15. Dezember 2021

„Spider-Man: No Way Home“- Die Spitze des Multiversum-Eisbergs

Gut wird es, wenn Doctor Strange auftaucht

Lesezeit: 3 min.

„Das Multiversum ist ein Konzept, das wir nicht wirklich verstehen“, sagt Doctor Strange in „Spider-Man: No Way Home“, doch dieser Satz könnte auch von einem zeitgenössischen Quantenphysiker stammen, der sich mit parallelen Dimensionen, Quantenverschränkungen und anderen sehr seltsamen Dingen beschäftigt. So prägnant sind diese Ideen inzwischen, dass sie zunehmend in die Populärkultur einfließen. Kein Wunder, denn die Möglichkeiten dieser Gedankenspiele sind gerade für Superheldengeschichten und ohnehin überdrehte Science-Fiction-Abenteuer schier unbegrenzt.

Erst recht im Marvel Cinematic Universum, dass über inzwischen 27 Filme und diverse TV-Serien ein erstaunliches Geflecht an Verbindungen von Geschichten und Figuren gesponnen hat, das nun wohl langsam in andere Dimensionen abhebt. In diversen MCU-Filmen der letzten Jahren wurde die Idee des Multiversums angeteasert, im nächsten Jahr verspricht „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ die Gehirnwindungen zu sprengen, doch bis es soweit ist, darf nicht nur ein Spider-Man durch New York turnen.

Erinnern wir uns: Am Ende des zweiten Tom Holland-Spider-Man-Films wurde aller Welt enthüllt, das Peter Parker Spider-Man ist. Was nicht nur für den High School-Schüler für Probleme sorgte, sondern auch für seine Freundin MJ (Zendaya) und seinen besten Freund Ned (Jacob Batalon). Das Trio wollte zusammen auf die Uni, doch angesichts von Peters Eskapaden ist dieser Weg verbaut. Wie gut, wenn man Freunde wie Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) hat, die mit Hilfe eines kleinen Zauberspruchs alle Menschen vergessen lassen können, dass Peter Spider-Man ist. Doch Peter quatscht einmal mehr dazwischen und sorgt für soviel Chaos, dass plötzlich alle Wesen aus allen Universen, die wissen, dass Peter Spider-Man ist, in seine Welt streben.


Sonntag, 11.30 Uhr


Sonntag, 11.31 Uhr.

Was zunächst nur Doctor Octopus (Alfred Molina) und der Green Goblin (Willem Dafoe) bedeutet, deren Anwesenheit schon im Trailer verraten wurde. Wer noch aus anderen Spider-Man-Welten in der aktuellen auftaucht, kann man sich zwar denken, soll aber dennoch nicht verraten werden. Ein wahres Spider-Man-Klassentreffen veranstaltet Autor und Regisseur Jon Watts, das sich nach zähem Beginn tatsächlich zu eindrucksvollen Höhepunkten aufschwingt.

Und dennoch: Ein wenig krankt dieser Spider-Man am, nennen wir es James Bond-Syndrom. Allzu viele lose Enden früherer Spider-Man-Filme sollen zusammengeführt werden, allzu viel Zeit verbringt Watts damit, die emotionalen Problemchen Spider-Mans auszuwälzen, so dass die zahlreichen designierten Bösewichter meist im Hintergrund Däumchen drehen und dann plötzlich wieder auftauchen, wenn es Zeit für die nächste Actionszene ist. So wie der von Rami Malek gespielte Bösewicht im letzten Craig-Bond kaum mehr als ein pro forma Bösewicht war, der eben irgendwie nach globaler Zerstörung strebte, weil das eben das ist, was ein Bond-Bösewicht so macht, so ziellos agieren auch hier die vorgeblichen Antagonisten.

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Als Fan-Futter funktioniert das natürlich ausgesprochen gut, die Easter Eggs kann man kaum als versteckt bezeichnen, aber es bleibt zu hoffen, dass die Marvel-Chefs die schier unbegrenzten Möglichkeiten der Multiversen bald zu mehr nutzen als mögliche Figuren-Konstellationen durchzuspielen. Angesichts der Übernahme von Fox durch Disney dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die X-Men und/oder die Fantastischen Vier im MCU auftauchen, Kämpfe oder Kooperationen zwischen dieser oder jener Figur sind nun beliebig möglich. Doch wenn es dabei bleibt dürfte sich die Idee des Multiversums schnell totlaufen.

Allein wenn es gelingt, das Konzept dazu zu nutzen, mitreißende Geschichten zu erzählen wird sich das MCU wieder zu den Höhen aufschwingen können, die seine besten Filme erreichen, vielleicht ja schon nächstes Jahr beim Doctor Strange-Solo-Abenteuer. Denn wann immer der spitzbärtige Magier sich in diesen Spider-Man-Film verirrt und die Gesetze der Physik ad absurdum führt, deutet sich an, was mit Magie, Multiversen und ungebremster Imagination im Kino möglich ist.

Abb. Sony Pictures

Spider-Man: No Way Home • USA 2021 • Regie: Jon Watts • Darsteller: Tom Holland, Zendaya, Benedict Cumberbatch und viele, wirklich viele andere • Kinostart: 15.12.2021

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