Das Beste aus 2022
Ein Jahresrückblick und die Weihnachtsempfehlungen der Redaktion
Wieder blicken wir auf ein Jahr zurück, in dem Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit einen ganz eigenen Tanz mit unserem Alltag aufgeführt haben. Ob nun im Ukraine-Krieg, bei der Auseinandersetzung mit Klimakatastrophe und mit der Corona-Pandemie oder beim Blick auf den Start der Artemis-Mission zum Mond – das Jahr 2022 war voll von möglichen, unmöglichen und unverhofften Zukünften. Welche sich davon in Gestalt von Büchern, Filmen, Serien, Comics, Games und anderem in unserer Erinnerung festgesetzt haben, das präsentieren wir Ihnen hier in unserem Jahresrückblick.
Wir wünschen Ihnen friedliche Festtage!
Ihre diezukunft.de-Redaktion
Elisabeth Bösl
BuchMit „Geschichten aus der Heimat“ (Heyne) zeigt uns Bestsellerautor Dmitry Glukhovsky in aller Schonungslosigkeit, was in Russlands Gesellschaft seit Jahren falsch läuft. Eine schmerzhafte, bitterböse und von Sehnsucht nach Freiheit durchdrungene Schilderung, die mir unter die Haut gegangen ist – ein aktuelleres Buch zu Russland werden Sie kaum finden! |
Klassiker„Der unglaubliche Planet“ (Heyne) von John W. Campbell aus dem Jahre 1949 ist ein irrwitziges Abenteuer und erfindet mal nebenbei das Sub-Genre der Space Opera, das sich bis heute größter Beliebtheit erfreut. Wer genau hinschaut, erkennt die vielen Details, die Genre-Größen wie Isaac Asimov inspiriert haben. Ein grandioser Schmöker! |
Space OperaIn Edward Ashtons „Mickey 7 – Der letzte Klon“ (Heyne) hat Wegwerf-Klon Mickey keine Lust mehr aufs Sterben, doch als es ihn plötzlich zweimal gibt, verdoppeln sich auch seine Probleme. Da kommen die seltsamen Aliens, die die Kolonisten auf ihrer Eiswelt entdecken, wie gerufen … Mickey 7s Schnodderigkeit steht der von Mark Watney in nichts nach – klare Leseempfehlung! |
TV-SerieMein Highlight kam spät dieses Jahr und eher unerwartet: Wednesday (Netflix) folgt den Abenteuern von Wednesday Addams an der Nevermore Academy, an der es in mehr als einer Hinsicht nicht mit rechten Dingen zugeht, und ist eine wahre Fundgrube sarkastischer One-Liner. |
GameCrypt of the NecroDancer des kanadischen Indie-Studios Brace Yourself Games (Homepage) hat mich dieses Jahr am besten entspannt: Der böse NecroDancer stiehlt das Herz von Heldin Cadence, und um es zurückzubekommen, muss man im Takt der genialen Musik von Danny Baranowsky durch dunkle Dungeons und vorbei an fiesen Monstern. Groovy! |
Das BesondereEtwas unter dem Radar blieb dieses Jahr James Rollins’ „Erddämmerung“ (Heyne): Die Geschichte der blinden Seherin Nyx, die sich in der fernen Zukunft aufmacht, um unsere Welt vor dem herabstürzenden Mond zu retten, ist nicht nur hochspannend, sondern auch wundervoll illustriert. Das perfekte Buch für lange Lesenächte im Winter! |
FailZur Abwechslung mal nichts geopolitisches, sondern ein persönlicher Fail: Ich habe mir beim Rollschuhlaufen das Innenband im Knie gerissen. Warum man mit knapp 40 das Rollschuhlaufen anfängt? Das habe ich mich auch gefragt. Aber es macht einfach zu viel Spaß, und so ein Innenband wächst schließlich auch wieder zusammen! |
HighlightAuch das Highlight ist dieses Jahr persönlicher Natur: die Lockenbox (lockenbox.com)! Einmal pro Monat bekomme ich eine Überraschungskiste voller grandioser Haarpflegeprodukte speziell für Locken. Haare waschen, pflegen und stylen ist damit vom Albtraum zum Traum geworden! |
Stefanie Brösigke
BuchEs beginnt mit einer Holzbox, die eines schönen Morgens jeder Mensch bekommt. „Das Innere birgt das Maß deines Lebens“ steht darauf, und darin befindet sich der Lebensfaden des Empfängers. Nikki Erlick stellt in ihrem Debüt „Die Vorhersage“ (Heyne) die Frage, was passiert, wenn wir genau wissen, wie lange wir noch zu leben haben. Ein eindringlicher Gesellschaftsroman, der unter die Haut geht. |
KlassikerGeorge Orwells „Die Farm der Tiere“ (Anaconda) wurde 1945 zum ersten Mal veröffentlicht, doch zeitgemäßer könnte ein Roman kaum sein. Ein literarischer Imperativ, vor Unterdrückung und Machtmissbrauch nicht die Augen zu verschließen, der auch in der Neuübersetzung von Heike Holtsch wunderbar zu lesen ist. |
Space OperaDieses Jahr bin ich endlich dazu gekommen, den zweiten Roman von Tamsyn Muir zu lesen. Und was kann ich sagen? „Ich bin Harrow“ (Heyne) ist genauso farbenprächtig, actiongeladen und durchgeknallt wie sein Vorgänger „Ich bin Gideon“ (Heyne). Wenn Sie Tamsyn Muir noch nicht gelesen haben, sind die Weihnachtsfeiertage die perfekte Gelegenheit dazu. |
TV-SerieWenn Sie sich schon immer gefragt haben, wie es hinter den Kulissen eines Verlages so zugeht, kann ich Ihnen „Liebe und Anarchie“ (Netflix) wärmstens empfehlen. Brillant beobachtet und satirisch überhöht nimmt die schwedische Serie die gesamte Kulturbranche aufs Korn – und das ist einfach zum Brüllen komisch. |
ComicÜber die Olympischen Winterspiele in China im Februar 2022 kann man denken, was man mag, sie waren auf jeden Fall eine gute Gelegenheit, mal wieder zu einem meiner liebsten Asterix-Bände zu greifen. „Asterix bei den Olympischen Spielen“ (Egmont) ist zwar schon etwas in die Jahre gekommen, hat aber nichts von seinem Charme und Witz verloren. |
Das BesondereKennen Sie das Gefühl, wenn Sie ein Buch lesen: und dem Autor gelingt es, Welten zu erschaffen, die so beeindruckend sind, dass Sie eine Gänsehaut bekommen? So ging es mir bei J. M. Miros „Ganz gewöhnliche Monster“ (Heyne). Ein Fantasy-Abenteuer, das in seiner erzählerischen Wucht, dem Herrn der Ringe in nichts nachsteht und für mich das außergewöhnlichste Buch des Jahres 2022. |
FailPutin. |
HighlightIn der Woche vor Halloween organisierten die Verlage Heyne, Penhaligon und cbj ein ganz besonderes Fantasy-Festival. Unter dem Hashtag #AndereWeltenLive versammelten sich so namhafte Autoren wie T.J. Klune, Naomi Novik, Jonathan Stroud und viele mehr im Livestream, um sich miteinander und mit ihren Leser*innen über Fantastik auszutauschen. |
Christian Endres
BuchMit „Future – Die Zukunft gehört dir“ (Heyne) hat Dan Frey einen äußerst erfrischenden SF-Roman über Zeitreisen vorgelegt. Seine Geschichte eines Quantencomputer-Start-ups breitet er nämlich mittels Anhörungs-Protokollen, E-Mails, Memos, Tweets, Reddit-Threads und anderem aus. Das, was die vielen Perspektiven nahtlos aufzeigen, ist ebenso interessant wie spannend und unterhaltsam. |
KlassikerEs gibt Werke, die fand man schon früher gut, aber später würdigt man sie noch mehr. In meinem Fall 2022 so geschehen beim Manga „Lone Wolf & Cub“ (Panini) von Kazuo Koike und Gōseki Kojima, der zwischen „Usagi Yojimbo“ und „The Mandalorian“ viele moderne Highlights speiste. Der 1970 gestartete Comic über einen Ronin bzw. Auftragskiller samt Kind im alten Japan ist noch immer ein Meisterwerk. |
Space OperaIm Comic „Decorum“ (Cross Cult) lassen Jonathan Hickman und Mike Huddleston auf 400 Seiten ein üppiges SF-Universum entstehen. Im Mittelpunkt ihrer clever erzählten Story steht eine junge Kurierin, die zur galaktischen Assassinin ausgebildet und in einen kosmischen Konflikt gezogen wird. Viele coole Zeichenstile, dazu eine gehaltvolle Symbiose aus Plot, Infografiken und Layout. Ein Erlebnis. |
TV-SerieDie neuen Staffeln von animierten Lieblingen wie „Star Trek: Lower Decks“, „Rick and Morty“ und „Inside Job“ haben nicht enttäuscht. Die Serien-Krone holt sich trotzdem die Live-Action-Fassung von William Gibsons Roman „Peripherie“ (Prime Video). Die Adaption seiner Cyberpunk-Geschichte von Near-Future-Hinterwäldlern sowie postapokalyptischen Manipulatoren und Avataren ist super geworden. |
ComicParker: Martini Edition 2 (Schreiber & Leser) präsentiert die restlichen Parker-Comics von Darwyn Cooke als dt. Erstveröffentlichung – ein wunderbarer Tribut an den Comic-Virtuosen und an Donald Westlakes geniale Krimis. Diesmal gibt es einen epischen Minenstadt-Heist, Parkers Flucht in einen winterlichen Vergnügungspark und eine Hommage-Story von Brubaker und Phillips. Traumhaft. |
Das BesondereKevin Barry schrieb Bücher wie „Dunkle Stadt Bohane“ und „Beatlebone“. In seinem neuesten Roman „Nachtfähre nach Tanger“ (Rowohlt) geht es um zwei alternde Kriminelle, die für ihre Drogengeschäfte und Abstürze seit Jahren zwischen Irland, Spanien und Nordafrika pendeln. Eine Gangsterballade mit himmlischer Prosa im Flattersatz, die man wie Poesie genießen muss. |
FailKrieg, Energie, Klima, Pandemie, Twitter, Katar – die Liste der großen menschlichen Fails ist auch 2022 wieder einschüchternd. Wie wohltuend einfach, wenngleich bedeutungslos erscheint es da, die aktuellsten Star Wars-Streaming-Serien „Das Buch von Boba Fett“ und „Andor“ (Disney+) als zähen, oft langweiligen Kram abzustrafen. Rebellen, die auf Ziegen starren? Das ist nicht der Weg. |
HighlightAls Kind waren Zeichentrickserien und Magic-Sammelkarten noch vor Büchern mein Einstieg in die Fantastik. Entsprechend ehrt es mich, dass ich dieses Jahr ein paar offizielle Flavor-Texte für „Magic: The Gathering“ schreiben durfte: Meinem Bro Volkan Baga wurde ein Secret-Lair-Set der Artist Series (Wizards of the Coast) gewidmet, und er fragte mich, ob ich die Anekdoten-Texte seiner Karten verfasse. |
Bernd Kronsbein
BuchArkady Martine ist ein Glücksfall für die SF. Auch der 2. Band ihrer Teixcalaan-Reihe, „Am Abgrund des Krieges“ (Heyne), bestätigt, dass hier ein Ausnahmetalent das Genre bereichert. Man fühlt sich an Jack Vance und Iain Banks erinnert, denn auch Martine hat ein großes Gespür dafür, fremde Kulturen und schillernde Welten intensiv zum Leben zu erwecken. |
KlassikerMit bildlichen Adaptionen von Lovecraft-Storys ist das ja so eine Sache, weil der Horror-Großmeister gerne über Dinge schrieb, die sich der Vorstellungskraft entziehen sollten. Dennoch ist die von François Baranger illustrierte Ausgabe von „Berge des Wahnsinns“ (Heyne) erstaunlich geglückt, weil der Franzose ein gutes Gespür für die kosmischen Dimensionen des Grauens besitzt, die HPL im Sinn hat. |
Space OperaIn Space Operas geht es oft um eine kleine Gruppe von Leuten, die sich einer Gefahr von kosmischen Ausmaßen stellen müssen. Exemplarisch ist da John Birminghams „Die kalten Sterne“ (Heyne), ein Schmöker von echtem Schrot und Korn, der nichts vergisst, was eine gute Space Opera ausmacht. Tolle Charaktere, coole Action, übergroße Ideen und eine Prise Humor. Was für Winterabende. |
FilmEin traumhaft schöner, vielschichtiger Film von Kogonada, der in „After Yang“ (Wow/Sky) von einem Familienroboter erzählt, der plötzlich kaputtgeht. Beim Versuch, ihn reparieren zu lassen, findet Colin Farrell etwas über Yang heraus, das er kaum glauben kann. Ein SF-Film wie aus der Zeit gefallen, ganz ohne Krawall, der aber Räume im Kopf öffnet, von denen man vielleicht nicht mal wusste, dass es sie gibt. |
TV-SerieEine Episode in „Guillermo del Toro’s Cabinet of Curiosities“ (Netflix) ist ein grandioses Highlight: „Die Besichtigung“ von Panos Cosmatos. Eine beinahe transzendentale Erfahrung, die sehr viel Spielraum lässt für Interpretationen, bei der die Ironie einen halben Meter über dem Boden schwebt. Und am Ende wird es ganz nüchtern, das ist wie eine kalte Dusche nach der Sauna. Herausragender Irrsinn mit Peter (Robocop) Weller. |
ComicBorja Gonzáles ist ein Geschenk des Himmels. „Night Cry“ (Europe Comics), sein zweiter großer Comic, ist erneut eine enorm dicht erzählte, zugleich ultraleichte fantastische Geschichte, gezeichnet in einem unfassbar charmanten Strich, der jedes Gefühl ausdrücken kann und dafür nicht einmal Gesichter braucht. Etwas für Gespenster, einsame Seelen, Nachtschwärmer und Träumer. Poesie in Bildern, zum Niederknien. |
GameSelten war die Postapokalypse so entspannt. In „FAR: Changing Tides“ (Frontier Foundry) steuern wir ein etwas krudes Schiff durchs Wasser und lösen hier und da kleinere Aufgaben, während wir gleichzeitig die Fantasie der Spielemacher bewundern. Ganz ohne Hektik, Frust und Stress, weit weg vom Triple-A-Zinnober. Segel setzen, Kopfhörer auf, abfahren. |
Das BesondereDa schaut man nachts im Dritten ohne große Erwartungen in einen kleinen Indie-Film namens „Prinzessin Cyd“ (MUBI) rein und ist sofort „hooked“. Stephen Cone erzählt darin eine Coming-of-Age-Story mit so entwaffnendem Charme, so abgehangen und entspannt, dass die Glückshormone durchdrehen. Und erst mit Abstand kapiert man, dass „Coming of Age“ nichts mit dem Alter zu tun hat. |
Sascha Mamczak
BuchJa, wir sind gemeint: die Bewohnerinnen und Bewohner der reichen Regionen der Erde, die ihren Reichtum unterschiedlichen Varianten von Ausbeutung verdanken. Viele von uns schieben die Verantwortung dafür auf „das System“, aber so leicht lässt uns der Schweizer Schriftsteller Lukas Bärfuss in seinem furiosen Essay „Vaters Kiste – Eine Geschichte über das Erben“ (Rowohlt) nicht davonkommen. |
KlassikerDie Nachricht vom Tod des amerikanischen SF-Autors Greg Bear im November hat mich sehr traurig gemacht. Ich bin Greg mehrmals begegnet, seine intellektuelle Verve hat mit dazu beigetragen, dass mich die Science-Fiction nie losgelassen hat. Das und sein Roman „Blutmusik“ (Heyne). Auf einer Ebene eine klassische Zauberlehrlings-geschichte, auf einer anderen hört man den Herzschlag des Universums. |
Space OperaIn den vergangenen Jahrzehnten wurden so viele Autorinnen und Autoren zu Erben des Golden-Age-Triumvirats Asimov/Clarke/Heinlein erklärt, dass man mit ihren Büchern eine ganze Bibliothek füllen könnte. Auch Adrian Tchaikovsky würde in dieser Bibliothek bestimmt seinen Platz finden, aber spätestens mit „Die Scherben der Erde“ (Heyne) beweist er, dass er diese Referenz gar nicht nötig hat. |
FilmThe future is a foreign country, they do things differently there – diese Abwandlung des berühmten Zitats von Leslie Poles Hartley könnte David Cronenberg als Motto für „Crimes of the Future“ (Weltkino) gedient haben. Manche Kritiker sahen hier allzu viel Selbstreferentielles, sie erkannten offenbar nicht, wie konsequent der Altmeister die Zukunft aus der Sicht der Zukunft erzählt. Ein Science-Fiction-Lehrstück. |
ComicDass es möglich ist, Pädagogik und Kunst auf wunderbare Weise miteinander zu verbinden, zeigt Hanna Harms in „Milch ohne Honig“ (Carlsen). Möglich und bitter notwendig, denn das Verschwinden der Insekten hat das Zeug zum ultimativen ökologischen Kipppunkt. Wer „Milch ohne Honig“ dieses Jahr nicht an seine Kinder verschenkt, hat etwas ganz Wesentliches nicht verstanden. Oder will es nicht verstehen. |
Das BesondereKann schon sein, dass uns das James-Webb-Teleskop bald handfeste Hinweise auf außerirdisches Lebens präsentiert. Das, so sagt man, wäre dann die größte Sensation aller Zeiten – jedenfalls für eine Spezies wie unsere, die das irdische Leben zerstört. 2022 haben Forscher auf einer Insel in Zentralafrika eine bisher unbekannte Zwergeulenart identifiziert: Otus bikeliga. Das ist die größere Sensation. |
FailWladimir Putin spricht davon, dass der Westen in der Ukraine ein „Anti-Russland“ errichten will – ein Mosaikstein jener monströsen Lüge, mit der er das bisher größte Verbrechen des 21. Jahrhunderts rechtfertigt. In Wahrheit repräsentieren Putin und das gegenwärtige Russland die Anti-Zukunft: ein morsches, mafiöses Öl- und Gas-Imperium, das die Welt mit sich in den Abgrund reißen will. |
Highlight
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Sebastian Pirling
BuchSeit über sechs Jahren begleitet mich nun schon die chinesische Science-Fiction. Dass Cixin Lius großes Epos „Trisolaris – Die Trilogie“ (Heyne) nun als Prachtband im Hardcover vorliegt, ist deshalb für mich ein Meilenstein, den ich mit dem Wunsch verknüpfe, wir mögen doch auch in Zukunft mehr mit China verbinden als nur Weltpolitik. Hier warten noch viele literarische Schätze! |
KlassikerNun bin ich ganz bestimmt kein Fan von H. P. Lovecraft. Aber was François Baranger da aus dessen Novelle „Berge des Wahnsinns“ (Heyne) gemacht hat, das hat mir schon Respekt abgenötigt: Wie er die Landschaften der Antarktis ausbreitet, den Rausch des Forscherdrangs illustsriert, der dann in düsteren Horror abgleitet – das ist meisterhafte Kunst. |
Space OperaWas Arkady Martine mit ihrer Teixcalaan-Dilogie gemacht hat, nämlich die Auseinandersetzung mit Machtpolitik und kultureller Macht auf der Ebene von Sprachen und außerirdischen Zivilisationen zu verarbeiten, das ist brillant. Für „Im Herzen des Imperiums“ und „Am Abgrund des Krieges“ (Heyne) hat sie deshalb verdientermaßen zwei Hugo Awards gewonnen. |
Film/TV-SerieIm alten Streit unter Science-Fiction-Fans, ob nun Star Wars oder Star Trek besser seien, bin ich ganz klar unentschieden. Mein Kopf sagt ersteres, aber mein Herz schlägt für letzteres. Und „Andor“ (Disney+) zeigt wiedermal, dass Star Wars immer dann am besten ist, wenn es die vermeintlich kleinen Figuren ernst nimmt: keine Jedis, aber dafür viel rebellische Wut! |
ComicInstagram ist ein Hort intelligenter kleiner Webcomic-Reihen. Besonders Joshua Barkmans „False Knees“, kleine Vignetten über sprechende Vögel mit menschlichen Alltagsproblemen, hat es mir angetan. Diesen Oktober hatte er eine Miniserie zu einem Alien-Asteroiden, der im Wald landet und für eine babylonische Sprach-Entwirrung sorgt. Überirdisch gut! |
GameApropos Star Wars. Wahrscheinlich zupft es an einem ganz bestimmten, retro-affinen Nerv bei mir; Star Wars ist Oldschool pur. Darum habe ich auch erst dieses Jahr „Star Wars: Jedi – Fallen Order“ (EA) auf die Xbox geladen und renne nun Lichtschwert-schwingend über imperiale Schrottplätze. Ssssmm-ssssmm, Piu-piu! |
FailUns sind diesen Sommer zwei Kaninchen zugelaufen. „Oh, wie süß!“, denken jetzt alle. Ja, klar. Aber wenn man vergisst, den Rammler rechtzeitig zu kastrieren, dann hat man auf einmal ganz viele Kaninchen! Die sind natürlich immer noch sehr süß, aber auch sehr betreuungsaufwendig. Seufz. |
HighlightBeim Durchsehen der Korrekturfahnen für Christopher Ruocchios dritten Band der Sonnenfresser-Saga (Heyne), der im Januar 2023 erscheint, habe ich mich nochmal Hals über Kopf in diese üppige, antike, pulsierende Weltraumsaga verliebt. Hadrian Marlowe, der Held, ist Ben Hur und Nero in einer Person – in Space! |
Alexander Schlicker
BuchZugegeben, ich musste dieses Jahr im Urlaub bei „Jenseits der Zeit“ schon ein wenig mit mir ringen, den Trisolaris-Abschluss nicht als zu überladen zu empfinden. Dennoch bleibt meine Liebe zu Teil 1 und 2 ungebrochen, sodass ich mich über die Gesamtausgabe „Trisolaris – die Trilogie“ (Heyne) sehr gefreut habe. Cixin Liu und sein epochales wie ideenreiches Werk haben es definitiv verdient und ich bin sehr froh, mit ihm einen Einstieg in Chinas Literatur gefunden zu haben. |
KlassikerAufgrund einer glücklichen Fügung (sprich: Kollegin) bin ich jüngst auf Jewgeni Samjatins Roman „Wir“ (Fischer) gestoßen und war, wie sicher alle, die diesen Text von 1920 gelesen haben, einfach baff, wie visionär „Wir“ speziell im Rückblick wirkt. Samjatin auf seine Vorreiterrolle im Bereich Dystopie/Utopie zu reduzieren, wird der packenden Geschichte aber nicht vollends gerecht. Übrigens hätte „Wir“ längst eine zeitgemäß gut edierte und lektorierte Ausgabe verdient. |
Space OperaOk, ich biege mir den Begriff extrem zurecht, aber wenn ich John Zukowskys „Geschichte der Architektur“ (Prestel) durchblättere, kommen bei mir ähnliche Gefühle auf wie beim Lesen einer „echten“ Space Opera. Das reich bebilderte, sehr schön aufbereitete Kompendium bietet informative Streifzüge durch Epochen, Stile und Techniken der Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart und ist so das optimale Geschenk für alle, der sich auch nur im Ansatz für die Materie interessieren. |
Das BesondereMan kann zu den Mozart-Kugeln aus dem Hause Reber natürlich stehen, wie man will, doch dass es diese voll verkitschte Süßigkeitenbombe seit einiger Zeit auch wahlweise in vegan gibt, belegt mal wieder, dass sich die Industrie in diesem Segment wirklich im Wandel befindet und vegane Lebensmittel immer mehr zum Standard werden. Wir können flexibel und offen für Alternativen sein – wir müssen es nur wollen. |
TV-SerieTatsächlich hat mir (endlich) mal wieder eine Netflix-Serie richtig gut gefallen, nämlich der Anime „Edgerunners“ zum Game „Cyberpunk 2077“. Das spezielle Genreflair der Vorlage wird auch dank schicker Inszenierung definitiv erreicht und sowohl Story wie Figuren ziehen in ihren Bann, ohne sich nur auf vorgefertigte Adaptionsbausteine zu verlassen. Gerne also mehr davon! PS: Wieso konnte das denn nicht ebenso bei der Resident Evil-Serie funktionieren? |
GameAuch wenn es verwunderlich ist, dass ein so auf Spektakel getrimmtes Over-the-Top-Highlight wie „Bayonetta 3“ (Platinum Games) exklusiv für Nintendos eher grafikschwache Switch erscheint, so habe ich mich als Fan der in jeder Hinsicht exzentrischsten Actionheldin der Gamingwelt sehr auf Bayonettas Comeback gefreut. Wer über die Techniklimits hinwegsieht, bekommt hier Moves, Gegner und urjapanische Abgedrehtheit serviert, die allesamt einfach nicht von dieser Welt sind. |
FailFür mich bleibt nach wie vor unser Umgang mit der Natur, gerade in diesem Jahr, unser schlimmster Fail! Wer Fakten, Zusammenhänge und Erlebnisse rund um das Thema Klimawandel in einem der besten Bücher der letzten Jahre zum Thema präsentiert bekommen möchte, sollte unbedingt „Nachruf auf die Arktis“ (btb) von Birgit Lutz lesen. Gerade weil die Autorin uns u.a. auf eindrückliche Weise nach Spitzbergen mitnimmt, ist dieses grandiose Buch mehr als eine weitere Mahnung. |
HighlightIm Herbst durfte ich auf einer zweiwöchigen Fortbildung Wolfram von Eschenbachs „Parzival“ (Suhrkamp) für mich wiederentdecken und dabei tolle Leute kennenlernen. Da ich eine so angenehm entspannte Atmosphäre nicht erwartet hatte und es leider viel zu selten vorkommt, sich mit mehreren Menschen gleichzeitig angeregt wie ausgiebig über Literatur und mittelalterliche Epik unterhalten zu können, war das tatsächlich ein persönliches Highlight. |
Sonja Stöhr
BuchSarah Daniels Debütroman „The Stranded“ (Penguin UK) hat mich begeistert. Der erste Teil dieser Dystopie spielt an Bord eines Luxuskreuzfahrtschiffs, das vor Jahrzehnten vor der amerikanischen Küste gestrandet ist. Im Mittelpunkt stehen zwei Teenager, die von einem Leben außerhalb der Arcadia träumen ‒ und ihre Welt damit zu versenken drohen. |
KlassikerVielleicht ist es etwas verwegen, Dmitry Glukhovskys „Geschichten aus der Heimat“ (Heyne) so kurz nach der Erscheinung als Klassiker aufzuführen. Doch seine Geschichtensammlung bietet einen zeitgenössischen Blick auf die russische Gesellschaft ‒ und das, worüber sie redet oder schweigt. Genau das macht dieses Buch gerade jetzt so wichtig. |
Space OperaKass Morgans neueste Space Opera „Light Years“ (im Shop) hat mich positiv überrascht. Die Schüler*innen an der Quatra-Flottenakademie haben alle ihr Päckchen zu tragen und schaffen es dennoch, zu einem Team zusammenzuwachsen, das sich für den Frieden einsetzt. Ein kurzweiliger Lesespaß mit toller Botschaft. |
ComicJosephine Marks „Trip mit Tropf“ (Kibitz) ist ein Roadmovie der besonderen Art. Als ein kleines, krebskrankes Kaninchen einem Wolf unabsichtlich das Leben rettet, fühlt sich dieser seinem Retter verpflichtet. Ein wirklich gelungenes Abenteuer, das die Krankheit aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: sehr behutsam und ohne dabei auf die Tränendrüse zu drücken. |
GameWas ist klein, rund, rosa und ziemlich verfressen? Richtig, Kirby! Zum 30. Geburtstag spendiert ihm Nintendo sein erstes 3D-Abenteuer. Und so hopst und frisst er sich in „Kirby und das vergessene Land“ (Nintendo) durch eine kunterbunte, postapokalyptische Welt. Einfach knuffig! |
Das BesondereEin neuer Manga von Naoki Urasawa?! Wie toll ist das denn? „Asadora!“ (Carlsen) überzeugt bislang auf ganzer Linie: Figuren, Plot, Setting, hier stimmt einfach alles. Der neueste Streich des Star-Mangaka zeigt, warum ihm seine Fans zu Füßen liegen. Und das Beste: Die Geschichte steckt nicht nur voller historischer Details, sondern ist auch seine Hommage an japanische Monster. |
FailDie jungen 2020er sind alles andere als berauschend. Wo bleiben die goldenen Zeiten? Momentan ähneln sie eher dem Tanz auf dem Vulkan. Ob 2023 das Ruder endlich herumreißen kann? Oder erwartet uns bloß eine dröge Fortsetzung? |
HighlightEUROPAPOKAL! Entschuldigung, aber: EUROPAPOKAL! Eintracht Frankfurt ist und bleibt die Diva vom Main. Der Sieg in der Europa League war aber mehr als verdient. Da schlägt mein Fanherz höher, auch wenn ich das finale Elfmeterschießen aufgrund der hohen Spannung wie einen guten Horrorfilm verfolgt habe: mit Händen vor dem Gesicht und dem zaghaften Blick durch die Spalte zwischen den Fingern … |
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