All Humans! zum Spielball unserer Mächte werden. Da so im Gefecht mit den schnell heranstürmenden, recht wehrhaften Menschen ein oft dezent planloses Herumgeballer entsteht (sogar gegen Endbosse), ist es manchmal angebracht, zwischen Tarnen und Angriff zu variieren.

Wer sich allzu brachial verhält, wird schneller enttarnt und auch die Verwandlung in Menschen klappt dann nicht mehr. Zusätzlich aufgelockert wird das Ganze durch Missionen, in denen wir etwa unter Zeitdruck bestimmte Ziele wie die Ausrichtung von TV-Antennen ausführen müssen oder beim Infiltrieren keinesfalls entdeckt werden dürfen, da die Mission sonst als sofort gescheitert gilt. Gerade letzteres verursacht manchmal Frust, da es die Entwickler trotz eigentlich einfachem Schwierigkeitsgrad etwas zu strikt mit der Einhaltung ihrer Pfade halten – unnötigerweise.

Nach jeder Mission können wir dann mittels gewonnener DNA-Stränge verschiedene Fähigkeiten oder die Bewaffnung unseres Raumschiffs ausbauen und unser Arsenal so etwa um die für eine solche Sci-Fi-Parodie wohl unvermeidliche Analsonde erweitern. Wirkliche Verbesserungen wie u.a. der Desintegrationsstrahl lassen sich erst ab bestimmten Punkten der Story freischalten und kosmetische Anpassungen wie verschiedene Skins für das Raumschiff oder bessere Schilde sind eher unnötiger Natur.

Das Geschehen wird dabei sehr oft (und nicht nur zwischen den Missionen) von Zwischensequenzen unterbrochen, in denen der oft sehr plakative, aber von den äußerst guten englischen wie deutschen Sprechern wunderbar eingefangen wird. Zahlreiche popkulturelle Referenzen oder obligatorische Klischees wie kauzige FBI-Agenten in schwarzen Anzügen, verrückte Wissenschaftler oder die berühmte Area 51 lockern das Geschehen zusätzlich auf. Selbiges leisten die gut geschriebenen NPC-Dialoge, die zwar kaum Essentielles zu den Missionen beitragen, aber gut daran mitwirken, die bei genauerer Betrachtung doch etwas altbackene Umsetzung der Gebiete und der Bewohner zu kaschieren.

Denn auch wenn die Macher durchaus bei den Kleinstadt-, Bauernhof- und Militäranlagensetting auf grobe Abwechslung geachtet haben; für das Jahr 2020 fallen die viel zu wenigen, dazu arg steifen und in Sachen KI eher dümmlichen Charaktere ebenso negativ ins Gewicht wie die immer gleichen Vorstadthäuser oder Automodelle. Gerade erst beseitigte Menschen, ploppen meist nur wenige Sekunden später wieder an Ort und Stelle auf und so mancher Clippingfehler trübt das zwar im Vergleich zum Original natürlich um Welten bessere, jedoch für heutige Maßstäbe nicht wirklich begeisternde Gesamtbild der Performance.

Insgesamt erweist sich das Remake als ein Spiel, bei dem scheinbar leicht mehr drin gewesen wäre. Hätten die Macher bei Technik, Missionsdesign und der Inszenierung des Settings noch mehr Feinschliff an den Tag gelegt, wäre richtig tolle Funaction mit Open World-Touch herausgekommen, dessen Analsondenhumor man zwar nicht an jeder Stelle gelungen, aber charmant finden kann. Vor allem kommt Destroy All Humans! aber stets zugute, dass es sich nie ernst nimmt und auch beim Gameplay nicht so tut, als wäre es ein bedeutungsschwerer Spieletext mit ernster Botschaft. Hier hat man eben ein Videospiel vor sich, das dazu einlädt, einfach Blödsinn anzustellen und sich nicht dafür schämt. Schon das rechtfertigt das Remake und vielleicht ist es ja der Startschuss und weiteres Furon-Chaos.

Fazit

Augenzwinkernd chaotische wie spielerisch kurzweilige Alienparodie zwischen Open World und Action-Adventure, die leider auch im Remake ihr Potenzial nicht völlig ausschöpft.

Destroy All Humans! (Remake) • Black Forest Games • Action-Adventure/Open World • PS4/Xbox One/PC

Abb. © THQ Nordic

 

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