19. Juni 2021

„Retro Machina“: Gameplay der maschinellen Art

Kurztest: Kleiner Robo auf Action-Adventure-Tour

Lesezeit: 3 min.

Die Bausteine des neuesten Spiels der brasilianischen Indie-Entwickler von Orbit Studio sind schnell zusammengefasst: eine retro-futuristische Zukunftsstadt mit Stilelementen der 1950er, ein kleiner quirliger Roboterheld mit Sprung-, Kampf- und Knobelfähigkeiten sowie eine Menge Umgebungsrätsel und Gefechte gegen kleine wie große Maschinengegner. Retro Machina (seit Mitte Mai digital für PS4, Xbox One, Switch und PC zum Preis rund 15 Euro erhältlich) setzt dabei vor allem auf charmantes Design bei Charakteren und Spielwelt, verpasst es aber auf Strecke, seinen eigentlich sehr soliden Gameplay-Ansätzen den letzten Schliff zu verpassen. Aber der Reihe nach.

Zu Beginn wird unser kleiner Roboterheld von seiner Fließbandarbeit abgelenkt und tanzt so buchstäblich aus der maschinell strikt vorgegebenen Arbeitsreihe. Dies und sein erwachendes (Selbst-)Bewusstsein haben zur Folge, dass das System bei ihm einen Schaden diagnostiziert und daher sein Speicher gelöscht werden soll. Doch der Robo will das nicht hinnehmen und ergreift die Flucht, die ihn nun durch riesige Anlagen und weitere Gebiete voller Gefahren und Rätsel führt. Die erste Station ist dabei ein Mülldepot, auf dem erstmal einige Ersatzteile besorgt werden müssen.

Hat man dies erledigt, warten insgesamt drei größere Areale, die in etwa eine Gesamtspielzeit von 12 Stunden hergeben. Unser flinker Held muss dabei vor allem unzählige Feinde wie beispielsweise fliegende Rotorblätter mittels einfacher Angriffe abwehren und insgesamt überschaubare Umgebungsrätsel meistern. Letzteres funktioniert meist so, dass wir mit Hilfe einer via Hack leicht herstellbaren Synapsenverbindung zu anderen Robotern deren unmittelbare Kontrolle übernehmen, um so u.a. Schalter zu betätigen, die wiederum unseren Avatar die Chance eröffnen, durch Tore oder von einem Steg zum nächsten zu gelangen. Kleiner Haken dabei: Während wir mit anderen Kollegen verbunden sind, erleidet unser Robo ebenfalls Schaden, falls unserer gesteuerten Marionette etwas zustößt.

Was den Schwierigkeitsgrad angeht, kommt jedoch nie Frust auf, da die Rätsel trotz kleinerer Backtrackings innerhalb der Gebiete nicht zu kompliziert aufgebaut sind und die Steuerung auch im Verbindungsmodus keine Zicken macht (wir spielten übrigens mit Gamepad auf PC). Leider macht sich allerdings spätestens nach einigen Stunden eine gewisse Rätselmüdigkeit breit, denn im Grunde wiederholen die Macher ständig die gleichen Knobelvariationen und lassen spielerische Abwechslung komplett vermissen.

Das gilt leider ebenso für die simplen Kämpfe, da wir gefühlt die immer gleichen drei Feindesklassen vor die Fäuste bekommen und selbst die Bossgegner mangels taktischer Tiefe schnell abgearbeitet und vergessen sind. Klar, es gibt zahlreiche Kisten mit Material zur Weiterentwicklung unseres Robos und dazu noch ausreichend Lebensenergie in fast jedem der einzelnen Levelscreens und wer sich nicht wirklich fordern lassen will, erhält mit Retro Machina eine leicht verdauliche Zwischenmahlzeit. Dennoch hätten ein paar weitere Gegner nicht geschadet. Zumal wir auch oft in Arena Battles mit mehreren Feindwellen geschickt werden, die wir erst verlassen können, wenn auch der letzte Blechkamerad gefallen ist. So wirkt eben nicht nur das Kampfgeschehen etwas zu gestreckt und über die Zeit fad – wie eben auch bei den Rätseln.

Positiv hervorheben lässt sich aber die Stimmung des Titels, die dank des zwar letztlich ebenfalls leicht repetitiven Aufbaus der Stadt (Stichwort architektonische Grafikbausteine) mit ihrem Retroflair überzeugen kann. Auf unserer Flucht finden wir immer wieder Schriftstücke und andere Hinweise, die uns über die Geschichte der posthumanen Stadt und deren Schicksal Auskunft geben. Die sehr pittoreske Grafik mit ihren starken Grundfarben sieht richtig hübsch aus und lädt zur Erkundungstour nach gut versteckten Schätzen ein. Auch der Synthie-Sound dudelt sich schnell in unser Ohr, ohne aber nun wirklich gleich den Ruf nach einer eigenen Soundtrack-File zu befördern.

Daher bleibt unter dem Strich ein Action-Adventure, das mit etwas mehr Abwechslung und Tiefe richtig gut hätte werden können. So kommt nur ein mittelmäßiges Ergebnis heraus, das man sich zum Indie-Preis durchaus gönnen kann, wenn man die Grafik und ein leicht gehaltenes Gameplay mag.

Fazit

Ein solider, wenn auch letztlich etwas zu eintöniger Ausflug in den Retrofuturismus, der vor allem von seiner Spielwelt und seinem niedlichen Helden lebt.

Retro Machina • Orbit Studio • Action-Adventure/Plattformer • PS4/Xbox One/Switch/PC

Abb. © Super.com

 

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