23. Januar 2022 2 Likes

Netflix: „Die Tür in den Sommer“ – Heinlein in Zuckerguss ertränkt

Heimliche Stars: Eine Katze und ein Android

Lesezeit: 3 min.

Robert A. Heinlein (im Shop) zählt unbestritten zu den ganz großen und einflussreichen Science-Fiction-Schriftstellern, allerdings gehört er unter anderem dank seines Hangs zum Militarismus oder seiner diskussionswürdigen Frauenporträts auch zu den umstrittensten. Das ist nicht verdammenswert, schließlich sind es oft gerade die Ecken und Kanten, die einen Künstler erst so richtig interessant machen und zur aktiven Auseinandersetzung mit dessen Werk auffordern. Verfilmt wurde Heinlein verhältnismäßig selten, „Starship Troopers“ (1997) dürfte die bekannteste Adaption sein – ein Spektakel, mit dem der niederländische Regisseur Paul Verhoeven ebenso für hitzige Diskussionen sorgte, wie der Autor mit seinem gleichnamigen Roman.

Wie immer man zu Heinlein steht, die japanische Verfilmung seines 1957 erschienen Science-Fiction-Thrillers „Die Tür in den Sommer“ führt eindrucksvoll vor, was dabei rauskommt, wenn man ihn durch den Weichspüler zieht und dabei hält sich Regisseur Takahiro Miki, der sich auf romantische Dramen für ein junges Publikum spezialisiert hat, alles in einem sogar verhältnismäßig nahe an die Vorlage. 1995: Der 27-jährige Roboteringenieur Soichiro Takakura (Kento Yamazaki aus „Alice in Boderland“) kam nach dem frühen Tod seiner Eltern bei Matsushita, einem Freund des Vaters, unter. Doch der starb nebst Gattin ein paar Jahre später bei einem Flugzeugabsturz und ließ den jungen, genialen Mann mit seiner Katze Pete und der 17-jährigen Adoptivschwester Riko (Kaya Kiyohara) alleine zurück. Doch das Pech nimmt kein Ende: Soichiro verliert dank einer fiesen Intrige seinen Anteil an der Firma, die er zusammen mit Matsushita aufgezogen hatte, und wird in den Kälteschlaf versetzt, aus dem er im Jahr 2025 mittellos wieder erwacht. Das hintergangene Technik-Genie muss zurück ins Jahr 1995 – begleitet wird er dabei von Pete-13 (Naohito Fujiki), einem Androiden mit Funktionsstörung …

„Die Tür in den Sommer“ plätschert in aalglatten Bildern samtweich dahin ohne je echte Dringlichkeit zu entwickeln. Von Anfang an ist klar, dass für Soichiro alles gut ausgeht, denn wer so schnuckelig aussieht und so lieb gucken kann und mit Bösewichte konfrontiert wird, die gerade mal so böse sind, um gelegentlich für einen ganz leicht angehobenen Adrenalinspiegel zu sorgen, aber nie so böse, um den flauschigen Tonfall des Films ernsthaft zu gefährden, kann sich mit Sicherheit auf ein Happy End freuen. Dementsprechend gerät der etwas leblos wirkende Protagonist, der ein bisschen wie der Beobachter seines eigenes Films wirkt, nie in ernsthafte Schwierigkeiten, sondern stolpert vielmehr von Station zu Station, was mit viel, viel Melodramatik verbunden ist, denn das Drehbuch formuliert es zwar nicht aus, lässt aber nur wenig Zweifel dran, dass Soichiro und Riki weit mehr als Bruder-/Schwester-Gefühle für einander empfinden und die Option des Kälteschlafs in den letzten Minuten vor allem nutzen, um nach Abspann endlich klar Tisch zu machen. Was einen leichten Beigeschmack hat, aber noch ein gutes Stück von der weitaus direkteren literarischen Vorlage entfernt ist, in der sich ein 30-jähriger und eine 11-jährige verlieben und in die Kühlbox wandern, um das Verhältnis alterstechnisch in etwas gesundere Bahnen zu lenken und zu heiraten.

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Eigentlich wäre „Die Tür im Sommer“ ein Film, den man getrost weiterklicken kann, allerdings finden sich zwei heimliche Stars, die die Schmonzette erträglich machen: Zum einen wären da die sehr amüsanten Auftritte des – von Schauspieler und Sänger Naohito Fujiki glänzend gespielten – Pete-13, der unter anderem versucht weibliche Androiden zu daten, zum anderen die super-süße, sehr majestätisch Katze Pete, die den Winter hasst und so guckt, als ob sie sich nicht nur den Sommer, sondern auch bessere Rollenangebote herbeisehnt.

„Die Tür in den Sommer (Japan 2020) • Regie: Takahiro Miki • Darsteller: Naohito Fujiki, Kenta Hamano, Taizô Harada, Kaya Kiyohara, Natusa • auf Netflix

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